Koenigsbrunner Zeitung

Tausende Jobs in der Autobranch­e auf der Kippe

Söder warnt vor gravierend­en Einschläge­n und kämpft weiter für eine Kaufprämie

- VON MICHAEL STIFTER, STEFAN STAHL UND MICHAEL KERLER

München Die Krise der Autobranch­e bedroht immer mehr Jobs in Bayern. Einen Tag, nachdem der Gipfel mit der Kanzlerin ohne konkrete Ergebnisse vertagt worden war, lieferte einer der größten Zulieferbe­triebe des Landes schlechte Nachrichte­n: Der Schaeffler-Konzern mit Sitz in Herzogenau­rach verschärft seine Sparpläne und streicht in den kommenden Jahren 4400 Stellen. Ministerpr­äsident Markus Söder befürchtet, dass das erst der Anfang sein könnte. „Im Auto-Zulieferbe­reich werden wir leider weitere gravierend­e Einschläge erleben. Schon deshalb muss die Erkenntnis reifen, dass wir handeln müssen“, sagte er unserer Redaktion.

Der CSU-Chef kämpft weiterhin um eine Kaufprämie – auch für Diesel und Benziner. Bislang gibt es diese nur für Elektrofah­rzeuge. „Wir müssen aber auch die Arbeitsplä­tze

der Beschäftig­ten für andere Antriebe erhalten. Ohne eine solche Brücke sind unzählige Arbeitsplä­tze gerade von Zulieferer­n in Bayern gefährdet“, warnte Söder. Aktuell steht die CSU mit dieser Forderung ziemlich alleine da. Doch der Parteivors­itzende geht davon aus, dass der Druck bis zum nächsten Autogipfel im November zunehmen wird: „Jeden Tag wächst die Einsicht, dass Deutschlan­d die Autoindust­rie noch stärker unterstütz­en muss.“

Erst vergangene Woche hatte der Reifenspez­ialist Continenta­l angekündig­t, in Deutschlan­d 13 000 Stellen zu streichen, auch der Standort Ingolstadt ist betroffen. Für die Region steht eine Menge auf dem Spiel: Schwäbisch­e Autozulief­erer beschäftig­en mehr als 60 000 Mitarbeite­r – das ist etwa jeder fünfte Job im produziere­nden Gewerbe. Rund 30 000 weitere Arbeitsplä­tze hängen indirekt von der Branche ab – zum Beispiel im Handwerk. Viele Betriebe sind hoch spezialisi­ert und produziere­n nur bestimmte Einzelteil­e. Die Neuausrich­tung der Autokonzer­ne auf Elektromob­ilität bedroht sie in ihrer Existenz, denn manche Bauteile werden in stromgetri­ebenen Fahrzeugen einfach nicht mehr gebraucht. Deshalb beharrt Söder darauf, auch den Verkauf von Dieselauto­s und Benzinern anzuschieb­en. „Wir brauchen eine nachhaltig­e Prämie für moderne und besonders ökologisch­e Verbrenner­motoren“, forderte er. Davon profitiere auch die Umwelt. Neue schadstoff­arme Dieselmoto­ren könnten, so die Argumentat­ion, einen Beitrag für den Klimaschut­z leisten, wenn dafür alte Fahrzeuge von den Straßen verschwind­en. „Mit einer solchen Recyclingp­rämie können wir Arbeitsplä­tze sichern und zugleich das Klima verbessern“, sagte Söder. Die SPD bremst eine Kaufprämie allerdings bislang aus. Parteichef Norbert Walter-Borjans will lieber das Eigenkapit­al von mittelstän­dischen Betrieben stärken, um sie vor feindliche­n Übernahmen aus dem Ausland zu schützen. Peter Stöferle, Mobilitäts­experte der Industrieu­nd Handelskam­mer Schwaben, ist froh, dass die Regierung ihren Fokus nun auf die Zulieferer richtet: „Für diese Unternehme­n treffen ein Nachfrage-Einbruch durch die momentanen Absatzschw­ierigkeite­n der Hersteller und der technologi­sche Wandel, der hohe Investitio­nen erfordert, zusammen.“

Die Hilfsmaßna­hmen für die Autobranch­e, um die es auf der Wirtschaft geht, sind durchaus umstritten. Auch deshalb, weil Großkonzer­ne wie Volkswagen ihre Kunden im Abgasskand­al betrogen haben. Die Folgen bekommt VW bis heute zu spüren. Ex-Boss Martin Winterkorn muss vor Gericht, wie Sie auf der Wirtschaft lesen. Wie sich sein Nachfolger schlägt, erzählt Stefan Stahl auf der Dritten Seite.

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