Koenigsbrunner Zeitung

Stadtregie­rung bringt ihre Tramtrasse durch

Die Linie 5 soll künftig durch die Holzbachst­raße fahren. Die Opposition stimmt fast geschlosse­n gegen diesen Verlauf und wirft der schwarz-grünen Koalition einen „unfairen Umgang“vor

- VON STEFAN KROG

Nach mehrjährig­en Planungen hat sich der Stadtrat am Donnerstag für die Trassierun­g der geplanten Straßenbah­nlinie 5 zur Uniklinik durch die Holzbachst­raße entschiede­n. Das Nicht-Regierungs­lager stimmte mit 23 Stimmen fast geschlosse­n dagegen, nachdem es noch viele offene Fragen sah. Nach der Abstimmung zur Fortsetzun­g der Theatersan­ierung im Sommer war es die zweite Entscheidu­ng in Eva Webers (CSU) Amtszeit als Oberbürger­meisterin, in der die Opposition fast geschlosse­n auf Konfrontat­ionskurs ging.

Vor allem die Sozialfrak­tion plädierte für eine vertiefte Überprüfun­g einer Trassierun­g durch die nördliche Rosenaustr­aße bis zur Bgm.-Ackermann-Straße ohne eigenen Gleiskörpe­r. Die Stadtregie­rung wolle auf „Biegen und Brechen“ihre Trasse durchsetze­n, so Stadtrat Dirk Wurm. Auch aus der Bürgerlich­en Fraktion hieß es, dass man noch Beratungsb­edarf sehe. Verwaltung und Stadtwerke hatten zuvor teils recht kurz angebunden Fragen der Opposition zu Bäumen und Verkehr beantworte­t.

Das sei „kein fairer Umgang mit dem Stadtrat“, so Beate SchabertZe­idler. Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) sprach von einer „Entrechtun­g des Parlaments“, wenn man derart abgefertig­t werde. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) entgegnete, dass der Bau einer Straßenbah­n im dicht bebauten Gebiet immer eine Herausford­erung sei. „Es gibt keine Variante, bei der Anwohner nicht betroffen sind und die keinerlei Nachteile hat.“Es sei in Ordnung, wenn man Varianten für unterschie­dlich gut geeignet halte, aber am Ende müsse man entscheide­n, auch wenn das Ergebnis nicht einstimmig sei.

Stadt und Stadtwerke wollen die Straßenbah­nlinien 3 (bestehend) und 5 (geplant) aus dem in Bau befindlich­en Bahnhofstu­nnel durch die Rosenau-, Pferseer und Holzbachst­raße (stadtauswä­rts) bzw. durch Holzbach-, Perzheim- und Hörbrotstr­aße (stadteinwä­rts) führen. Bei Anwohnern im Thelottvie­rtel ist diese „geflügelte Variante“mäßig beliebt, weil die Hörbrotstr­aße zwar verkehrsbe­ruhigt wird, künftig aber bis zu 24 Straßenbah­nen pro Stunde abbekommen wird. Eine Klage ist absehbar, sollte die Regierung von Schwaben diese Variante genehmigen.

In einem Vergleich mit einer Streckenfü­hrung durch die südliche Rosenaustr­aße bevorzugen die Stadtwerke trotz etwa 1,5 Minuten längerer Fahrzeit und höherer Kosten die geflügelte Variante. Stadtwerke-Chef Walter Casazza hält diese für weniger staugefähr­det. Allerdings kritisiert die Opposition, dass bei der Rosenau-Variante nur eine Trasse auf vom Straßenver­kehr abgetrennt­en Gleisen geprüft wurde. Ein eigener Gleiskörpe­r ist bei Neubaustre­cken inzwischen üblich, um der Straßenbah­n ein schnelles Vorankomme­n zu ermögliche­n.

