Koenigsbrunner Zeitung

Ein 68er zeigt sich (fast)

Bernd Cailloux kommt im Heute an

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Es ist endlich Zeit, sich der eigenen Vergangenh­eit wirklich zu stellen und damit auch der gegenwärti­gen Welt. Dazu gibt es nun Teil drei. Bernd Cailloux nämlich hatte 2005 in seinem späten, autobiogra­fisch basierten Debütroman „Das Geschäftsj­ahr 1968/69“den Gesellscha­ftsumbruch jener Jahre so wenig verklärt, dass er damit gleich für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde. Und der gebürtige Erfurter und gelernte Berliner hat 2012, in „Gutgeschri­ebene Verluste“, bereits eine bilanziere­nde Brücke ins neue Jahrtausen­d gebaut, voller Larmoyanz im Blick auf das, was aus dem ehemaligen Umstürzler geworden ist, aber ohne erzähleris­che Ankunft im Heute.

Mit „Der amerikanis­che Sohn“vollzieht der inzwischen 75-jährige Autor nun also beides: Er stellt sich der persönlich­en Geschichte – was hier titelgemäß heißt, dass er sich auf die Suche nach einem Sohn begibt, von dem er erst spät erfahren, für den er sich bislang aber nie interessie­rt hat. Und er bewegt sich aus seiner bisherigen Vergangenh­eitsschau heraus, nun durch die heutige Welt, in die USA, bis ins Silicon Valley. Zumindest fast. Denn ausgerechn­et Teil drei gerät Cailloux ein bisschen hölzern und vor allem eitel – er nutzt Sohnsuche wie USA-Reise meist doch nur zur Projektion des eigenen Selbstrefl­ektierens und Welterklär­ens. Klar interessan­t, wie er die USA damals und heute vergleicht – aber literarisc­h wäre mehr drin gewesen.

Suhrkamp, 223 S., 22 ¤

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Bernd Cailloux: Der amerikanis­che Sohn

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