Kommt jetzt der Ansturm der Jungen auf AstraZeneca?
Hausärzte im Kreis dürfen fortan alle Patienten ab 18 Jahren mit AstraZeneca impfen. Das sagen die Mediziner
Landkreis Augsburg In der Praxis von Allgemeinarzt Sebastian Lochbrunner in Schwabmünchen glühten am Donnerstag die Telefonleitungen: „Heute gab es schon besonders große Nachfrage“, sagt er am Nachmittag, nachdem der AstraZenecaImpfstoff für alle ab 18 freigegeben worden war. Zuvor sollte das Präparat nur Menschen ab 60 Jahren gespritzt werden.
Jakob Berger, Bezirksvorsitzender für Schwaben beim Bayerischen Hausärzteverband, kann sich vorstellen, dass es jetzt bei den Jüngeren einen Ansturm auf die Hausarztpraxen und deren AstraZenecaImpfdosen gibt. Bereits die Impfaktion des Landkreises habe eine hohe Nachfrage gezeigt: 3500 über 60-jährige Bürger bekamen vergangenes Wochenende das schwedischbritische Präparat, bevor dessen
Verwendung in den Impfzentren eingestellt wurde. Berger, der eine Praxis in Meitingen-Herbertshofen hat, empfiehlt AstraZeneca auch Patienten unter 60 Jahren. Er gibt nämlich zu bedenken: „Auch bei anderen Impfstoffen sind Thrombosen aufgetreten.“Nächste Woche gebe es für die Hausärzte ausschließlich den Impfstoff von Biontech, sagt Berger. Dennoch sei der Lieferumfang bisher stetig gewachsen. Tendenz steigend. „Wenn die Lieferungen so eintreten, wie sie vorgesehen sind, dürfte das Impftempo rasch ansteigen“, sagt Berger. Dann sei denkbar, dass die Hälfte aller Deutschen bis Ende Juni eine Impfung bekommen.
Bereits jetzt macht sich der Einsatz der Hausärzte auf die Impfgeschwindigkeit im Landkreis Augsburg bemerkbar. Die Mediziner begannen vor drei Wochen, ihre Patienten gegen Corona zu immunisieren. Mittlerweile sind sie täglich für ein gutes Viertel, teilweise sogar für die Hälfte der Geimpften verantwortlich. Mehr als jeder fünfte Landkreisbewohner ist laut Landratsamt mindestens einmal geimpft.
Auch die Allgemeinärztin Tania Fernández-Schlüter aus Neusäß kommt bei den Impfungen zügig voran. Sie impfe mittlerweile schon viele 60-Jährige, erklärt die Medizinerin. Nächste Woche bekommen 24 ihrer Patienten bereits die Zweitimpfung. Mit AstraZeneca impft sie weiterhin am liebsten Ältere, aber nicht ausschließlich über 60-Jährige: „Ich habe ein besseres Gefühl, ältere Menschen damit zu impfen, als 18- oder 19-Jährige“, sagt die Hausärztin. Sie wäge von Fall zu Fall ab. Auch das Risiko, im Falle einer Corona-Infektion, einen schweren Verlauf zu haben, das bei jungen, gesunden Menschen eher gering sei, müsse man berücksichtigen, erklärt Fernández-Schlüter. Sie findet, dass Ärzte und Impfzentren einander gut ergänzen. Die Medizinerin glaubt, wie Berger, an eine Steigerung beim Impftempo: „Wenn wir mehr Impfstoff bekommen, geht es noch schneller voran.“Allgemeinarzt Sebastian Lochbrunner aus Schwabmünchen ist weniger optimistisch, auch für ihn ist die Liefermenge entscheidend: „Es geht schleppend weiter, wenn wir keinen Impfstoff haben.“In manchen Wochen bekomme er nur einen Bruchteil der bestellten Dosen. Die Aufhebung der Priorisierung bei AstraZeneca sieht er als richtigen Schritt: „Zumindest können wir jetzt flexibler sein.“AstraZeneca kann der Schwabmünchner aus eigener Erfahrung empfehlen, er bekam den Impfstoff. „Ich habe überhaupt nichts gemerkt“, sagt er über die Nebenwirkungen. Vor einem Jahr war der Mediziner selbst schwer an Corona erkrankt.
Lochbrunners Appell: Das Impftempo soll durch weniger Bürokratie und größere Lieferungen an die Hausärzte erhöht werden: „Wir könnten das Drei- oder Vierfache impfen, wenn Impfstoff da ist“, sagt der 78-Jährige. „Jeder, der geimpft ist, ist ein Segen.“