Desaster beenden, Traum erfüllen
Sebastian Vettel setzt seine Karriere in der kommenden Saison im Aston Martin fort. Dann will er endlich nachholen, was ihm bei Ferrari verwehrt geblieben ist
Mugello Bestens gelaunt spazierte Sebastian Vettel in seinem roten Ferrari-Shirt um die Rennstrecke in Mugello, nachdem die Formel1-Zukunft des viermaligen Weltmeisters endlich gesichert war. Der 33-Jährige wechselt im kommenden Jahr zum neuen Aston-MartinTeam, dem designierten NachfolgeRennstall von Racing Point. Wie die Engländer mitteilten, bindet er sich langfristig sogar über 2021 hinaus an das ambitionierte Projekt. „Ich glaube daran, dass es das Beste für mich ist, was ich jetzt entschieden habe“, sagte Vettel, der „nahe dran“war, seine Karriere vorzeitig zu beenden.
Nach einem bislang desaströsen sechsten Jahr bei der Scuderia hat der Heppenheimer eine neue Perspektive, fährt aber künftig nicht mehr für eines der drei Spitzenteams. „Es ist ein neues Abenteuer für mich mit einem wahrhaft legendären Autobauer“, sagte Vettel und ergänzte später: „Ich freue mich sehr auf den Wechsel, weil ich daran glaube, dass es nach oben gehen kann.“
Und das Ziel ist klar: Sein Traum vom fünften WM-Titel lebt. „Ich trage noch so viel Liebe für die Formel 1 in mir und meine einzige Motivation ist es, an der Spitze des Feldes zu fahren. Das mit Aston Martin anzugehen, wird ein großes Privileg“, sagte Vettel vor dem nächsten Rennen in der Toskana am Sonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky).
Der Grand Prix in Italien sollte eigentlich ganz im Zeichen des 1000. Rennens von Ferrari in der Motorsport-Königsklasse stehen. Doch nun stiehlt Vettel seinem Noch-Arbeitgeber vorerst die Show. „Glücklich zu wissen, dass du auch nächstes Jahr dabei bist!“, twitterte Ferrari und reagierte damit auf den neuen Job seines einstigen Hoffnungsträgers. Im Mai hatte der Traditionsrennstall die Trennung von Vettel verkündet, der ab 2021 vom Spanier Carlos Sainz Junior ersetzt wird.
Nach monatelangen Spekulationen bekommt Vettel das Cockpit von Sergio Pérez. Der Mexikaner hatte am Mittwoch seinen Abschied zum Jahresende bekannt gegeben. Eigentlich hätte der 30-Jährige noch einen Vertrag über den Jahreswech
FREITAG
SAMSTAG sel hinaus besessen. Es war aber schon länger angenommen worden, dass Pérez gehen muss, um für einen Piloten mit ganz großem Namen Platz zu machen: nämlich Vettel. „Ich kann mir keinen besseren Fahrer vorstellen, der uns auf dem Weg in diese neue Ära helfen könnte“, so Teamchef Otmar Szafnauer.
Vettel muss die Scuderia Ende 2020 ohne den ersehnten WM-Titel verlassen. Vergeblich versuchte er, seinem Kindheitsidol Michael Schumacher nachzueifern, der als Rekordweltmeister im Ferrari zur Legende wurde. Unsanft wurde Vettel im Mai vor die Tür gesetzt. Seitdem führte der 53-malige Grand-PrixGewinner, der seit fast einem Jahr auf ein Erfolgserlebnis wartet, Gespräche über ein mögliches neues
Auch ein frühzeitiger Rücktritt war immer wieder ein Thema. Dauerweltmeister Mercedes winkte mit Hinweis auf sein Fahrerduo Lewis Hamilton/Valtteri Bottas ab, Red Bull setzt voll auf den Niederländer Max Verstappen und Renault holte lieber den zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso aus Spanien zurück. Für Aston Martin ist Vettel nun der ersehnte TopMann.
Seine außergewöhnliche Formel1-Laufbahn hatte Vettel 2007 als Ersatzfahrer im BMW-Sauber begonnen. 2008 fuhr er im unterlegenen Toro Rosso im Regen von Monza als damals jüngster Sieger der Geschichte durchs Ziel. Im Red Bull wurde er dann 2010 der jüngste Champion und gewann auch in den drei folgenden Jahren die Titel. Doch die großen Hoffnungen auf weitere Triumphe nach seinem Wechsel zu Ferrari 2015 erfüllten sich nicht.
Die vergangenen Monate waren für Vettel eine einzige Enttäuschung. Nicht nur, dass er in diesem Jahr bislang weder gewinnen konnte noch einen Podestplatz belegte, im SF1000 musste er außerhalb der Punkteränge Positionskämpfe führen oder sah wie zuletzt in Monza wegen eines Defekts gar nicht erst die Zielflagge. Mit gerade 16 WMPunkten hat er keine realistische Chance mehr auf den Titel.
Bei Aston Martin, das auch weiterhin mit Mercedes zusammenarbeiten wird, soll das alles anders werden. Vettel fährt dort an der SeiEngagement. te von Lance Stroll. Der Sohn des kanadischen Milliardärs und Miteigentümers Lawrence Stroll hat seinen Platz sicher und wird künftig eher in Vettels Schatten stehen. Der einstige Seriensieger betonte, er wolle mit Aston Martin „etwas sehr Besonderes aufbauen“.
Wie groß die Vorfreude der Engländer ist, wurde schnell in den sozialen Netzwerken deutlich. Der Autohersteller platzierte einen neuen Wagen mit speziellem Nummernschild für Vettel vor der Firmenzentrale. „An einem Samstagoder Sonntagnachmittag ist Sebastian einer der Besten auf der Welt“, sagte Teamchef Szafnauer: „Er wird eine entscheidende Rolle spielen, das Team auf das nächste Level zu heben.“»Randbemerkung