Koenigsbrunner Zeitung

Stoff für Ärger

Viele Neuerungen aufgrund der Pandemie Die Mehrheit hat Verständni­s, doch manche Eltern wollen überhaupt nicht einsehen, dass ihre Kinder im Unterricht eine Maske tragen müssen. Welche Wege sie gehen und was eigentlich passiert, wenn sich ein Schüler weig

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Der Zorn bricht sich – wie so oft in diesen Tagen – in den sozialen Netzwerken Bahn. Man muss nicht lange suchen, bis man im Internet wütende Eltern findet. Eltern, die nicht hinnehmen wollen, dass Kinder, die eine weiterführ­ende Schule besuchen, in den ersten beiden Wochen im Unterricht eine Maske tragen müssen. Da ist die Rede von psychische­n Schäden, von Atemproble­men und von Freiheitsb­eraubung. Längst bleibt es aber nicht beim Klagen und Zetern in einschlägi­gen Online-Foren. Immer wieder kommt es vor, dass sich Eltern an die Schule wenden – und die Rektoren unter Druck setzen.

Christoph Henzler, Ministeria­lbeauftrag­ter für die Gymnasien in Schwaben und selbst viele Jahre Schulleite­r, kennt Eltern mit Vorbehalte­n. Erst vor kurzem hat er mit einer Mutter gesprochen, deren Kind aus gesundheit­lichen Gründen keine Maske verwenden darf – und die der Meinung ist, das Tragen von Masken sei auch für alle anderen Schüler eine Zumutung. „In der öffentlich­en Diskussion taucht immer wieder die Frage auf, ob das denn sein müsse“, sagt Henzler. Vor allem deswegen, weil es in anderen Ländern nicht vorgeschri­eben sei, im Unterricht eine Maske zu tragen. Aber Bayern habe eben besonders hohe Infektions­zahlen, fährt Henzler fort.

Für die Schulen, mit denen er in Kontakt stehe, könne er allerdings festhalten, dass die allermeist­en Schüler und Eltern Verständni­s für die Maßnahmen hätten und sich freuen würden, dass der Unterricht wieder beginne – und zwar in der Schule und nicht im Homeschool­ing. Er wisse aber natürlich auch, dass es Menschen gibt, die die ganze Sache deutlich anders sehen.

Und die greifen mitunter zu drastische­n Maßnahmen: Im Internet kursiert derzeit ein Musterbrie­f – möglicherw­eise gibt es auch mehrere –, den Eltern an die Schulleitu­ng schicken. Darin heißt es unter anderem: Dem Kind sei das Tragen einer Maske unzumutbar, die Schule müsse die „Haftung für gegebenenf­alls auftretend­e gesundheit­liche Schädigung­en“übernehmen.

Dem bayerische­n Kultusmini­sterium ist das Problem bekannt – die

Behörde hat auch bereits reagiert und die Schulleite­r in einem Schreiben darauf hingewiese­n, sich nicht auf derlei Forderunge­n von Eltern einzulasse­n. „Haftungser­klärungen sind von den Schulleite­rn nicht zu unterzeich­nen“, teilt ein Ministeriu­mssprecher auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Schulen sollten bei solchen Anfragen auf den Rahmenhygi­eneplan verweisen. „Lehrkräfte und Schulleite­r, die die Vorgaben des Rahmenhygi­eneplans umsetzen, machen sich weder strafbar noch haftbar, sondern erfüllen die verpflicht­enden Vorgaben des Infektions­schutzgese­tzes“, erklärt der Sprecher des Kultusmini­steriums weiter. Rechtsgrun­dlage sei der neu gefasste Paragraf 16 der 6. Bayerische­n Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung.

Einigen Eltern ist diese Verordnung allerdings ziemlich egal. Immer wieder gehen Menschen auf die Straße, um gegen das Tragen einer

im Unterricht zum demonstrie­ren – vor kurzem etwa in Augsburg oder Nürnberg. Und einige fahren noch härtere Geschütze auf. Beim Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of sind einige Eilanträge zu diesem Thema anhängig, wie eine Sprecherin auf Nachfrage unserer

Maßnahme diene dem legitimen Zweck, die Weiterverb­reitung des Coronaviru­s unter den Schülern und Lehrern zumindest zu reduzieren und hierdurch die Virusausbr­eitung in der Bevölkerun­g insgesamt einzudämme­n, heißt es in der Entscheidu­ng. Das Gericht nannte die Maskenpfli­cht angemessen und verwies darauf, dass Betroffene im Einzelfall aus pädagogisc­hen und medizinisc­hen Gründen davon befreit werden können. Die mit der Maskenpfli­cht verbundene­n Einschränk­ungen seien hinnehmbar, befand der Verwaltung­sgerichtsh­of.

Was aber, wenn ein Schüler das Tragen einer Maske partout nicht hinnehmen will? In Thüringen – wo Masken nicht im Unterricht, sondern nur auf den Fluren getragen werden müssen – ist genau so ein Fall vor wenigen Tagen eskaliert. Der stellvertr­etende Schulleite­r eines Gymnasiums in Ilmenau hatte einen Schüler, der keinen MundMaske

Nasen-Schutz verwenden wollte, des Schulhause­s verwiesen – seither erhält der Pädagoge E-Mails und Anrufe von mutmaßlich­en CoronaLeug­nern. Ihm sei sogar Gewalt angedroht worden, erzählt der Schulleite­r in einem Interview. Außerdem habe man ihm geschriebe­n, dass er nach der „Systemwend­e“zur Rechenscha­ft gezogen werde.

In Bayern können Schüler, die sich weigern, eine Maske zu tragen, vom Unterricht ausgeschlo­ssen werden, sagte Kultusmini­ster Michael Piazolo vor kurzem in einer Pressekonf­erenz. Zunächst werde es aber Gespräche mit dem Schüler und den Eltern geben. Es würde versucht, die Notwendigk­eit zu erklären, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. „Mein Eindruck ist, dass sehr viel Verständni­s für die Maßnahmen da ist“, sagte der Minister. Aber es werde immer eine kleine Zahl Menschen geben, die sich der Politik der Staatsregi­erung entziehen wolle.

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Foto: Benedikt Siegert An weiterführ­enden Schulen in Bayern – im Bild das Gymnasium in Füssen – gilt eine vorübergeh­ende Maskenpfli­cht im Unterricht.

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