Tausende Jobs in der Autobranche auf der Kippe
Söder warnt vor gravierenden Einschlägen und kämpft weiter für eine Kaufprämie
München Die Krise der Autobranche bedroht immer mehr Jobs in Bayern. Einen Tag, nachdem der Gipfel mit der Kanzlerin ohne konkrete Ergebnisse vertagt worden war, lieferte einer der größten Zulieferbetriebe des Landes schlechte Nachrichten: Der Schaeffler-Konzern mit Sitz in Herzogenaurach verschärft seine Sparpläne und streicht in den kommenden Jahren 4400 Stellen. Ministerpräsident Markus Söder befürchtet, dass das erst der Anfang sein könnte. „Im Auto-Zulieferbereich werden wir leider weitere gravierende Einschläge erleben. Schon deshalb muss die Erkenntnis reifen, dass wir handeln müssen“, sagte er unserer Redaktion.
Der CSU-Chef kämpft weiterhin um eine Kaufprämie – auch für Diesel und Benziner. Bislang gibt es diese nur für Elektrofahrzeuge. „Wir müssen aber auch die Arbeitsplätze
der Beschäftigten für andere Antriebe erhalten. Ohne eine solche Brücke sind unzählige Arbeitsplätze gerade von Zulieferern in Bayern gefährdet“, warnte Söder. Aktuell steht die CSU mit dieser Forderung ziemlich alleine da. Doch der Parteivorsitzende geht davon aus, dass der Druck bis zum nächsten Autogipfel im November zunehmen wird: „Jeden Tag wächst die Einsicht, dass Deutschland die Autoindustrie noch stärker unterstützen muss.“
Erst vergangene Woche hatte der Reifenspezialist Continental angekündigt, in Deutschland 13 000 Stellen zu streichen, auch der Standort Ingolstadt ist betroffen. Für die Region steht eine Menge auf dem Spiel: Schwäbische Autozulieferer beschäftigen mehr als 60 000 Mitarbeiter – das ist etwa jeder fünfte Job im produzierenden Gewerbe. Rund 30 000 weitere Arbeitsplätze hängen indirekt von der Branche ab – zum Beispiel im Handwerk. Viele Betriebe sind hoch spezialisiert und produzieren nur bestimmte Einzelteile. Die Neuausrichtung der Autokonzerne auf Elektromobilität bedroht sie in ihrer Existenz, denn manche Bauteile werden in stromgetriebenen Fahrzeugen einfach nicht mehr gebraucht. Deshalb beharrt Söder darauf, auch den Verkauf von Dieselautos und Benzinern anzuschieben. „Wir brauchen eine nachhaltige Prämie für moderne und besonders ökologische Verbrennermotoren“, forderte er. Davon profitiere auch die Umwelt. Neue schadstoffarme Dieselmotoren könnten, so die Argumentation, einen Beitrag für den Klimaschutz leisten, wenn dafür alte Fahrzeuge von den Straßen verschwinden. „Mit einer solchen Recyclingprämie können wir Arbeitsplätze sichern und zugleich das Klima verbessern“, sagte Söder. Die SPD bremst eine Kaufprämie allerdings bislang aus. Parteichef Norbert Walter-Borjans will lieber das Eigenkapital von mittelständischen Betrieben stärken, um sie vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland zu schützen. Peter Stöferle, Mobilitätsexperte der Industrieund Handelskammer Schwaben, ist froh, dass die Regierung ihren Fokus nun auf die Zulieferer richtet: „Für diese Unternehmen treffen ein Nachfrage-Einbruch durch die momentanen Absatzschwierigkeiten der Hersteller und der technologische Wandel, der hohe Investitionen erfordert, zusammen.“
Die Hilfsmaßnahmen für die Autobranche, um die es auf der Wirtschaft geht, sind durchaus umstritten. Auch deshalb, weil Großkonzerne wie Volkswagen ihre Kunden im Abgasskandal betrogen haben. Die Folgen bekommt VW bis heute zu spüren. Ex-Boss Martin Winterkorn muss vor Gericht, wie Sie auf der Wirtschaft lesen. Wie sich sein Nachfolger schlägt, erzählt Stefan Stahl auf der Dritten Seite.