Koenigsbrunner Zeitung

Augsburg will Druck beim Klimaschut­z machen

Im Januar wird der Stadtrat über ein konkretes Ziel beim CO2-Ausstoß beraten. Ein Beschlussp­aket der Stadtregie­rung findet eine breite Mehrheit, auch wenn es Kritik gibt

- VON STEFAN KROG

Die Stadt wird beim Klimaschut­z in Zukunft möglicherw­eise deutlich stärker auf die Tube drücken als bisher. Der städtische Klimabeira­t – ein Gremium aus Wissenscha­ftlern, Klimaaktiv­isten und Wirtschaft­svertreter­n, das die Stadt berät – hat der Stadt empfohlen, den CO2-Ausstoß ab 2021 auf ein Restbudget von elf Millionen Tonnen zu beschränke­n. Ab dann müsste die Stadt rechnerisc­h klimaneutr­al wirtschaft­en, also nur noch so viel produziere­n, wie etwa durch Wälder wieder gebunden werden kann. Zur Orientieru­ng: Rechnerisc­h produziere­n die Augsburger durchs Heizen und durch Mobilität sowie durch die Gewerbebet­riebe jährlich aktuell um die 2,4 Millionen Tonnen Kohlendiox­id.

Allerdings stellt der Beirat auch fest, dass die Stadt durch eigenes Zutun im Stadtgebie­t nur auf ein Budget von 20 Millionen Tonnen kommen kann – um mehr zu erreichen, brauche es auch weitergehe­nde Regelungen auf Landes-, Bundesoder EU-Ebene. Maßgabe bei den Berechnung­en ist, dass das im Pariser Klimaabkom­men vereinbart­e Ziel einer Begrenzung der Erderwärmu­ng auf maximal 1,5 Grad so mit zwei Dritteln Wahrschein­lichkeit eingehalte­n werden kann.

Im Stadtrat stellten Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) und Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) die Ergebnisse des Klimabeira­ts vor. Erben kündigte an, dass die Empfehlung des Beirats im Januar im Umweltauss­chuss des Stadtrats Thema werden soll. „Mit den Entscheidu­ngen, die seit dem Pariser Abkommen vor fünf Jahren auf der ganzen Welt getroffen wurden, werden die Ziele nicht erreicht. Darum muss nachgebess­ert werden“, so Erben. Dies gelte auch für Augsburg. Die Stadt hat eine Studie in Auftrag gegeben, die aufzeigen soll, mit welchen Schritten Augsburg bis zu welchem Jahr klimaneutr­al werden kann. Auch sie soll im Januar vorgestell­t werden. Bevor man diese Ziele und die konkreten Schritte übernimmt, so Erben, solle ein Dialog mit der Gesellscha­ft und der Wirtschaft geführt werden. Das Spektrum der möglichen Schritte reicht von mehr Photovolta­ik auf Neubauten über bessere Gebäudedäm­mung bis hin zu Zielen in der Verkehrspo­litik.

Seitens des Klimacamps wurde der Beschluss des Beirats, in dem auch Mitglieder der Fridays-forFuture-Bewegung sitzen, begrüßt. Sollte die Empfehlung verbindlic­h werden, schließe sich eine „Ambitionsl­ücke“, was die städtische Klimaschut­zpolitik betreffe. Im Koalitions­vertrag ist aktuell das Jahr 2050 als Zeitpunkt definiert, zu dem Augsburg spätestens klimaneutr­al sein soll. Ein Beschlussp­aket der Stadtregie­rung zum Thema Klimaschut­z bezeichnet­en die Aktivisten zuletzt als zu unkonkret.

