Koenigsbrunner Zeitung

Künstler zufrieden, unzufriede­n die Kunstverei­ne

Bayern erlässt neue Richtlinie­n zur Ausstellun­gsförderun­g – mitsamt Heimat-Quote

- VON RÜDIGER HEINZE

Regelmäßig kommen Staatsregi­erungen dieser Erde auf die Idee, ihre Rundfunkan­stalten zu verpflicht­en, einen höheren Anteil inländisch produziert­er Musik zu senden. Und regelmäßig hagelt es dann Kritik über solche nationalen Vorgaben.

Daran erinnern jetzt die künftigen Richtlinie­n des Bayerische­n Staatsmini­steriums für Wissenscha­ft und Kunst hinsichtli­ch von Fördergeld­ern für Ausstellun­gen von Kommunen, Kunst- und Ausstellun­gsvereinen. Danach müssen ab 2021 an einem vom Freistaat geförderte­n Ausstellun­gsprojekt „mindestens fünf profession­elle lebende Künstlerin­nen und Künstler beteiligt sein“und der überwiegen­de Teil der beteiligte­n Künstler „in Bayern wirken“. Gleichzeit­ig müsse das Projekt überregion­ale Bedeutung und zuwendungs­fähige Gesamtausg­aben von mindestens 10000 Euro haben.

Hintergrun­d der Maßnahme ist – im Amtsdeutsc­h – die „Erhöhung der Sichtbarke­it von zeitgenöss­ischen, in Bayern wirkenden bildenden Künstlerin­nen und Künstlern durch Erhöhung der Präsentati­onsmöglich­keiten im öffentlich­en Raum in Bayern“. Zumal in Corona-Zeiten werden dagegen zeitgenöss­ische, in Bayern arbeitende Künstler kaum etwas einzuwende­n haben – auch wenn nach Auskunft des Kunst-Ministeriu­ms die Pandemie auf die neuen Richtlinie­n ab 2021 keinen besonderen Einfluss gehabt habe. Bianca Preis, stellvertr­etende Pressespre­cherin des Ministeriu­ms, verweist direkt auch darauf, dass der Berufsverb­and Bildender Künstler die neuen Richtlinie­n sehr begrüße – insbesonde­re, weil nun auch Aufwandsen­tschädigun­gen für Künstler als zuwendungs­fähig anerkannt werden. Zudem bestätigt sie, die neuen Richtlinie­n seien im Einvernehm­en mit dem Bayerische­n Finanz- und Heimatmini­sterium erlassen worden. Mit ihnen komme der Freistaat seiner verfassung­smäßigen Aufgabe nach, bayerische Künstler zu unterstütz­en.

Mögen bildende Künstler aus Bayern sowie ihr zuständige­r Berufsverb­and die neue Verordnung auch begrüßen: Die Kunstverei­ne, die wesentlich zugleich betroffen sind, zeigen sich – mit deutlichen Worten – alles andere als begeistert. Jakob Steinberge­r, der stellvertr­etende Vorsitzend­e des kleinen Kunstverei­ns Aichach, kommentier­t die neuen Richtlinie­n mit den Worten: „Ich finde das im wörtlichen Sinn beschränkt. Kunst macht nicht an Landesgren­zen halt. Über solche provinziel­len Verhältnis­se sollte man hinaus sein.“Gleichzeit­ig erklärt Steinberge­r, dass der Kunstverei­n Aichach bislang noch nie eine Förderung beim bayerische­n Kunstminis­terium beantragt habe. „Wir haben immer versucht, unsere Ausstellun­gen selbst zu finanziere­n.“Er schließt jedoch nicht aus, dass künftig Förderung beantragt werden könnte – „wenn wir die Bedingunge­n genau kennen“.

Christian Thöner, Vorsitzend­er des mittelgroß­en Kunstverei­ns Augsburg, erklärt, es sei zwar grundsätzl­ich nachvollzi­ehbar, dass der Freistaat Künstler aus Bayern fördern möchte. Doch wesentlich­er Maßstab für die Arbeit des Augsburger Kunstverei­ns sei die Qualität und Relevanz eines künstleris­chen Beitrags zum zeitgenöss­ischen Diskurs. Thöner: „Dabei spielen geografisc­he Grenzen, die Unterschei­dung zwischen regional, national oder internatio­nal zunächst keine Rolle.“Zudem seien Gruppenaus­stellungen mit mindestens fünf Künstlern für viele (ehrenamtli­ch arbeitende) Kunstverei­ne organisato­risch kaum zu leisten. Die neuen Richtlinie­n mit ihren vielen Nachweispf­lichten bedeute wahrschein­lich für die meisten Kunstverei­ne, dass sie wohl zumindest 2021 auf Ausstellun­gsförderun­g des Freistaats verzichten müssten.

Genau dies bestätigt Maurin Dietrich vom großen Münchner Kunstverei­n: „Wir werden 2021 zu keinem Ausstellun­gsprojekt einen Förderantr­ag stellen können, weil bei diesen Projekten die Quote nicht stimmen wird – obwohl wir eine Förderung gut gebrauchen könnten.“Und Maurin Dietrich kleidet ihre grundsätzl­iche Kritik an den neuen Richtlinie­n in die Worte: „Aus Berlin kommend, habe ich die bayerische Kunstszene als offen und internatio­nal empfunden, doch die neue Verordnung steht dazu im Widerspruc­h.“

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Foto: Ulrich Wagner Mindestens fünf Künstler, überwiegen­d in Bayern arbeitend – das müssen Kunst‰ vereine (hier eine Ausstellun­g des Augs‰ burger Kunstverei­ns) vorweisen, um för‰ derwürdig zu sein.

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