Bonner Büdchen
Die Stadt am Rhein darf endlich wieder Hauptstadt spielen
Dass der Bonner gerne in der Vergangenheit schwelgt, kann man ihm wirklich nicht vorhalten. Denn dass früher alles besser war, gilt generell. Speziell für Bonn gilt es aber noch ein bisschen mehr – denn es war nun mal einfach glamouröser, früher Regierungssitz und, wenn auch stets provisorische, Hauptstadt zu sein.
Zwar residieren noch immer ziemlich viele Bundesbeamte in der Stadt am Rhein, zwar hat sie sich mit der Post und der Telekom gleich zwei wirtschaftliche Schwergewichte gesichert. Aber kein Politiker oder Beamter, der noch was werden will, lässt sich allzu oft in Bonn blicken, unsere Republik ist karrieretechnisch längst eine Berliner Republik geworden. Die Politprominenz können sich die Bonner also nicht zurückholen, aber wenigstens das Büdchen, an dem diese Prominenz zu seligen Hauptstadtzeiten täglich einund ausging. Am Sonntagmorgen hievte ein Kran das denkmalgeschützte „Bundesbüdchen“zurück an einen Platz im ehemaligen Regierungsviertel. An dem ovalen Pavillon mit elegant geschwungenem Dach ließ früher Bundeskanzler Helmut Kohl seinen Fahrer Brötchen holen, Joschka Fischer joggte auf dem langen
Lauf zu sich selbst (und in stetig schwankender Gewichtsklasse) vorbei, um sich mit Zeitungen einzudecken. Und die Journalisten, die es in der Bonner Republik auch etwas entspannter angehen ließen, stockten dort gerne schon vormittags die Alkohol- und Tabakvorräte auf. Der „Förderverein historischer Verkaufspavillon“(ja, den gibt es!) hat den Wiederaufbau finanziert, 135000 Euro gab es dafür von der Bezirksregierung Köln. Betreiben soll den Pavillon künftig eine Großbäckerei. Bleibt nur zu hoffen, dass die keine Berliner ins Angebot nimmt, schon aus Pietätsgründen.