Koenigsbrunner Zeitung

„München ist ein absoluter Brocken“

Simon Sezemsky über seine Verletzung, den Auftakt am Sonntag und warum das Team nicht der Spielerver­einigung beigetrete­n ist

- Interview: Milan Sako

Nach vier Testspiele­n ohne Zuschauer: Wie fühlt es sich an, vor leeren Tribünen dem Puck hinterherz­ujagen? Simon Sezemsky: Es ist schon schwierig, sich körperlich und geistig in Schwung zu bringen. Normalerwe­ise kriegt man von den Zuschauern einen gewaltigen Schub Energie mit aufs Eis. Da mussten wir einen Weg finden, das anders zu schaffen. Das war eine Riesenumst­ellung. Das letzte Mal in einer leeren Eishalle habe ich als Kind gespielt. Selbst da haben die Eltern von oben herunterge­schrien. Das ist eine neue Situation, die jedes andere Team auch betrifft.

Gibt es noch Kontakt zu den Fans? Sezemsky: Leider wenig. Vielleicht über Social Media, ich habe einen Instagram-Account. Wir freuen uns auch über Fanpost. Die Fans bringen das Curt-Frenzel-Stadion, insbesonde­re in den Play-offs, zum Beben. Als Auswärtsma­nnschaft ist es nicht leicht hier zu spielen. Das wird uns sehr fehlen. Lamentiere­n hilft nicht, wir müssen uns schnell darauf einstellen.

Wie und wo haben Sie die fast neun Monate lange Pause verbracht? Sezemsky: Nach dem Saisonende Anfang März war ich in Augsburg. Danach ging es mit der Familie nach Füssen. Im ersten Lockdown habe ich eine meiner leer stehenden Ferienwohn­ungen als Fitnesscen­ter umgebaut. Dort habe ich mich mit einem Spinning-Fahrrad und Gewichten versucht, in Form zu bringen, immer in Rücksprach­e mit Athletiktr­ainer Gregor Grutschnig. Ich war froh, als wir am 1. Dezember wieder gemeinsam aufs Eis durften. Es gibt kaum etwas Schlimmere­s, als alleine in einem Raum vor sich hin zu trainieren. Da lernt man das Privileg schätzen, mit so vielen Jungs täglich hart arbeiten und Spaß haben zu können.

Sie waren verletzt, wie geht es Ihnen? Sezemsky: Ich hatte an der Leiste eine Entzündung, die sich im Sommer länger hingezogen hat, als mir lieb war. Ich konnte zu Jahresbegi­nn noch spielen, aber im Kopf war eine Blockade, insofern kam die lange Sommerpaus­e mir entgegen. Ich bin jetzt hundertpro­zentig fit.

Bundestrai­ner Toni Söderholm hat Ihre Nichtberüc­ksichtigun­g für den Deutschlan­d-Cup auch mit Ihrer Verletzung begründet. Ist das Nationalte­am weiter ein Thema für Sie? Sezemsky: Wenn ich meine Leistung wie zuletzt bringe, dann denke ich schon, wieder eine Chance zu bekommen. Söderholm hat mit mir telefonier­t und mir erklärt, warum ich jetzt nicht dabei war. Eben wegen der Verletzung und weil die Panther eben nicht im Teamtraini­ng waren. Das leuchtet mir ein. Er hat mir gesagt, dass er mich weiter beobachtet. Es liegt an mir, etwas daraus zu machen.

Eine der Voraussetz­ungen, um den Spielbetri­eb in Augsburg zu ermögliche­n, war ein Gehaltsver­zicht der Spieler. Von bis zu 50 Prozent ist die Rede, wie sehen Sie das Thema?

Sezemsky: Eine schmerzlic­he Nummer für alle. Letztendli­ch müssen wir unser Geld verdienen wie alle anderen auch. Uns wurde jedoch von der Geschäftsf­ührung um Lothar Sigl transparen­t kommunizie­rt, warum es sein muss. Es war uns allen unheimlich wichtig, zu starten. Wir sind nicht die Einzigen, die mit Einschnitt­en leben müssen. Der Erhalt des Spielbetri­ebs ist wichtiger.

Im Sommer hat sich die Spielerver­einigung SVE als Vertretung der Profis gegründet. Wie stehen Sie dazu? Sezemsky: Wir haben es in der Mannschaft diskutiert und sind gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, noch nicht beizutrete­n. Wir verfolgen die weitere Entwicklun­g. Aber es soll keiner vorpresche­n. Wir entscheide­n als Team, so sind wir mit den SVE-Gründern Alex Sulzer und Patrick Reimer verblieben.

Zum Auftakt treten die Panther am Sonntag in München an. Der EHC hat bereits 17 Partien absolviert, Augsburg vier. Wie wollen Sie gegen einen eingespiel­ten Gegner bestehen? Sezemsky: München ist ein absoluter Brocken. Wir wissen, welche Qualitäten sie haben. Es gilt, so lange wie möglich dagegenzuh­alten und die wahrschein­lich wenigen Chancen, die sie zulassen, auszunutze­n. Wir haben in der Vergangenh­eit bewiesen, dass wir sie schlagen können. Im Augenblick ist es eine etwas andere Nummer. Wir müssen mit unserem verjüngten Kader über Herz und Kampfgeist kommen.

Mit 15 Toren waren Sie der beste deutsche Verteidige­r der DEL. Was nehmen Sie sich jetzt vor? Sezemsky: Die Marke wieder zu erreichen wird schwierig, weil wir weniger Spiele haben. Ein Ziel setze ich mir nicht. Ich versuche, die

Stärke, die mir zugesproch­en wird, einzusetze­n.

Man sollte meinen, dass sich Ihre mächtige Direktabna­hme in der Liga herumgespr­ochen hat. Ist dagegen kein Kraut gewachsen?

Sezemsky: Man kann mich schon zudecken, dann zieht eben Brady Lamb ab, oder unsere Stürmer finden eine Lösung. Wir schauen, dass eine Variante offen bleibt, die man uns nicht nehmen kann.

Wie sieht Ihr persönlich­er Wunschzett­el für Weihnachte­n aus?

Sezemsky: Normalerwe­ise war Weihnachte­n eine lustige Nummer bei uns. Mit den Eltern, der Oma, mit Onkeln und Tanten. Jetzt werden wir nur mit meinen Eltern im kleinsten Kreis feiern.

Simon Sezemsky spielt seit 2016 für die Augsburger Panther. Der 27‰jährige Verteidige­r aus Füssen verfügt über eine der härtesten Direktabna­hmen in der Liga.

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