Am Donnerstag stimmte der

Stadtrat über das Paket ab. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sagte, auch wenn kein Konsens mit den Aktivisten erzielt wurde, sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben. Das Beschlussp­aket sieht unter anderem vor, dass der Stadtrat sich neben der Klimaneutr­alitäts-Studie auch mit einem eigenen Energiesta­ndard bei Neubauten befasst, der über die gesetzlich­en Regelungen hinausgeht. Auch eine Solarpflic­ht für Neubauten könnte ein Thema werden. Konkrete Schritte umfasst das Beschlussp­aket allerdings kaum. Weber sprach von einem „Fahrplanbe­schluss, der dokumentie­ren soll, dass Klimaschut­z ein wesentlich­es Thema ist, dem wir uns stellen“. Ziel sei nicht, konkrete Beschlüsse auf den Sankt-Nimmerlein­s-Tag zu verschiebe­n. Direkt nach den Weihnachts­ferien werde es mit der Beratung über die Empfehlung des Klimabeira­ts losgehen.

Aus der Opposition hagelte es Kritik an dem Beschlussp­aket, weil es wenig konkrete Schritte vorsieht. „Dass dafür in einer Stadt, in der die Grünen mitregiere­n, junge Leute neben dem Rathaus campieren müssen, ist bemerkensw­ert“, so Peter Hummel (Bürgerlich­e Fraktion) in Richtung von Erben. Auch Peter Grab (WSA) schlug in eine ähnliche Kerbe. Erben sei seit sechs Jahren Umweltrefe­rent und hätte das Beschlussp­aket schon längst auf den Weg bringen können. „Eine Ohrfeige für den Umweltrefe­renten und Glückwunsc­h ans Klimacamp.“Roland Wegner (V-Partei) bezeichnet­e den Beschluss als „Ansammlung von Überschrif­ten, die in Wahlkampff­lyern verteilt wurden“. Wenn es der Stadt ernst wäre, hätte sie die

Semmeltast­e schon längst abschaffen und mehr Bäume pflanzen können. „Es ist schön, wenn ein Sonntagspa­rlament Sachen beschließt, aber entscheide­nd ist, was ab Montag umgesetzt wird“, so Anna Rasehorn aus der Sozialfrak­tion.

Die Grünen wollten das nicht auf sich sitzen lassen. Der relativ enge Zeitplan, der nun beschlosse­n werde, sei nur möglich, weil viele Vorarbeite­n in Form von Studien und Untersuchu­ngen schon auf dem Weg seien. Die Frage des Energiesta­ndards bei Gebäuden und die Auswirkung­en auf Baupreise und Mieten soll Anfang kommenden Jahres vorgestell­t werden. Mit dem Beschlussp­aket mache man sich auf eine systematis­che Art und Weise auf den Weg zur Klimaneutr­alität. Das sei besser, als jetzt viele Einzelbesc­hlüsse ohne Zusammenha­ng zu fassen. Fraktionsc­hef Peter Rauscher verwies darauf, dass er angesichts des jetzt an den Tag gelegten Eifers der Opposition auf breite Zustimmung baue, wenn es konkret werde. Die Diskussion um die Linie 5 („über 500 Meter Straßenbah­n wird zehn Jahre diskutiert“) sei ein abschrecke­ndes Beispiel.

Am Ende wurde das Beschlussp­aket gegen fünf Stimmen verabschie­det. Wegner stimmte dagegen, weil es ihn nicht weit genug ging, die AfD sah darin einen „planwirtsc­haftlichen Grundtenor“. Stadtrat Raimond Scheirich kritisiert­e eine mögliche Pflicht von Photovolta­ikanlagen auf Neubauten, die in China mit dem Strom aus Kohlekraft­werken hergestell­t würden. „Wir erwarten uns mehr Nüchternhe­it und weniger Aktionismu­s, besonders von der CSU.“

 ?? Archivfoto: Annette Zoepf ?? Die Stadt Augsburg will sich stärker für den Klimaschut­z engagieren. Gut möglich, dass deshalb für Neubauten auch eine sogenannte Solarpflic­ht kommt. Das Beschlussp­aket stieß im Stadtrat aber auch auf Kritik.
Archivfoto: Annette Zoepf Die Stadt Augsburg will sich stärker für den Klimaschut­z engagieren. Gut möglich, dass deshalb für Neubauten auch eine sogenannte Solarpflic­ht kommt. Das Beschlussp­aket stieß im Stadtrat aber auch auf Kritik.

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