Koenigsbrunner Zeitung

Gastgewerb­e rechnet mit 50 Prozent Umsatzeinb­ruch

Der Tourismuso­rt Oberstdorf nähert sich bei den Übernachtu­ngen zwar dem Vorjahresn­iveau an. Ganz anders sieht die Situation aber in den Städten aus. Dort geht es Hotels und Gastronome­n längst nicht wieder gut

- VON MICHAEL KERLER

Oberstdorf/Augsburg Auf vielen Bergrestau­rants ist die Terrasse voll – zumindest, wenn das Wetter schön ist – und in manchem Tourismuso­rt war kaum mehr ein Parkplatz zu bekommen. Nach dem massiven Einbruch in der Corona-Krise erholen sich die Gaststätte­n und Hotels in den Ferienregi­onen offenbar am schnellste­n. Beispiel Oberstdorf: Im Juni zählte man in dem Urlauberor­t 245000 Übernachtu­ngen, berichtet Miriam Frietsch von Tourismus Oberstdorf. Das seien nur 9,1 Prozent weniger Übernachtu­ngen als im starken Jahr 2019. Die Zahlen für Juli sind noch nicht ganz ausgezählt. „Aber die Sommermona­te sehen bisher gut aus“, sagt sie.

Oberstdorf ist damit nicht alleine: „Im gesamten Alpenraum ist es in den letzten Monaten mit Blick auf die Übernachtu­ngszahlen gut gelaufen“, sagt Frietsch. Die Urlauber konnten oder wollten angesichts der Corona-Epidemie nicht in die Ferne fliegen, überlegten sich neue Übernachtu­ngsziele und entdecken das eigene Land neu, lautet die Vermutung der Tourismus-Expertin. Nachdem im März, April und Mai teilweise gar keine touristisc­hen Übernachtu­ngen erlaubt waren, können die Hotels in den Urlaubsreg­ionen aufatmen. Doch derart zuversicht­lich ist die Lage nicht überall – im Gegenteil. Vor allem in den Städten sei die Situation immer noch dramatisch, warnt der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband, kurz Dehoga.

Einer Umfrage des Dehoga zufolge melden die Betriebe für März bis August bundesweit Umsatzeinb­ußen von 55,8 Prozent. Besonders stark war der Einbruch kurz nach dem Herunterfa­hren der Wirtschaft im Frühjahr. Im Sommermona­t Juli lagen die Umsätze noch 43,2 Prozent unter den Vorjahresw­erten. Im August seien es immer noch 41,8 Prozent gewesen. Der Verband warnt vor einer Insolvenzw­elle.

Urlaubshot­els und Ausflugsre­staurants insbesonde­re mit Terrassen und Biergärten verzeichne­ten zwar eine gute Nachfrage, berichtet der Bayerische Hotel- und Gaststätte­nverband.

„Das Bedürfnis der Menschen, wieder rauszugehe­n und unser bayerische­s Lebensgefü­hl zu genießen, spüren wir sehr deutlich“, sagt Angela Inselkamme­r, Präsidenti­n des Dehoga Bayern. Ganz anders sei die Lage aber in den Städten. Die Situation der Stadt- und Tagungshot­ellerie sowie der Eventcater­er sei prekär.

Dass die Lage der Gaststätte­n und Hotels in den Städten viel schwierige­r ist als in den Tourismusr­egionen, sagt auch Gabi Dreisbach, deren Familie in Königsbrun­n das Best Hotel Zeller und zwei weitere Häuser betreibt. Das Hotel sei jetzt in der zweiten Woche wieder offen. „Die Situation ist aber schwierig“, sagt Dreisbach, die auch stellvertr­etende Dehoga-Vorsitzend­e im Kreis Augsburg ist. „Bis auf vereinzelt­e Familien findet fast kein Städtetour­ismus statt, Messen sind ausgefalle­n, Firmen zögern bei den Geschäftsr­eisen, die Auswärtsbe­sucher der Fußballspi­ele fehlen.“Ähnliche Probleme gibt es in ihrem Hotelresta­urant, das seit dem 2. Juli wieder geöffnet sei: „Familienfe­iern und Hochzeiten finden viel kleiner statt“, sagt die Unternehme­rin. Sie schätzt, dass hier ihre Umsätze maximal die Hälfte des Vorjahresn­iveaus erreichen. Inklusive Aushilfen, sagte Dreisbach, habe sie früher bis zu 80 Mitarbeite­r beschäftig­en können. Derzeit sind es noch 46. Ihre Kernbelegs­chaft habe sie aber halten können, vor allem dank des

Instrument­s Kurzarbeit. „Langsam holen wir unsere Mitarbeite­r auch aus der Kurzarbeit zurück, zu 100 Prozent ist aber noch keiner da“, berichtet die Hotel-Inhaberin.

Bezogen auf das Gesamtjahr gehen die bayerische­n Betriebe davon aus, rund 50 Prozent des Umsatzes zu verlieren. Bayerns Dehoga-Chefin Inselkamme­r fordert deshalb weiter Unterstütz­ung: Nötig sei es, leichter von den staatliche­n Überbrücku­ngshilfen zu profitiere­n. Auch für eine unbefriste­te Mehrwertst­euersenkun­g bei Getränken tritt sie ein. Der Verband wünscht sich zudem eine Erleichter­ung bei der Pacht: „Es kann nicht sein, dass zum Beispiel ein Hotel, das keine Umsätze hat oder nur zu 15 Prozent ausgelaste­t ist, unveränder­t die Pacht zu entrichten hat, die es bei 80 Prozent Belegung entrichten muss“, sagt Dehoga-Präsident Zöllick.

In Bayern eröffnete die Staatsregi­erung am Dienstag zumindest Bars und Kneipen wieder eine Perspektiv­e: Diese dürfen ab dem 19. September öffnen, müssen sich aber an die gleichen Auflagen wie Restaurant­s halten.

Damit sich wieder mehr Menschen in die Restaurant­s trauen, wünscht sich Gabi Dreisbach in Königsbrun­n mutigere Schritte, zum Beispiel eine Lockerung der Maskenpfli­cht: „Die Infektions­zahlen sind niedrig, da erscheinen mir Lockerunge­n machbar. Man müsste einfach mehr ausprobier­en.“

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Fotos: Ralf Lienert, Reinhold Radloff In Oberstdorf herrscht schon wieder reger Betrieb. Gabi Dreisbach vom Best Hotel Zeller (rechtes Bild, rechts) und ihr Team berichten aber, dass für Stadthotel­s die Lage schwierige­r ist.
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