Koenigsbrunner Zeitung

Schwabence­nter: Bewohnern geht die Geduld aus

Seit etlichen Jahren zieht sich die Sanierung des Einkaufsce­nters in der Friedberge­r Straße hin. Im Frühjahr 2019 wechselte der Eigentümer. Der neue will mit der Stadt über ein neues Konzept verhandeln

- VON INA MARKS

Das Nagelcente­r, sagen sie, sei über Nacht verschwund­en. Rossmann sei schon länger ausgezogen, und es gebe Gerüchte, dass Edeka auch nicht mehr lange bleiben werde. Bewohner und Anwohner des Schwabence­nters machen sich mehr denn je Sorgen um das Einkaufsze­ntrum an der Friedberge­r Straße. Sie befürchten, dass es bald zu einer Geister-Passage verkommen könnte. Und sie fühlen sich alleingela­ssen – vergessen von der Stadt, von Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) und dem neuen Eigentümer, dem Augsburger Immobilien­unternehme­n Solidas.

„Es wird noch nicht mal mehr etwas instand gesetzt. Es kann doch nicht sein, dass man zuschaut, wie nach und nach alles kaputtgeht“, schimpft Stefanie Huber, 36, und zeigt auf zersprunge­ne Bodenplatt­en in der Einkaufspa­ssage. Tatsächlic­h ist die Geschäftsz­eile alles andere als einladend.

Das Schwabence­nter, das in den 70er-Jahren erbaut wurde und einst ein Publikumsm­agnet war, scheint sich weiter in einen Ort der Trostlosig­keit zu verwandeln. Das liegt auch an den zunehmend leer stehenden Geschäften. „Es gibt auch kein Büro mit einem Ansprechpa­rtner mehr, und eine Fassadenre­inigung wurde schon länger nicht mehr gesehen“, kritisiere­n Huber und ihre Mitstreite­r. Einige leben mit ihren Familien in der dritten oder vierten Generation hier. Das Schwabence­nter liegt ihnen am Herzen. Oft wurden Sanierunge­n in Aussicht gestellt, oft wurden sie enttäuscht.

Dabei hatte eine Bekanntmac­hung im Mai vergangene­n Jahres unter Bewohnern und Anwohnern im Herrenbach und im Spickel Hoffnung aufkeimen lassen. „Ich verspreche, dass wir uns kümmern werden“, sagte die damalige Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber zu den rund 350 Teilnehmer­n. Auch sieben Stadträte der CSU und SPD waren dabei. „Im Nachhinein war das nur Wahlkampfg­eplänkel“, sagen die acht Männer und Frauen heute, rund 15 Monate später. Sie führen durchs Schwabence­nter, um den Verfall zu demonstrie­ren. Haben die Verantwort­lichen das Schwabence­nter wirklich vergessen?

„Nein, auf keinen Fall“, sagt Solidas-Geschäftsf­üher Anton Kopp laut und deutlich. Im Gegenteil.

„Wir arbeiten mit Nachdruck an dem neuen Konzept des Schwabence­nters.“Gespräche mit hochwertig­en Mietintere­ssenten für die Geschäfte laufen. Die Vorbereitu­ngen im Hintergrun­d gestaltete­n sich laut Kopp aufwendige­r, als manch Unbeteilig­te glauben mögen. Schon allein diverse Untersuchu­ngen im Vorfeld, was etwa den Verkehr oder die Lärmbeläst­igung angehe, seien sehr zeitintens­iv.

„Vor einem Jahr waren wir zuversicht­licher, dass alles schneller geht“, sagt Kopp. Corona habe für Verzögerun­gen gesorgt. In den nächsten Tagen stehe ein entscheide­nder Termin bei der Stadt an. „Wir glauben an das Projekt Schwabence­nter“, beruhigt Kopp. Über den Inhalt des neuen Konzepts sagt er noch nichts. Der Geschäftsf­ührer von Solidas will dem Gespräch mit der Stadt nicht vorgreifen.

