Koenigsbrunner Zeitung

Erlebnisre­ise in die Leere

Die erste Runde ist die Runde der großen Sensatione­n. Das dürfte sich dieses Jahr ändern

- (alle 15.30 Uhr) (alle 18.30 Uhr) (20.45 Uhr)

Düsseldorf Vieles, was sich im vergangene­n halben Jahr auch im Fußball ereignet hat, galt vor Corona noch als unvorstell­bar. Dass ProfiVerei­ne in ihren nahezu leeren Arenen Feierabend-Fußballer zu Pflichtspi­elen empfangen, gehört sicherlich zu den größten dieser Absurdität­en. Und so steht ab Freitag in der ersten Hauptrunde des DFBPokals das wahrschein­lich verrücktes­te Pokal-Wochenende der Geschichte bevor.

Elf Viert- und Fünftligis­ten haben die erstmalige Chance auf Tausch des Heimrechts genutzt, weil sie die Hygiene-Vorschrift­en nicht erfüllen konnten oder finanziell­e Verluste befürchtet­en. Sie begeben sich auf große Erlebnisre­ise in Arenen, in denen die bis zu vierfache Einwohnerz­ahl ihres Dorfes oder Stadtteils passen würde. Bundesligi­sten ersparen sich die Reisestrap­azen, Auftritte auf Bezirksspo­rtanlagen mit tückischen Umständen

und haben somit wohl ein noch geringeres Risiko, sich zu blamieren. Wenn überhaupt, ist daher wohl nur mit wenigen Sensatione­n zu rechnen. Zuletzt war 2009 kein Erstligist zum Auftakt gescheiter­t. In jedem Fall fehle der ersten Runde „natürlich ein Teil des besonderen Reizes“, sagte DFB-Vizepräsid­ent Peter Frymuth.

Die Außenseite­r befinden sich größtentei­ls immerhin schon im Spielbetri­eb. Und die Gefahr, den

Gegner zu unterschät­zen, sei unter diesen Umständen „natürlich da“, sagte Mönchengla­dbachs Trainer Marco Rose vor dem Spiel gegen den Regionalli­gisten FC Oberneulan­d: „Das ist menschlich.“Eine „eigenartig­e“Situation sei das Ganze, sagte auch Kölns Trainer Markus Gisdol, dessen Verein den Viertligis­ten VSG Altglienic­ke vor 300 Zuschauern empfängt.

Die Zahlen der zugelassen­en Zuschauer variieren derweil extrem. Insgesamt werden es rund 35000 Zuschauer. Bei neun der 31 Spiele des Wochenende­s sind gar keine Besucher zugelassen, bei 16 weiteren maximal 500. In Mainz dürfen 1000 Zuschauer in die Arena, im Osten dagegen deutlich mehr: 2500 in Jena, 4632 in Chemnitz, 5000 in Magdeburg, 7500 in Rostock und sogar bis zu 10 000 in Dresden beim Spiel gegen den Hamburger SV.

Auch die Verteilung der Tickets bei kleinen Beständen ist höchst unterschie­dlich. Der FC Schalke 04 gibt seine 300 Karten für das Spiel gegen den FC Schweinfur­t 05 an Mitarbeite­r aus Gelsenkirc­hener Krankenhäu­sern und Seniorenhe­imen aus. Köln verlost seine unter allen Dauerkarte­n-Inhabern, die seit

März auf Rückzahlun­gen des Ticket-Werts verzichtet haben. Drittligis­t Duisburg lädt gegen Dortmund 20 Personen ein, die von der Corona-Pandemie in besonderem Maße betroffen sind. Bayer Leverkusen teilt die Karten unter Fans, Behinderte­n und deren Begleitern, Familien und Freunden der Spieler, Mitarbeite­rn und Partnern des Vereins auf. Gäste-Fans fehlen oft komplett.

Dennoch verzichten einige der Underdogs auf den größten Vorteil, der solche Märchen möglich macht. Der Fünftligis­t MTV Eintracht Celle beispielsw­eise trat sein Heimrecht an den Bundesligi­sten FC Augsburg ab. So ersparen sich die Amateure ein finanziell­es Risiko. 30000 bis 35000 Euro koste die Austragung eines Pokalspiel­s, rechnete Stefan Cohrs, Abteilungs­leiter Celles, vor. Die Reise nach Augsburg kostet inklusive Übernachtu­ngen rund 6000 Euro.

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Marco Rose

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