Friseure: Mit Überstunden in den harten Lockdown
Der Andrang in den Salons war bis Dienstag noch riesig. Zwei Friseurmeisterinnen erzählen, in welcher Bredouille sie sich befanden
In sämtlichen Friseursalons in der Stadt brannte am Dienstagabend bis kurz vor Beginn der Ausgangssperre noch Licht. Innen wurde geschnitten, gesträhnt, gefärbt und geföhnt. Die Kundinnen und Kunden haben die Salons am letzten Tag vor dem harten Lockdown regelrecht gestürmt. Wer weiß schließlich, wann es wieder eine Chance auf einen neuen Haarschnitt gibt. Auch Karin Nagler und Funda Yaman haben zwei anstrengende Tage hinter sich. Die beiden Friseurmeisterinnen teilen sich einen Salon im Bismarckviertel und arbeiteten zuletzt im Akkord. Schon vergangenen Samstag liefen auf Naglers Handy die ersten aufgeregten Anfragen ein.
Kundinnen baten die 52-Jährige, noch Anfang der Woche vorbeikommen zu dürfen. Denn spätesam Sonntag war klar, dass auch Friseurbetriebe ab Mittwoch schließen müssen. Dabei war Karin Naglers Terminbuch schon proppevoll – wie immer vor Weihnachten. Wie ihre Kollegin Funda Yaman auch wählte die Augsburgerin gezielt aus, wer noch kurzfristig bei ihr auf dem Stuhl Platz nehmen konnte. „Ich versuchte diejenigen noch unterzubringen, die gefärbt werden müssen. Denn wenn die grauen Ansätze durchkommen, ist das für Frauen nicht schön.“Auch Yaman sagt, sie habe sich gut überlegt, wen von ihrer Kundschaft sie noch einschieben konnte. „Ich pickte die Männer und Frauen heraus, bei denen ich dachte, die schaffen es mit ihren Haaren für eine längere Zeit nicht“, berichtet die ebenfalls 52-Jährige. Froh sei sie um solche Kunden gewesen, die kurzfristig freiwillig verzichteten, weil sie sowieso nicht aus dem Haus gehen würden. „Mir tut es aber wahnsinnig leid um diejenigen, die nicht mehr drankommen konnten.“
Dabei hatten die Friseurmeisterinnen extra noch zusätzlich am Montag geöffnet. Allein Karin Nagler hat an den letzten beiden Tagen vor dem Lockdown rund 24 Kundinnen die Haare gefärbt und geschnitten. An Pausen war nicht zu denken. Die beiden Salonbetreiberinnen geben sich dennoch relativ entspannt. Vielleicht, weil sie inzwischen auch eine Art Fatalismus entwickelt haben. Anfang des Jahres sei die mentale Situation noch eine andere gewesen, meint Karin Nagler.
„Der erste Lockdown im Frühjahr kam überraschend. Das war schlimmer. Man hatte doch zuvor nie daran gedacht, dass so etwas mal passieren kann.“Jetzt, wo man die steigenden Infektionszahlen in den vergangenen Woche habe beobachtens ten können, sei man darauf innerlich vorbereitet gewesen. „Klar ist es blöd, aber was will man machen.“
Karin Nagler und Funda Yaman wollen die zwangsweise freie Zeit nun mit ihren Familien genießen. Eine Art Luxus, denn normalerweise ist diese Zeit für die Friseurinnen alles andere als stad. Nagler will sich zudem mit Online-Kursen weiterbilden. Auch Funda Yaman hat keine Sorge, dass es ihr in den nächsten Wochen langweilig werden könnte. Sie möchte mit ihren Kindern Monopoly und Scrabble spielen, puzzeln und stricken, sagt sie. „Vier Wochen sind ja okay. Aber sollte der Lockdown länger dauern, werde ich mir noch etwas anderes überlegen.“Sich sozial zu engagieren, käme für sie in Frage. Freie Zeit hin, freie Zeit her – eines steht fest: Sobald der Lockdown aufgehoben wird, werden bei Yaman und Nagler erneut die Anfragen der Kundschaft geballt eingehen. Karin Nagler erinnert sich ans Frühjahr zurück.
„Nach dem Lockdown haben wir einen Monat lang wie die Kesselputzer gearbeitet. Auch nach diesem werden wir sicherlich wieder überrollt.“