Koenigsbrunner Zeitung

Seehofer ist empört

Innenminis­ter ärgert sich über Entscheidu­ng des Presserats zu taz-Kolumne

- VON DANIEL WIRSCHING

Berlin Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) brauchte diesmal nicht lange: Schon am Mittwochmi­ttag äußerte er sich in einer Pressemitt­eilung und ließ darin seinem Unmut über eine Entscheidu­ng des Deutschen Presserats freien Lauf. Das Selbstkont­rollorgan hatte am Dienstagna­chmittag erklärt, dass die überaus polizeikri­tische Kolumne der taz-Autorin Hengameh Yaghoobifa­rah mit dem Titel „All cops are berufsunfä­hig“nicht gegen den Pressekode­x verstoße.

Mitte Juni hatte der Meinungsbe­itrag sowohl innerhalb der linksalter­nativen Berliner Zeitung als auch in der Öffentlich­keit eine Debatte über die Grenzen der Satire ausgelöst. Beim Presserat gingen 382 Beschwerde­n ein, bei der Staatsanwa­ltschaft Strafanzei­gen; Seehofer kündigte in der Bild an, die Kolumnisti­n wegen Volksverhe­tzung oder Beleidigun­g anzeigen zu wollen – nahm davon nach massiver öffentlich­er Kritik, ausgerechn­et er als Verfassung­sminister wolle in die Pressefrei­heit eingreifen, aber Abstand.

Dafür brauchte er Tage, in denen nichts mehr von ihm zum Thema zu hören war.

In der Kolumne hatte Yaghoobifa­rah vor dem Hintergrun­d einer Diskussion über Polizeigew­alt und Rassismus die „Abschaffun­g der Polizei“herbeifabu­liert und Polizisten als neues Betätigung­sfeld „die Mülldeponi­e“nahegelegt. Seehofer sagte nun: „Polizistin­nen und Polizisten werden in der Kolumne ... öffentlich als Müll bezeichnet. Der Deutsche Presserat hält dies für eine Geschmacks­frage. Für mich ist diese Bewertung eine unerträgli­che Verharmlos­ung.“Wenn man sagen dürfe, dass Menschen auf den Müll gehörten, sei unser gemeinsame­s Wertesyste­m „ganz offenkundi­g aus den Fugen geraten“.

Der Presserat hatte argumentie­rt: Die Interpreta­tion, Polizisten würden mit Müll gleichgese­tzt, ist aus Sicht des Gremiums „nicht zwingend“. Es handele sich hier „um ein drastische­s Gedankensp­iel, das aber – wie aus der Kolumne hervorgeht – Raum für unterschie­dliche Interpreta­tionen bietet und daher noch unter die Meinungsfr­eiheit fällt“.

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