Sie spüren vermisste Kinder auf
Deutschlandweit engagieren sich Rettungshundeführer, um Personen aufzuspüren – so auch in Landsberg. Die ehrenamtlichen Helfer investieren viel. Ihr größter Lohn: die Dankbarkeit der Angehörigen
Landsberg Wenn Eltern um ihre vermissten Kinder bangen oder Angehörige sich um verschwundene Senioren sorgen, dann sind sie da. Sie arbeiten zu zweit und müssen sich hundertprozentig aufeinander verlassen – Rettungshundeführer und ihre Vierbeiner. Auf ihnen ruht oft die letzte Hoffnung, Personen lebend zu finden. Dahinter steckt viel Arbeit und ausschließlich ehrenamtliches Engagement.
„Die Anforderungen sind hoch, schließlich geht es um Menschenleben. Und da hört der Spaß auf“, sagt Gregor Adam. Er ist seit 18 Jahren Mitglied der Rettungshundestaffel in Landsberg. Er nimmt auch deutschlandweit Prüfungen ab. Zwei Jahre dauert es ungefähr, bis Hund und Hundeführer so gut trainiert sind, dass sie ihre Prüfung ablegen und auf Einsätze gehen können. Besonders geeignet sind Arbeitshunde. Dazu zählen unter anderem Schäferhunde, Border Collies oder der Australian Shepherd. Sie sind meist mittelgroß, intelligent, kooperativ und wachsam. Außerdem haben sie einen starken Bewegungsdrang.
Frühestens mit 16 Monaten dürfen Hunde die erste Prüfung ablegen, spätestens im siebten Lebensjahr. Bestehen die Teams aus Mensch und Tier, müssen sie ihre
Qualifikation alle 24 Monate wieder nachweisen. In „Rente“gehen Rettungshunde mit etwa zehn bis elf Jahren – abhängig von ihrem körperlichen Zustand. Danach ist es wichtig, sie weiter zu bewegen und sich mit ihnen zu beschäftigen, da die Tiere dies nach vielen Jahren so gewohnt sind.
Das perfekte Zusammenspiel zwischen Führer und Hund könne Leben retten und sei zwingend nötig, sagt Gregor Adam: „80 Prozent der Zeit im Einsatz sucht mein Hund ohne, dass ich ihn sehe. Ich muss darauf vertrauen, dass er das tut, was er soll.“Doch was genau soll er denn tun? Das kommt darauf an, ob er ein sogenannter „Mantrailer“(Personenspürhund) oder ein „Flächenhund“ist. Erstere können Menschen nach deren Geruch aufspüren. Riechen sie beispielsweise an der Socke eines Kindes, können sie dieses finden. Sie laufen an der Leine mit ihrem Hundeführer. „Ihr Vorteil ist, dass sie genau wissen, wonach sie suchen. Der Nachteil, dass sie langsamer sind, weil sie nicht einfach ein Gebiet abgrasen, sondern an jeder Gabelung oder Kreuzung versuchen, den gesuchten Geruch zu finden“, erklärt Adam.
In der Landsberger Hundestaffel, die aus 18 Hundeführern und 15
Hunden besteht, gibt es ausschließlich Flächenhunde, sogenannte Hochwindsucher. Sie suchen ohne Leine ein Gebiet ab. „In der Prüfung sind 30000 Quadratmeter innerhalb von 20 Minuten gefordert. Im Einsatz schaffen gute Hunde um die 100000 Quadratmeter in einer Stunde“, sagt Adam. Eine Fläche von 100 x 1000 Metern schafft ein Hund also binnen 60 Minuten. Gregor Adam meint: „Und wenn da eine vermisste Person liegt, dann finden wir sie auch zu 95 Prozent.“
Jede Woche treffen sich die Mitglieder der Landsberger Hundestaffel zweimal zum Training unter der Leitung von Melanie Hieber-Siefener, Gregor Adam und Gregor
Frau Claudia Adam. Die Hundeführer kommen aus der ganzen Region – von Augsburg über Weilheim bis nach Kaufbeuren. Dort sind die Adams zu Hause, deren Tochter ebenfalls bei der Hundestaffel ist. Neben den in der Prüfung geforderten Inhalten stehen im Sommer auch Einheiten unter erschwerten Bedingungen an. Dann suchen die Hunde in Trümmern nach Vermissten. Derzeit besitzt die Landsberger Hundestaffel jedoch keinen Hund, der diesbezüglich im Einsatz ist. Acht Jahre lang war Gregor Adam auch im Ausland aktiv. „Die Johanniter, unsere Dachorganisation, haben diese Sparte vor drei Jahren gestrichen. Gäbe es sie noch, wäre es gut möglich, dass ich zuletzt nach den schweren Explosionen in Beirut um Hilfe gebeten worden wäre“, sagt er.
Doch auch vor der eigenen Haustür ist genug zu tun. In diesem Jahr zählen die Landsberger bereits gut 20 Alarmierungen. „Wir sind von Donauwörth bis nach Lindau aktiv. Nicht immer ist es da angesichts der Entfernungen sinnvoll, dass wir die Reise antreten“, berichtet Adam. Theoretisch erstreckt sich das Einsatzgebiet über das Allgäu und Schwaben bis nach Starnberg oder Weilheim-Schongau.
Die Entscheidung, ob bei einer Suche Rettungshunde zum Einsatz kommen, trifft in aller Regel die PoAdams
● Wiederholung und Auffrischung Ist eine Prüfung bestanden, gilt die Qualifikation für 24 Monate. Dann ist eine erneute Prüfung fällig. Bei Nichtbestehen gilt eine Sperrfrist von einem Monat bis zum nächsten Versuch. Teams dürfen sechs Mal probieren, die Prüfung zu schaffen, bevor sie dauerhaft gesperrt sind.
● Feste Teams Jeder Rettungshundeführer darf nur mit seinem eigenen Rettungshund auf Einsätze gehen. (tril) lizei. „Wir erleben da starke Unterschiede. In manchen Orten bauen die Verantwortlichen oft auf uns, anderswo hält man es fast nie für sinnvoll, dass wir ausrücken“, sagt Adam. Das liegt aus seiner Sicht daran, dass die betreffenden Dienststellen nicht wissen, was Rettungshunde leisten können: „Ein Hund ersetzt aus meiner Erfahrung heraus rund 30 Menschen im Einsatz.“
Zwei Gründe sind meist entscheidend dafür, dass jemand Rettungshundeführer wird. „Ich habe mir vor 18 Jahren einen Border Collie zugelegt und wollte ihn beschäftigen“, berichtet Gregor Adam über seine Anfänge. Mit der Zeit habe er gemerkt, dass das Bedürfnis, anderen zu helfen, immer größer wurde. „Ich hatte das Glück, zwei Menschen das Leben zu retten. Da weiß man dann, wofür man das macht.“Für Geld jedenfalls nicht: Alle Mitglieder der Hundestaffel sind Ehrenamtler. Adam sagt: „Ähnlich wie Leute, die zur freiwilligen Feuerwehr gehen, haben wir ein Helfersyndrom. Denn es ist ein Hobby, das viel Zeit kostet. Außerdem weiß niemand, wann der nächste Einsatz kommt.“Dagegen können sich die Rettungshundeführer großer Dankbarkeit gewiss sein – der Dankbarkeit von Angehörigen, denen sie ihre Liebsten zurückbringen.