Arbeitnehmer fürchten weitere Einschnitte
Manche Beschäftigte müssen 2021 wohl neben Kurzarbeitergeld zusätzliche Änderungen hinnehmen. Firmen planen unter anderem, dass Urlaubstage gestrichen werden sollen. Ist Corona nur ein Vorwand?
Corona hat vielen Augsburger Firmen und damit auch deren Beschäftigten hart zugesetzt. Bislang gab es dennoch keine größeren Entlassungswellen, was in vielen Fällen dem Instrument der Kurzarbeit geschuldet ist, sagen Arbeitsmarktexperten. In Augsburg nutzten laut Agentur für Arbeit im November 3428 Firmen dieses Hilfsmittel. Manche Unternehmen haben schon eine Verlängerung der Maßnahmen angemeldet.
Angesichts des nun geltenden harten Lockdowns bis mindestens 10. Januar stellen sich viele jedoch die Frage, wie lange die Kurzarbeit Arbeitsstellen sichern kann. „Einen dritten Lockdown werden manche nicht überleben“, schätzt Michael Leppek von der IG Metall Augsburg. Auch Vertreter der IHK fordern eine schnelle Auszahlung der vom Staat zugesagten Finanzhilfen, sollen Firmen vor dem Aus bewahrt werden. Betroffen seien Unternehmen verschiedener Branchen. Jüngstes Beispiel ist aktuell wohl der Handel.
Gewerkschafter Michael Leppek sagt, ihm sei bewusst, wie schwierig die Lage für viele Unternehmen wirtschaftlich sei. Gewerkschaft und Arbeitnehmer seien daher auch zu weiteren Zugeständnissen bereit. Allerdings unter der Voraussetzung, man nutze Corona nicht nur als Vorwand, finde gemeinsam Wege durch die Krise und bekäme sie nicht nur aufgedrückt.
Leppek spielt darauf an, dass in einigen Unternehmen aus dem Zuständigkeitsbereich der IG Metall, die von der Krise stark betroffen sind, derzeit versucht wird, zusätzliche Einsparpotenziale bei den Personalkosten zu finden, ohne Rücksprache mit Betriebsrat oder Belegschaft zu halten. So würde unter anderem versucht, Weihnachts- und Urlaubsgeld zu kürzen oder ganz zu streichen oder die Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden zu erhöhen – ohne Lohnausgleich.
Mitarbeiter, die sich krank meldeten, erhielten teils nur das Kurzarbeitergeld als Lohnfortzahlung und auch der Beratungsbedarf zu Aufhebungsverträgen steige. Immer wieder fehlten den Angeboten der Aufhebungsverträge aber konkrete und faire Entgegenkommen wie Abfindungen oder Ähnliches.
weiteres Mittel der Zeit schildern unserer Redaktion Beschäftigte: Für das kommende Jahr soll der Urlaub gekürzt werden. Die Begründung: Wegen Kurzarbeit würde weniger gearbeitet, damit sei auch weniger Erholung nötig. Ein konkreter Fall ist Silke Klos-Pöllinger, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Augsburg, zwar in ihrem Zuständigkeitsbereich aktuell nicht bekannt, allerdings hat der DGB bundesweit bereits auf solche Vorgehen reagiert und klargestellt, dass er dies für nicht rechtskonform hält.
„Arbeitgeber berufen sich auf ein
Urteil des Europäischen Gerichtshofs, aufgrund dessen Urlaubskürzungen wegen Kurzarbeit zulässig sind. Doch aus Sicht des DGB ist dieser Ausgangsfall nicht eins zu eins auf die jetzige Lage übertragbar“, so Silke Klos-Pöllinger. Während Urlaub frei planbar sei, sei das mit Kurzarbeitertagen vielfach nicht so, argumentiert die Arbeitnehmervertreterin weiter. Sie rät Beschäftigten daher, sich bei entsprechenden Fällen an den Betriebsrat oder die Gewerkschaft zu wenden.
Immer wieder betonen die Gewerkschaftsvertreter, dass man die angespannte Lage der Unternehmen in stark betroffenen Branchen ernst nehme und Entgegenkommen zeigen wolle. Dennoch habe man in einigen Fällen den Verdacht, dass Corona als Vorwand verwendet wird, um Maßnahmen durchzusetzen, die man schon vor der Pandemie wegen des Strukturwandels im Blick hatte, sich aber nicht herangetraut hatte.
„In den Fällen, in denen gemeinsam nach Lösungen gesucht wurde, gab es meist Ergebnisse, die am Ende jeder akzeptieren konnte“, so Michael Leppek. In manchen Firmen sei das Vorgehen aber aus seiEin ner Sicht trotz aller Probleme unverhältnismäßig. Silke Klos-Pöllinger hat zudem den Eindruck, dass eher in Betrieben und Unternehmen ohne oder mit nur schwachem Betriebsrat versucht wird, entsprechende Maßnahmen durchzusetzen.
Immerhin: Die Corona-Krise kennt nicht nur Verlierer. Die Baubranche beispielsweise zeigt sich laut Handwerkskammer weiter robust. Branchen wie die IT gehören gar zu den Gewinnern. Das hat positive Folgen für die Beschäftigten. Sie müssen wohl seltener um Sonderleistungen oder ihre Urlaubstage bangen.