Koenigsbrunner Zeitung

Die große Wiesn-Leere

Aufgefalle­n

- VON JOSEF KARG jok@augsburger-allgemeine.de

Natürlich soll man das Glas lieber als halb voll denn als halb leer betrachten. Das gestaltet das Leben gewöhnlich leichter. Stets kommt man jedoch mit dieser trivialphi­losophisch­en Erkenntnis nicht weiter. Manche Gläser sind und bleiben leer, egal wie herum man sie dreht und von welcher Seite sie betrachtet werden. Das gilt in diesem Jahr auch für die Wiesnmaßkr­üge, in die ja aus Gründen der Gewinnmaxi­mierung schon traditione­ll nicht immer so viel gefüllt wird, wie hineinpass­en würde. Aber in diesem Jahr sind sie nicht mal halb voll, denn das größte Volksfest der Welt fällt der Pandemie zum Opfer.

Das dürfte zigtausend Hendl, ungezählte (vierbeinig­e) Ochsen und viele weitere Viecherln freuen, die in diesem Jahr wiederum nicht dem ungeheuren Appetit der Wiesnbesuc­her geopfert werden. Überhaupt fragt man sich: Was passiert mit diesen Tieren eigentlich, wenn sie nicht am Grill landen?

Noch mehr Sorgen muss man sich heuer aber um die Spezies Mensch machen, deren Leben ohne die Wiesn im Grunde keinen Sinn macht, die Rede ist vom „Homo Oktober-Festum“. Dieser verspürt schon jetzt dumpfe Leere statt der ansonsten einsetzend­en Vorfreude. Und man kann nur hoffen, dass in den kommenden Wochen genügend Notfall-Psychologe­n bereitsteh­en. Denn für diese Leute ist ein Leben ohne Wiesn zwar möglich, reißt aber eine mindestens 16-tägige und mindestens maßkrugtie­fe Öde in ihr Sein.

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