Ohne Schnauzer
Es ist ein Jahr her, dass Ola Källenius Chef von Daimler und Nachfolger von Dieter Zetsche wurde. Der Neue hat ein schwieriges Erbe angetreten
Als Ola Källenius neulich bei Bloomberg TV von David Rubenstein gefragt wurde, ob er sich einen Porsche oder einen BMW kaufen solle, sagte der DaimlerChef: „Wäre laufen eine Option?“Dann lächelte er ein bisschen sanft und ein bisschen verschmitzt. Es war eine elegante Antwort. Kein schlechtes Wort über die Konkurrenz, dennoch ein klares Statement.
Källenius stieg 1993 bei Daimler ein, steil auf und ist nun seit einem Jahr Vorstandsvorsitzender. Der 50-jährige Schwede ist als erster nicht-deutscher Chef der weltweit rund 300 000 Mitarbeiter des Premiumherstellers. Vor allem aber ist er: Nachfolger von Dieter Zetsche. Der prägte, mit einem struppigen Schnauzer bewehrt, über 13 – darunter sehr erfolgreiche – Jahre den Konzern. Källenius ist glatt rasiert, trägt eine randlose Brille.
Rubenstein fragte den 1,95 Meter großen Källenius dann auch, ob er nicht schon mal darüber nachgedacht habe, sich auch so einen Zetsche-Bart im Gesicht stehen zu lassen. Die Antwort des dreifachen Familienvaters war wieder elegant: „Wenn das mehr Autos verkauft, könnte ich vielleicht.“
So weit muss es nicht kommen. Aber mehr Autos verkaufen, das sollte auch Daimler bald. Als Källenius im Mai 2019 begann, war die Rekordfahrt der Autoindustrie schon deutlich ausgebremst. Dazu kamen milliardenschwere Altlasten aus der Diesel-Affäre, das Umrüsten der DaimlerFlotte hin zur E-Mobilität, die Digitalisierung. Und: Auch Daimler will CO2-neutral werden. Im November verkündete der neue CEO ein heftiges Sparprogramm. Wie andere Autobauer auch wird Daimler Stellen abbauen, die Personalkosten sollen bis 2022 um 1,4 Milliarden Euro gesenkt werden. Das war alles vor Corona.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sagt über Källenius, natürlich profiliere man sich nicht in zwölf Monaten in einer so schweren Zeit gegenüber einem langjährigen Chef wie Zetsche. Aber: „Källenius hat viel richtig gemacht. Er hat nicht nur das Sparprogramm aufgelegt, sondern auch Produktion und Entwicklung enger verzahnt, die kriselnde Transporter-Sparte zur Chefsache gemacht und in der Corona-Krise schnell die Liquidität des Konzerns gesichert. Auch der Ausbau der Elektromobilität mit eigenen E-AutoPlattformen läuft, braucht aber noch mehr Speed.“Dudenhöffer ist sich sicher, dass Daimler in zwei Jahren „wieder da“sei. Und auch der arg abgesackte Börsenkurs werde sich wieder erholen. Källenius, so Dudenhöffers Stilanalyse, achte genau darauf, was er sage, sei „zurückhaltender in Gesprächen“, setze einen anderen Vertrauen aufbauenden Stil. Und wie das klingt? Auf Anfrage, wie er sein erstes Jahr resümiere, sagte Källenius unserer Redaktion: „Die Transformation der Autoindustrie ist in vollem Gange und vor uns liegt noch eine Menge Arbeit. Aber Daimler hat ein hervorragendes Team, das entschlossen ist, den Wandel zu gestalten. Das ist für mich die wichtigste Erfahrung der letzten zwölf Monate, und es macht Mut für unseren Weg nach vorn.“Stefan Küpper