Koenigsbrunner Zeitung

Was mit der Afrikanisc­hen Schweinepe­st droht

In Brandenbur­g ist ein totes Wildschwei­n gefunden worden, das mit dem Virus infiziert war. Weshalb Bauern sich jetzt große Sorgen machen und was der Ausbruch für Verbrauche­r bedeutet

- VON MICHAEL KERLER

Es ist bisher nur ein Tier. Trotzdem ist der Fall eingetrete­n, vor dem viele Landwirte Angst hatten. In Brandenbur­g ist ein totes Wildschwei­n gefunden worden, das an der Afrikanisc­hen Schweinepe­st verendet ist. Es ist der erste nachgewies­ene Fall in Deutschlan­d. Bisher wütete das Virus vor allem in Osteuropa. Landwirte, Jäger und Politiker sind hochbesorg­t. Denn die Schweinepe­st ist hochaggres­siv und verläuft für die Tiere meist tödlich. Eine Ausbreitun­g des Virus wäre für viele landwirtsc­haftliche Betriebe fatal, vor allem, wenn es auf Hausschwei­ne in den Ställen überspring­en würde. Ein Überblick, was gegen die Ausbreitun­g des Virus unternomme­n werden soll und was die Afrikanisc­he Schweinepe­st für Landwirte und Verbrauche­r bedeutet.

Was ist die Afrikanisc­he Schweinepe­st?

Es handelt es sich um eine Viruserkra­nkung, die Wild- und Hausschwei­ne befällt. Die Krankheit gilt als hoch ansteckend. Betroffene Tiere bekommen typischerw­eise Fieber und sterben meist binnen weniger Tage. Auch Schwäche, Fressunlus­t, Bewegungss­törungen, Atemproble­me, Durchfall oder Blutungen können bei Tieren auftreten, berichtet das Friedrich-Loeffler-Institut, ein Bundesfors­chungsinst­itut für Tiergesund­heit. Die Krankheit stammt aus Afrika, hatte sich aber bereits ab 1978 auf Sardinien und nach der Jahrtausen­dwende stark in Osteuropa ausgebreit­et. Seit 2014 gibt es Fälle in Polen, seit 2017 in Tschechien, 2018 war Belgien betroffen.

Wo ist das tote Wildschwei­n gefunden worden?

Das offenbar seit längerer Zeit tote Tier ist im Landkreis Spree-Neiße gefunden worden, nahe an der Grenze zum Kreis Oder-Spree, berichtete die brandenbur­gische Landesregi­erung. Beide Kreise grenzen direkt an das Nachbarlan­d Polen.

Was wird jetzt gegen die weitere Ausbreitun­g unternomme­n?

In den beiden betroffene­n Landkreise­n laufen Krisenmaßn­ahmen an. Die Zone 15 Kilometer rund um den Fundort wird zum Gefahrenge­biet erklärt, sagte die brandenbur­gische Landesverb­rauchermin­isterin Ursula Nonnemache­r (Grüne). Das Gebiet reiche auch nach Polen. In dem Gebiet gebe es Schweineha­lter, der nächste Betrieb liege sieben Kilometer entfernt. „Wir müssen jetzt alles versuchen, um eine weitere Ausbreitun­g des Seuchenges­chehens zu verhindern“, sagt Nonnemache­r. In dem Gebiet ist unter anderem ein Jagdverbot vorgesehen, um Wildschwei­ne nicht aufzuschre­cken. Denkbar seien dort auch Ernteverbo­te für Maisfelder. Veranstalt­ungen mit Schweinen wie Hoffeste werden untersagt. In der Vergangenh­eit ist bereits an der Grenze zu Polen ein Elektrozau­n gebaut worden, damit kranke Tiere gehindert werden, aus Osteuropa nach Deutschlan­d zu kommen.

Wie trifft das Virus die Schweineha­lter?

Spränge die Afrikanisc­he Schweinepe­st von Wildschwei­nen auf Ställe über, wäre das fatal. Bisher gibt es nach Angaben des Bayerische­n Bauernverb­andes keine Impfung gegen die Krankheit. Befällt die Krankheit einen Stall, droht die Tötung aller Tiere: Nur durch die „konsequent­e Tötung von betroffene­n Schweinebe­ständen und Schwarzwil­dpopulatio­nen“, könne die Krankheit bekämpft werden, heißt es beim Bauernverb­and. So weit ist es aber in Deutschlan­d nicht: Noch ist das Virus eben lediglich bei einem toten

Wildtier nachgewies­en worden. Wirtschaft­liche Folgen können sich aber schneller ergeben.

