Pauschale Reisewarnung für 160 Länder läuft aus
Die Bundesregierung stellt ihre Informationspolitik um. Ab Oktober gibt es ein neues System für die Einstufung der Ziele. Wie die Regierung dann Urlauber unterrichten will und wie hart das Coronavirus die Branche trifft
Berlin Kleiner Hoffnungsschimmer für die Reisebranche: Die pauschale Reisewarnung für fast alle gut 160 Länder außerhalb der EU und des Schengenraums wird am 30. September enden. Danach soll es nach einem Beschluss des Bundeskabinetts auf die Lage in den einzelnen Staaten zugeschnittene Bewertungen geben. „Ab Oktober kehren wir zu einem individuellen System für jedes Land zurück“, sagte die Außenministeriumssprecherin. Reisewarnungen für Länder mit Risikogebieten werde es damit weiter geben.
Die pauschale Verlängerung war zuletzt vor allem von der Reisebranche kritisiert worden. Der Reiseverband DRV bezeichnete die Entscheidung dementsprechend als „einen zaghaften Schritt in die richtige Richtung“. Faktisch ändere sich für die Kunden und die Branche aber nur wenig. „Es bleibt die Ungewissheit, wann wieder gereist werden kann und wann Unternehmer und Beschäftigte wieder etwas für ihren Lebensunterhalt verdienen können“, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. Auch nach dem 1. Oktober werde für fast alle Länder weiterhin eine Reisewarnung bestehen. Nur eben individuell, nicht pauschal.
forderte, nur Orte und Landkreise, die den Grenzwert des Robert-Koch-Instituts (RKI) überschritten, sollten künftig als Risikogebiet ausgewiesen und dann auch mit einer Reisewarnung belegt werden – der Rest einer Region eines Landes jedoch nicht. „Hier müssen den Ankündigungen der Bundesregierung jetzt auch zeitnah Taten folgen.“
Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), sprach ebenfalls von einem Schritt in die richtige Richtung. Sollte allerdings das Vorhaben von Bund und Ländern umgesetzt werden, dass von Oktober an alle Reiserückkehrer aus Risikogebieten nicht mehr getestet würden, sondern in Quarantäne müssten, „hätte dies einen erneuten Lockdown des internationalen Reiseverkehrs zur Folge“, warnte von Randow.
Eine Reisewarnung ist kein Verbot des Reisens, soll aber eine erhebliche abschreckende Wirkung haben. Allerdings hat sie auch eine positive Seite für Verbraucher: Sie ermöglicht es Reisenden, Buchungen für Pauschalreisen kostenlos zu stornieren. Die Reisewarnung erfolgt unabhängig von der EinstuFiebig fung von Ländern als Risikogebiete. Am 17. März hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) wegen der steigenden Infektionszahlen eine beispiellose Maßnahme verkündet: eine Warnung vor touristischen Reisen in alle rund 200 Länder der Welt. Erst im Juni – unmittelbar vor Beginn der Haupturlaubszeit – wurden die Länder der EU, des grenzkontrollfreien Schengenraums sowie Großbritannien, Andorra, Monaco, San Marino und der Vatikanstaat ausgenommen.
Aktuell gilt innerhalb Europas allerdings eine Reisewarnung zum Beispiel für Spanien sowie Teile
Frankreichs und Kroatiens. Die wurden am Mittwochabend vom Auswärtigen Amt noch einmal ausgeweitet. Betroffen sind nun etwa auch Genf, Prag, Dubrovnik oder die Insel Korsika. Die Tourismusindustrie zählt mit zu den am härtesten von der Corona-Krise getroffenen Branchen. Der DRV fürchtet eine Pleitewelle. Laut einer Umfrage des Verbandes unter fast 650 Unternehmen sehen sich mehr als 60 Prozent der Reisebüros von der Insolvenz bedroht. Bei den Reiseveranstaltern sind es gut die Hälfte.
Wie hart die Corona-Krise die Branche trifft, zeigt das Beispiel Tui. Der weltgrößte Reisekonzern machte am Mittwoch den Weg frei für eine weitere staatliche Milliarden-Hilfe zur Überbrückung des coronabedingten Geschäftseinbruchs. Um die Krise zu überstehen, hat sich Tui nun Staatshilfen im Umfang von drei Milliarden Euro gesichert. Ein im April gewährter Kredit der staatlichen Förderbank KfW über 1,8 Milliarden Euro soll um 1,05 Milliarden Euro aufgestockt werden. Überdies sollen 150 Millionen Euro über eine Wandelanleihe an Tui gehen, die der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes zeichnet.