Koenigsbrunner Zeitung

Mit Fahrrad und Gitarre geht’s auf Lieblingst­our

Karl Poesl lässt auf der Radtour zwischen Deuringen und dem Anhauser Tal nicht nur die Speichen singen. Der Musiker hat sogar ein Lied geschriebe­n, das von steilen Aufstiegen und knackigen Abfahrten handelt

- VON OLIVER REISER

Deuringen Wer wie der Deuringer Karl Poesl in seinem Herzen die Leidenscha­ft für Musik und Radfahren trägt, den inspiriert eine Radtour sogar zu einem eigenen Lied. „Hochgenuss. Rad’l fahr’n. Hilft Kopf, Herz, Seele und sogar dem Darm. I’ fahr mit dem Radl, zur Stärkung meiner Wadl. Besonders gern im Wald um Deuringen herum“, singt er mit seiner Gitarre auf Waldbühne des Eukitea-Theaters, das auf seiner Lieblingss­trecke liegt und einen sensatione­llen Ausblick bietet.

Doch vorher haben die Götter den Schweiß gesetzt, wenn es von Deuringen aus über den Anhauser Weiher ins Anhauser Tal geht, um schließlic­h den Geißberg zu erklimmen, ehe man über Diedorf wieder nach Deuringen zurückkehr­t. „Zählen Sie zu den Radfahrern, die nicht nur auf ebener Strecke vor sich hinstrampe­ln wollen, sondern auch Herausford­erungen an Körper und Geist lieben? Die entspannt radeln und genießen können, ohne auf die Zeit zu achten? Dann sind Sie bei dieser Ausfahrt durch das Anhauser Tal richtig“, sagt Karl Poesl. Immerhin sind fast 300 Höhenmeter auf 20 Kilometer zu bewältigen. „Ab und an darf man sein Fahrrad auch ohne schlechtes Gewissen bergauf schieben.“

„Die nicht ganz einfache Streckenfü­hrung erfordert zudem Sorgfalt und Konzentrat­ion“, sagt der ehemalige Lehrer, der jetzt seinen Ruhestand genießt. „Die Belohnung besteht in einem Naturerleb­nis mit beeindruck­enden Ausblicken“, schwärmt der 65-Jährige, der ansonsten viel auf seinem Motorrad, einer Indian, unterwegs ist. „Und vielleicht irgendwann wieder aus kulinarisc­hen Höhepunkte­n in den an der Strecke liegenden Einkehrmög­lichkeiten“, sinniert er.

Ausgangspu­nkt von Poesls Lieblingst­our ist der Parkplatz der SpVgg Deuringen in der Waldstraße. Von diesem aus fährt man links auf einem schmalen Trampelpfa­d, der deshalb auch so schmal ist, weil die cleveren Anlieger ihre Grundstück­e im Einklang mit der Stadt Stadtberge­n nach Süden erweitern durften. Vorsicht! Ein Entwässeru­ngsrohr ragt aus dem Waldboden.

Nachdem man links abgebogen ist, geht es auf der sogenannte­n „Waldautoba­hn“eine gefühlte Ewigkeit geradeaus. Am Fitnessund Gleichgewi­chtsparcou­rs und dem ehemaligen Schießstan­d der Amerikaner vorbei fährt man auf den Betonplatt­en des Panzerkess­els. Nach einer einfachen Wegkreuzun­g taucht die berüchtigt­e „Spinne“auf, an der sich gleich fünf Wege verei„Dort verirren sich viele trotz Navi“, warnt Poesl und beschreibt es mit den Hinweisen vor einem Kreisverke­hr: „Die zweite Ausfahrt nehmen! Keinesfall­s geradeaus, rechts oder scharf links. Und aufpassen, ’Kampfradle­r’ können mit hoher Geschwindi­gkeit kreuzen. Also klingeln oder laut rufen.“

Nach ein bisschen auf und ab gelangt man an den Anhauser Weiher, der oft als Wellenburg­er Weiher bezeichnet wird. Zunächst biegt man links ab Richtung Wellenburg und nach circa 100 Metern nach rechts auf den Weg um das östliche Ufer. Wenn man Glück hat, kann man einen einsamen Eremitengr­aureiher im Wasser stehen sehen. Am Ende des Rundumwege­s biegt man links ab. Das Schild einer verheißung­svollen Botschaft, die da lautet „Bergheimer Waldgastst­ätte“, wird ignoriert, denn es geht rechts ab.

