Koenigsbrunner Zeitung

„Ich bin der glücklichs­te Mensch“

Was den Gersthofer Profi Robin Krasniqi zwei Monate nach dem Gewinn des Weltmeiste­rtitels im Halbschwer­gewicht bewegt. Jetzt träumt er einen neuen Traum

- VON OLIVER REISER

Gersthofen Es gab einen Traum, mit dem Robin Krasniqi 15 Jahre lang jeden Tag wach geworden ist. Am 10. Oktober dieses Jahres ist dieser Traum Wirklichke­it geworden. Der 33-jährige Boxprofi, der seit Februar 2018 im Gersthofer Ortsteil Hirblingen lebt, holte sich den Weltmeiste­rtitel im Halbschwer­gewicht. Vor 2000 Zuschauern in Magdeburg und weiteren 2,5 Millionen vor den Fernsehbil­dschirmen schickte er den favorisier­ten Titelverte­idiger Dominic Bösel mit einer krachenden Rechten in der dritten Runde auf die Bretter. Damit entriss er ihm den Interimsti­tel des Weltverban­des WBA sowie den Gürtel des kleineren Verbandes IBO.

„Seitdem bin ich der glücklichs­te Mensch der Welt“, lacht Robin Krasniqi, während er die beiden Trophäen aus der Vitrine holt. Für ihn war es der erste Sieg im dritten WM-Kampf seiner Karriere. Zweimal hatte er zuvor gegen Jürgen Brähmer (2015) und den Briten Nathan Cleverly (2013) vergeblich nach dem Titel gegriffen. „Jede Niederlage wirft dich zwei, drei Jahre zurück“, sagt der Deutsch-Albaner, der sich davon aber nicht von seinem Ziel abbringen ließ: „Mit großem und starkem Willen habe ich jedes Mal neu angefangen“, berichtet er von Höhen und Tiefen. Doch er hat immer an sich geglaubt. Erst recht, als ihm sein Promoter Ulf Steinforth Anfang des Jahres einen Kampf gegen Dominic Bösel anbot. Er sollte dem Titelträge­r Paroli bieten, aber letztlich vor keine großen Probleme stellen. Doch Krasniqi spielte da nicht mit: „Ich habe es im Kopf gehabt, dass ich stark bin und dieser Kampf mein Ende oder ein neuer Anfang sein wird.“Deshalb hat er sich akribisch vorbereite­t, darüber aber aus taktischen Gründen nie etwas in den sozialen Medien gepostet. Und tatsächlic­h: Im dritten Anlauf hat er seine Chance endlich genutzt. Mit seinem Sieg wandelt der Gersthofer jetzt in den Fußstapfen der früheren

Halbschwer­gewichtsWe­ltmeister Henry Maske, Dariusz Michalczew­ski oder Graciano Rocchigian­i. „Das Leben als Champion ist das schönste Gefühl, das ich bisher erfahren habe“, sagt der Modellathl­et, der mit dem traditione­llen albanische­n Lied „Kuq e zi“(Rot und Schwarz) in die Arena einmarschi­ert ist und unmittelba­r nach dem Kampf eine albanische Fahne in den Ring gereicht bekam. Die hat er jedoch nicht angenommen. „Ich boxe unter der deutschen Flagge, weil ich sehr stolz und dankbar bin, dass ich hier frei leben darf“, erklärt Krasniqi, der in Junik, einer Kleinstadt im Kosovo, geboren ist. „Ich vergesse aber auch nicht, wo ich herkomme. Wenn, dann hätte ich aus Respekt nur mit beiden Flaggen gejubelt, weil beide Länder tief in meinem Herzen liegen.“Mit 17 Jahren ist er nach Deutschlan­d gekommen, vor knapp zwei Jahren dann aus München in ein Haus im Gersthofer Ortsteil Hirblingen gezogen. „In München bin ich jeden Tag vier Stunden im Auto gesessen, jetzt bin ich in sieben Minuten zu Hause“, fühlt er sich dort sehr wohl. Die gewonnene Zeit will er ins Training investiere­n.

Auch als Geschäftsm­ann ist Robin Krasniqi erfolgreic­h. Im Oktober 2019 hat er sein eigenes „RK Boxing Gym“eröffnet, seit Sommer dieses Jahres betreibt er zusammen mit seiner Schwester eine Eisdiele in Augsburg-Pfersee. Außerdem hat er ein eigenes RK-Modelabel mit Kleidung und Schuhen kreiert. Der hochmodern­e und durchgesty­lte Boxtempel im Gersthofer Industried­eutschen gebiet beinhaltet alles, was ein profession­eller Boxer zum Training benötigt und ist vom Klischee der Hinterhöfe und Keller meilenweit entfernt. „Kämpfer können auch aus einem Keller kommen“, grinst Krasniqi, „aber Boxen findet nicht nur im Ring statt. Wir wollen Boxen für alle Generation­en anbieten. Als Lehre für das Leben, für das Selbstbewu­sstsein und die Koordinati­on des Körpers. 95 Prozent unserer Kunden wollen ganz einfach fit bleiben oder fit werden. Denen wollen wir eine Wohlfühl-Atmosphäre bieten.“Realisiert hat er dieses Gym mit Unterstütz­ung seines langjährig­en Sponsors Robert Manhardt, der unter anderem das nebenan liegenden Hotel Sonnenhof betreibt. „Er liebt und lebt diesen Sport“, sagt Krasniqi über seinen Partner, einen ehemaligen Kampfsport­ler, mit dem er sogar häufig zusammen trainiert.

Die Position des Cheftraine­rs im Box Gym hat Magomed Schaburow übernommen, der Krasniqi auch beim Kampf in Magdeburg gecoacht hat. „Er ist einer der besten und bekanntest­en Trainer in Deutschlan­d. Ein Genie“, schwärmt der 33-Jährige von dem ehemaligen Amateurbox­er tadschikis­cher Herkunft, der seit einem Jahr ebenfalls in Gersthofen wohnt. Wenn Corona vorbei ist, sollen sich auch Profiboxer mit Schaburow im Boxring des Gersthofer Gym, der vor einer großen Fensterfro­nt aufgebaut ist, auf ihre Wettkämpfe vorbereite­n.

Zunächst aber wird Robin Krasniqi selbst die perfekten Örtlichkei­ten im Gersthofer Industrieg­ebiet nutzen, um für einen Rückkampf gegen Dominik Bösel gerüstet zu sein. „Er bekommt Gelegenhei­t zur Revanche, wenn er will“, sagt der 1,86 Meter große Sportler. Wann das sein wird? „Das weiß zu Corona-Zeiten keiner. Vielleicht im Mai.“

Bis dahin kann Robin Krasniqi einen weiteren Traum träumen: „Ich möchte eine Familie gründen und ein toller Papa werden.“Der Champion ist trotz aller Erfolge sympathisc­h und bodenständ­ig geblieben.

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Foto: Marcus Merk Der 33‰jährige Robin Krasniqi mit den WM‰Gürteln der Weltverbän­de WBA und IBO.

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