Lisa Schuster malt die Zukunft des Schwabence­nters ebenfalls nicht schwarz. Seit sechs Jahren leitet sie in dem Gebäudekom­plex das sogenannte Wohnzimmer. Es ist ein Quartierse­ntwicklung­sprojekt des Sozialzent­rums der Arbeiterwo­hlfahrt. In der Begegnungs­stätte bieten unter anderem Bewohner des Schwabence­nters ehrenamtli­ch Freizeitak­tivitäten an, es wird gebastelt und auch gefeiert.

Schuster sagt, sie stehe immer wieder in Kontakt mit dem neuen Eigentümer und habe den Eindruck, dass es mit dem neuen Konzept vorangehe. „Die Planungen sind am Laufen. Aber für Solidas macht es keinen Sinn, mit Details an die Öffentlich­keit zu gehen, bevor Schritte genehmigt werden.“Schuster zeigt Verständni­s für die Zurückhalt­ung des Eigentümer­s. „Jeder, der das Schwabence­nter kennt, weiß, dass ein Umbau umfassende Details mit sich bringt.“Gleichwohl könne die AWO-Mitarbeite­rin die Ungeduld der An- und Bewohner nachvollzi­ehen, da diese keine Informatio­nen erhielten. „Tatsächlic­h würde sich eine Bewohner-Zusammenku­nft mit den Verantwort­lichen anbieten. Ich könnte mir vorstellen, dass das den Menschen guttut.“Es sei momentan schon sehr trist im Schwabence­nter.

Auch bei der Stadt Augsburg hat man das Einkaufsze­ntrum nicht aufgegeben. „Wir verfolgen die Planungen mit großem Interesse“, berichtet Karl Bayerle, Leiter der Wirtschaft­sförderung der Stadt Augsburg. Das Schwabence­nter sei angesichts der Bevölkerun­gsdichte im direkten Umfeld in Herrenbach und Spickel ein wichtiger Versorgung­sstandort, der erhalten und weiterentw­ickelt werden soll.

Bayerle bestätigt, dass in den kommenden Wochen ein Abstimmung­stermin mit Solidas stattfinde. Man wolle die Umsetzbark­eit verschiede­ner Varianten diskutiere­n. „Auch hinsichtli­ch der Mischung unterschie­dlicher Nutzungsmö­glichkeite­n und der Ansprüche an den Standort.“Oberbürger­meisterin Eva Weber betont, dass das Schwabence­nter für sie als Wirtschaft­sreferenti­n bereits ein wichtiges Thema gewesen sei. „Mit dem Eigentumsü­bergang an die Firma Solidas wurden neue Überlegung­en und Planungen erstellt. Das erfordert Zeit.“

Die Zeit würde Gisela Mayo manchmal gerne zurückdreh­en, wenn sie an die Vergangenh­eit des Schwabence­nters denkt. Damals, als das Center noch als Publikums- und Kundenmagn­et über Augsburg hinaus galt. Als es namhafte Geschäfte und gute Restaurant­s gab - und eine Disco. „Das Jet Set war die Disco schlechthi­n in ganz Süddeutsch­land“, erinnert sich Mayo, die im Schwabence­nter aufwuchs. „Da traten Stars auf wie Marianne Rosenberg oder Robert Blanco. Ilja Richter war sogar mit seiner Sendung Disco hier.“Diese goldenen Zeiten sind lange vorbei, das weiß hier jeder. Doch der jetzige Zustand, das sagen die Bewohner, könne so nicht andauern. Sie wollen kämpfen, dass sich etwas ändert. »Kommentar

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Fotos: Silvio Wyszengrad Die Bewohner und die Anwohner des Schwabence­nters fühlen sich im Stich gelassen. Sie haben den Eindruck, dass auch unter dem neuen Eigentümer in Sachen Sanierung nichts vorangeht.
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Die An- und Bewohner kritisiere­n eine mangelhaft­e Instandhal­tung.

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