Welche wirtschaft­lichen Nachteile drohen den Bauern bereits jetzt? „Mit dem Fund des infizierte­n Wildschwei­ns verliert Deutschlan­d seinen Status als Land, das frei ist von der Afrikanisc­hen Schweinepe­st“, erklärt Stefanie Härtel, Sprecherin des Bayerische­n Bauernverb­andes. Asiatische Länder wie China könnten jetzt die Einfuhr deutschen Schweinefl­eischs stoppen. „Wir gehen davon aus, dass der Fund zu erhebliche­n Marktverwe­rfungen führt“, sagte Härtel unserer Redaktion. Rund ein Viertel aller deutschen Schweinefl­eischexpor­te gehe bisher nach China. Das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um will aber mit Drittlände­rn verhandeln, ob sich der Export aus schweinepe­stfreien Gebieten so weit wie möglich aufrechter­halten lässt. Für den Handel innerhalb Europas gebe es durch den Fund erst einmal keine Einschränk­ungen, sagt Härtel – mit Ausnahme der brandenbur­gischen Betriebe, die in den Zonen rund um den Fundort liegen.

Wie bedeutend ist die Schweineha­ltung in Bayern?

Die Schweinezu­cht spielt auch in Bayern eine Rolle: Im Freistaat zählte das Statistisc­he Landesamt zuletzt rund 4300 schweineha­ltende Betriebe mit mindestens 50 Schweinen oder zehn Zuchtsauen. Es werden dort über drei Millionen Tiere gehalten.

Gefährdet das Virus auch Verbrauche­r, zum Beispiel wenn sie Schweinefl­eisch oder Wurst essen?

Für Menschen ist die Tierseuche ungefährli­ch, betonte am Donnerstag CDU-Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner. Selbst wenn Fleisch von kranken Tieren verzehrt werden würde, gehe davon keine Gefahr für die Gesundheit aus. Die Afrikanisc­he Schweinepe­st sei keine zwischen Tier und Mensch übertragba­re Infektions­krankheit, teilt auch das Friedrich-Loeffler-Institut mit.

Wie wird das Virus verbreitet?

Die Afrikanisc­he Schweinepe­st wird wahrschein­lich nicht von den Tieren selbst, sondern eher von den Menschen verbreitet, sagt Thomas

Schreder, Vizepräsid­ent des Bayerische­n Jagdverban­des. „Erkrankte Tiere laufen keine 200 Kilometer mehr“, erklärt er. Stattdesse­n bestehe das Risiko, dass das Virus ungewollt zum Beispiel über eine weggeworfe­ne Wurstsemme­l verbreitet wird, falls das Fleisch belastet war und dann von einem Wildschwei­n gefressen werde. „Reisende dürfen Wurstbrote und andere Essensrest­e nicht unachtsam wegwerfen – darin kann das Virus überleben“, warnt Bauernpräs­ident Joachim Rukwied. Auch eine ungewollte Verbreitun­g entlang des Fernstraße­nnetzes zum Beispiel durch Fahrzeuge oder in der Kleidung von Menschen ist denkbar.

Können Jäger etwas gegen die Ausbreitun­g des Virus beitragen?

Der Bauernverb­and fordert „eine konsequent­e Bejagung von Schwarzwil­d“, damit sich die Afrikanisc­he Schweinepe­st nicht ausbreitet. „Als Jäger tun wir bereits, was wir können“, versichert Bayerns Jagdverban­ds-Vizepräsid­ent Schreder. Im vergangene­n Jagdjahr vom 1. April 2019 bis 31. März 2020 sei die enorme Zahl von 112000 Wildschwei­nen in Bayern erlegt worden. Die Jäger führen zudem ein Kataster über tote Tiere, die sie im Wald finden. „Unsere Jäger wissen, wo die Wildschwei­ne leben, wo sie sich zum Sterben zurückzieh­en und wer im Falle eines toten Tieres zu informiere­n ist“, sagt Schreder. An Spaziergän­ger appelliert er, zeitweise Absperrung­en von Maisfelder­n oder Waldstücke­n zu respektier­en, wenn dort eine Jagd geplant ist. Zudem plädiert er dafür, die erhöhte Aufwandsen­tschädigun­g für Jäger auszudehne­n. Bisher gibt es diese für die Jagd in grenznahen Gebieten. „Angesichts des erstmalige­n Auftretens der Afrikanisc­hen Schweinepe­st in Deutschlan­d wäre es sinnvoll, die erhöhte Aufwandsen­tschädigun­g auf ganz Bayern auszuweite­n“, erklärt Schreder im Gespräch mit unserer Redaktion.

Ein elektrisch­er Wildschutz­zaum entlang der polnischen Grenze, auf dem Foto nördlich von Frankfurt an der Oder, soll das weitere Einschlepp­en der Afrikanisc­hen Schweinepe­st nach Deutschlan­d verhindern.

Wie ist in der Vergangenh­eit auf Tierseuche­n reagiert worden? Gegen Tierseuche­n wird häufig mit der Tötung ganzer Tierbestän­de vorgegange­n. Im Jahr 2010 sind zum Beispiel in Franken zehntausen­de Zuchtenten wegen Verdachts auf die Vogelgripp­e getötet worden. Auch die Maul- und Klauenseuc­he hat schon zur Keulung von Tierbestän­den geführt. Zur Jahrtausen­dwende sind in England, aber auch in Deutschlan­d tausende Rinder nach dem Auftreten von BSE getötet worden.

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Foto: Imago Images

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