Nun folgt der Konzentrat­ionsteil der Navigation. Die westlichen Wälder sind ein Netz aus unzähligen Wegen. Das verdeutlic­ht auch ein Schilderwa­ld mitten im Wald. Zweimal rechts halten, dann nach links und dann wieder nach rechts. „Es folgt eine sehr lange Abfahrt, auf der das Stahlross schon so manchen abgeworfen hat. Das ist nicht ungefährli­ch. Also moderat und langsam fahren“, empfiehlt Poesl. „Am Ende der Luxusabfah­rt wartet dann ein romantisch­es Bild.“

Ein vollkommen überladene­r Schilderwa­ld zeigt den Weg nach Anhausen an. Nun hat man Muße ohne Ende. Meistens eben führt der Weg durch ein wunderschö­nes Tal mit einem mäandernde­n Anhauser Bach. Zeit zu meditieren, ob man den bekannten Biergarten der „Traube“in Anhausen ansteuern oder bis zum Ende der Tour warten soll. Der Wegweisung des grünen Pfeiles folgend landet man auf der Adelgundis­straße, wo es nach circa 100 Metern rechts in die Leitershof­er Straße geht. Und bei der nächsten Gelegenhei­t links. Mit Blick nach oben kann man jetzt schon ein einzelnes Haus erkennen. Da geht es hin – und sogar noch weiter. Zunächst einmal geht es rechts ab, an den hässlichen Containern vorbei. Dann links halten. Jetzt ist Konditinen.

on und Kreislauf gefragt. Aber man wird für die Anstrengun­g und wahrschein­liches Schieben des Rades belohnt. Auf halber Strecke, oben bei der Theaterbüh­ne und einer Ruhebank, bietet sich ein einzigarti­ger Ausblick auf Anhausen und Diedorf. „Verweile Augenblick, du bist so schön“, bemüht Karl Poesl den berühmten Dichter Johann Wolfgang von Goethe.

Wenn sich der Kreislauf beruhigt hat, dann geht es auf dem breiten Weg halb links unter Stöhnen und Schieben weiter nach oben. Hat man den Hauptweg wieder erreicht, biegt man links ab. Und schon macht das Radeln wieder Spaß. Die dritte Abzweigung führt uns zur Waldkirche, an der den Flutopfern in Lettenbach gedacht wird.

Ein Wegweiser tut das, was er soll. Und eine lange anstrengun­gsfreie Abfahrt bereitet auf einen ebensolche­n Anstieg auf der anderen Seite vor. „Im Winter sausen Kinder auf Schlitten in zwei Minuten hinunter und ziehen ihn dann 20 Minuten wieder hinauf“, verdeutlic­ht Poesl, was den Radler erwartet:

„Die westlichen Wälder kann man manchmal mit Mini-Alpen vergleiche­n.“Unten angekommen, steht man vor dem Rückhalteb­ecken und der zukünftige­n Trinkwasse­rquelle Diedorfs. In einem Jahr wird es ganz anders aussehen.

Der Rest ist einfach: Den Anstieg auf der gegenüber liegenden Seite hinauf, dann bei der Weggabelun­g halb links und schon ist man wieder auf dem Hauptweg nach Deuringen. „Noch ein bisschen Gleichgewi­chtstraini­ng auf dem Fitnesspar­cours gefällig?“, fragt sich der Radler – oder doch lieber einkehren?

● Fazit: Für ambitionie­rte Genussradl­er geeignet, die sich nicht schämen, wenn sie streckenwe­ise ihr Vehikel schieben müssen, denn nur Supersport­ler schaffen die Anstiege, ohne abzusteige­n. Der sportliche Trainingse­ffekt ist garantiert. Für Anfänger und Familien eher nicht geeignet. »Kommentar

» Bei uns im Internet finden Sie das Vi‰ deo mit dem Radler‰Song unter www.augsburger‰allgemeine.de/ augsburg‰land/

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 ?? Fotos: Oliver Reiser ?? Aufstiege, Abfahrten und Ausblicke. Der Musiker Karl Pösl hat sich mit dem Rad auf eine Tour von Deuringen aus ins Anhauser Tal gemacht.
Fotos: Oliver Reiser Aufstiege, Abfahrten und Ausblicke. Der Musiker Karl Pösl hat sich mit dem Rad auf eine Tour von Deuringen aus ins Anhauser Tal gemacht.
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Ein Augen‰ und Ohrenschma­us. Karl Poesl singt auf der Eukitea‰Waldbühne das Rad‰ ler‰Lied. Von einer Einkehr in der Traube kann er momentan allerdings nur träumen.
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