Staatssekretär gesteht ein, dass er mehr wusste
Verruf geraten war. Anleger, die seinerzeit eingestiegen waren und die Papiere nicht wieder rechtzeitig verkauften, haben hohe Verluste erlitten. Insgesamt hat die Pleite 22 Milliarden Euro an Aktienvermögen vernichtet. Widerstand gegen das Leerverkaufsverbot kam von der Bundesbank, deren Bedenken aber vom Tisch gewischt wurden.
Über den schweren Markteingriff vorab informiert war auch Scholz’ Staatssekretär Jörg Kukies. Er hat das nach langem Hin und Her eingestehen müssen. Dass er seinerzeit nicht eingegriffen hat, begründet der SPD-Politiker und Ex-Banker mit der Unabhängigkeit der BaFin, die er nicht habe antasten wollen. Kukies musste sich am Mittwoch den Fragen im U-Ausschuss erwehren. Seine Vernehmung begann erst am späten Nachmittag und war zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.
Schlecht für Kukies sieht auch aus, dass Mitarbeiter der Behörde munter mit Wirecard-Aktien handelten. Kukies ist immerhin Vorsitzender des Verwaltungsrates der BaFin. „In der BaFin waren Wirecard-Aktien Mitarbeiters Liebling“, ätzte Finanzpolitiker Michelbach. Sollte der frühere Manager von Goldman Sachs arg ins Schwimmen geraten, könnte die Befragung des Finanzministers noch ungemütlicher werden. Kukies soll am Mittwoch Kugeln abfangen, die eigentlich für Scholz bestimmt sind.
Vor dem Auftritt des Staatssekretärs grillten die Abgeordneten Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zur Affäre. Es zeigte sich, wie mangelhaft die Bilanzpolizei aufgestellt war. Der Staat kontrolliert die Bilanzprüfer nicht selbst, sondern hat die Aufgabe an den privatrechtlich organisierten Verein DPR weitergegeben. Lambrecht räumte ein, dass ihr Ressort bei eben dieser Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung keinen Zugriff auf Einzelfälle habe. Ihr Haus hatte Lambrecht zufolge auch kein Informations- und Weisungsrecht. Den Rechnungsprüfern waren die Luftbuchungen bei Wirecard nicht aufgefallen.