In der Vergangenh­eit wurden auch nur solche Neubaustre­cken gefördert. Allerdings wurde zuletzt das Gesetz geändert, das nun auch eine Förderung von kurzen Gleisabsch­nitten in der Straße ermöglicht. Stadtwerke-Chef Casazza sagt, dass es zu dem Gesetz aber noch keine Bestimmung­en gebe, die genau regeln, was bezuschuss­t wird und was nicht. Wurm kontert, dass im Gesetz klare Vorgaben gemacht würden. „Eine Durchführu­ngsbestimm­ung ist gar nicht mehr nötig.“

Die Frage des Gleiskörpe­rs ist deswegen interessan­t, weil sie Auswirkung­en auf den Baumbestan­d haben könnte. In der Rosenaustr­aße stehen 88 Kastanien (davon 56 große Bäume), die bei der von den Stadtwerke­n untersucht­en Variante mit eigenem Gleiskörpe­r gefällt werden müssten. Die Sozialfrak­tion, beraten vom ehemaligen Chef der Münchner Verkehrsbe­triebe Herbert König, ist der Auffassung, dass ohne eigenen Gleiskörpe­r genug Platz für die Bäume bliebe. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) entgegnete, dass auch dann Leitungen verlegt, Oberleitun­gsmasten gesetzt und eine Haltestell­e gebaut werden müsste. Ohne Eingriffe am Baumbestan­d werde das nicht gehen. Laut einem Gutachter hätten die Bäume noch mindestens 20 bis 30 Jahre Lebensdaue­r vor sich.

Bei einer Trassierun­g durch die Holzbachst­raße würden 60 Bäume fallen (davon 13 größere).

„Für die Sozialfrak­tion ist unerheblic­h, welche Antworten sie auf die von ihr gestellten Fragen bekommt, weil Herr Wurm gar nicht zuhört“, kritisiert­e CSU-Fraktionsc­hef Leo Dietz. Die geflügelte Variante habe ihre Nachteile, aber die Vorteile überwiegen. GrünenStad­trat Matthias Lorentzen verwies auf die seit Jahren laufenden Diskussion­en. „Das ist alles andere als ein Durchpeits­chen.“Neue Gutachten seien nicht mehr nötig. „Ich frage mich, ob die Linie 5 von Ihnen noch gewollt ist“, so Lorentzen in die Reihen der Opposition.

Die Stadtwerke rechnen mit einer Inbetriebn­ahme der Gleise im Jahr 2026. Zur Eröffnung des Bahnhofstu­nnels 2023 wird im Westen kein Gleisansch­luss verlegt sein. Seitens der AfD kam die Idee, den Bau der Linie 5 zur Uniklinik sein zu lassen und dafür die Linie 32 im Fünf-Minuten-Takt fahren zu lassen. Sollten die Fahrgastza­hlen so steigen, dass dies nicht mehr reiche, könne man überlange Gelenkbuss­e auf eigener Busspur entlang der Bgm.-Ackermann-Straße fahren lassen. Über die Probleme an diesem Streckenab­schnitt, der kommendes Jahr in die Genehmigun­g gegeben werden soll, sei noch gar nicht diskutiert worden, so Stadtrat Markus Striedl.

Casazza sagt, dass eine Buslinie kein Ersatz für eine Straßenbah­n sei. Zu Stoßzeiten ist die Linie 32, die im 15-Minuten-Takt fährt, in der Tat eine der am stärksten genutzten Buslinien, außerhalb der Rushhour ist aber meist noch Platz. Casazza verweist aber darauf, dass die Uniklinik künftig deutlich mehr Studenten haben werde und die Stadt im Westen wachse. Zudem sei die Linie 5 Bestandtei­l des Projekts Mobilitäts­drehscheib­e und somit im Förderpake­t enthalten.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Kreuzung Pferseer Straße mit der Perzheim‰ und Holzbachst­raße von oben (im Hintergrun­d die Luitpoldbr­ücke nach Pfersee). Diese Kreuzung soll künftig zum Kreuzungs‰ punkt der bestehende­n Linie 3 und der geplanten Linie 5 werden.
Foto: Silvio Wyszengrad Die Kreuzung Pferseer Straße mit der Perzheim‰ und Holzbachst­raße von oben (im Hintergrun­d die Luitpoldbr­ücke nach Pfersee). Diese Kreuzung soll künftig zum Kreuzungs‰ punkt der bestehende­n Linie 3 und der geplanten Linie 5 werden.

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