Feministisch, provokativ, komisch
Lisa Frühbeis’ Comic „Busengewunder“
Warum eigentlich gelten Haare auf der Brust bei Männern als supersexy, auf Frauenbeinen aber als Schönheitsmakel? Warum gibt es Büstenhalter aber keine Penishalter? Oder warum ist männlicher Exhibitionismus eine Straftat, weiblicher aber eine Ordnungswidrigkeit? Nur einige der Fragen, über die die Illustratorin Lisa Frühbeis immer wieder nachdenkt. Das Nachdenken hat dann oft zur Folge, dass die 33-Jährige zum Stift greift und ein Thema in Bilder fasst. So entstand eine Reihe von feministischen Comics, die unter dem Titel „Busengewunder“im Berliner Tagesspiegel, dann als Buch (Carlsen Verlag, 15 Euro) veröffentlicht wurden. Damit hat Frühbeis auf Anhieb die höchste deutsche ComicAuszeichnung, den Max-und- Moritz-Preis, sowie den Bayerischen Kunstförderpreis gewonnen.
Sehr persönlich gehalten sind diese 30 Episoden, in denen Lisa Frühbeis’ Alter Ego, eine junge Frau mit schwarzem Haarschopf, spitzer Nase und Ringel-Shirt, den Alltag auf seine männlich geprägten Denkmuster und Werte hin befragt. Etwa den gesellschaftlichen Druck, ab einem gewissen Alter schwanger zu werden und die Beobachtung, dass die männliche Deutungshoheit über den weiblichen Körper immer noch existiert. Oder „würde man einem alten Mann sagen, dass er einen fetten Arsch hat?“Mit Perspektivwechseln wie diesem oder der Frage, wie man es als Mann wohl fände, unter einem präspermalen Syndrom, zur Monogamie unfähigen Frauen und mit 50
Jahren beginnenden Hormonstörungen zu leiden, provoziert Frühbeis. Sie nimmt die Ungleichheit der Geschlechter nicht einfach hin, sondern hinterfragt und entlarvt sie in ihrer patriarchalen Prägung. Amüsant und erhellend zugleich gerät der Vergleich zwischen den Bezeichnungen für die männlichen und die weiblichen Genitalien. Kann es Zufall sein, dass die männlichen oft mit Gewaltwerkzeugen verglichen werden? Durch Humor in Wort und Bild macht Frühbeis ihre Themen zugänglich, ebenso dadurch, dass sie ihre Comics mit recherchierten Fakten in ausführlicheren Textelementen unterfüttert.
Mit Klischees räumt die Illustratorin, die in München geboren und aufgewachsen ist und seit ihrem Studium in Augsburg lebt, auch in ihren Zeichnungen auf. Schematisch, fast kindlich sind die Tusche-Umrisszeichnungen, die sie nachträglich signalhaft koloriert. Trotzdem gelingt es Frühbeis, mit wenigen Strichen eine reiche Gefühlspalette ihrer Figuren auszudrücken. Sie stellt Männer und Frauen skizzenhaft dar und verzichtet auf geschlechtsspezifische Zuschreibungen – wenn sie denn nicht karikiert werden. So sind Frauenbrüste bei Lisa Frühbeis keine überquellenden Fleischmassen, wie oft bei ihren männlichen Zeichnerkollegen, sondern einfache Halbkreise mit Pünktchen. „Ist es alles eine Frage der Perspektive?“sinniert sie und bringt damit auch ihre Leser(innen) zum Nachdenken. Virtuelle Lesung mit Lisa Frühbeis am Donnerstag, 26. November, um 19.30 Uhr unter www.friedensstadtaugsburg.de