Wie wird das Mobilfunknetz ausgebaut?
Der neue Standard 5G hat bisher wenig neue Antennenstandorte in Augsburg nötig gemacht. Das könnte sich noch ändern. Darüber gibt es auch politische Auseinandersetzungen
Zwei Jahre nach dem Start der Ausbauaktivitäten für den neuen Mobilfunkstandard 5G in Augsburg sind durch die Netzbetreiber wie Telekom und Vodafone weite Teile des Stadtgebietes mit dem neuen Netz abgedeckt. Die Zahl der Antennenstandorte ging laut einer Aufstellung der Bundesnetzagentur nicht wesentlich nach oben – zumindest bisher. Zum Start des neuen Standards war befürchtet worden, dass mehrere hundert neue Funkmasten und -stationen nötig werden könnten. Bei einem weiteren Ausbau des Netzes ist das aber nicht ausgeschlossen. Teils regt sich dagegen jetzt politischer Widerstand.
Der 5G-Standard, der eine Weiterentwicklung des aktuellen 4G-Netzes ist, soll unter anderem deutlich höhere Übertragungsraten von Daten mit minimaler Verzögerung erlauben. Für Privatnutzer ist das aktuell wenig interessant, weil die bestehenden Raten für die meisten Anwendungen ausreichen. Der neue Standard gilt aber als Baustein bei der flächendeckenden Digitalisierung der Wirtschaft oder für neue professionelle Anwendungen. Die Ideen reichen von ferngesteuerten und vernetzten Fabriken über Telemedizin in der häuslichen Pflege bis hin zum autonomen Fahren. Auch sogenannte Smart-City-Anwendungen – zum Beispiel „schlaue“Mülltonnen, die ihren Füllstand melden – benötigen ein Datennetz.
In den vergangenen Monaten baute unter anderem die Telekom ihr Standortnetz weiter aus. Knapp 200 Mobilfunkstandorte betreibt das Unternehmen in Stadt und Landkreis Augsburg, bis zum Jahr 2022 sollen 56 dazukommen, wobei das Netz in der Stadt schon relativ dicht ist. Hier setzt das Unternehmen vor allem darauf, bestehende Funkmasten mit der 5G-Technologie zu erweitern. In den kommenden drei Jahren, so heißt es von der Telekom, wolle man in Augsburg nur in geringem Umfang neue Standorte erschließen.
Die Stadt geht davon aus, dass etwa die Hälfte aller in der Stadt Augsburg gemeldeten gut 200 Mobilfunkstandorte (diese Zahl umfasst alle Anbieter) für die 5G-Technik vorbereitet sind. Wie viele neue Standorte auf die Dauer nötig sind, man schlecht einschätzen. „Dabei kommt es auf die Feldmessungen der Standorte durch die einzelnen Telekommunikationsunternehmen an“, sagt Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle.
Langfristig ist es aber gut möglich, dass für 5G neue Standorte nötig sind. Denn das jetzt aufgebaute Netz nutzt häufig noch die Infrastruktur des bisherigen 4G-Standards als Gerüst. Wenn das Netz in einer Großstadt alle Vorteile ausspielen soll, müsste angesichts der genutzten hohen Frequenzen das Stationsnetz dichter gestrickt werden. Denkbar ist, dass mehr Anlagen mit geringerer Leistung über die Stadt verteilt werden – teils auch nicht mehr auf Dächern, sondern etwa in Litfaß-Säulen oder an Hauswänden.
Diese „Small Cell“-Technologie wird in der Innenstadt vereinzelt schon von den Anbietern genutzt. Die Stadt kündigte bereits vor Jahren an, einen runden Tisch mit Betreibern und Bürgerschaft einzurichten. Bisher, so Wirtschaftsreferent Hübschle, befinde man sich gemeinsam mit dem Umweltreferat noch in der Abstimmung. Ein Termin stehe noch nicht fest.
Konflikte sind bei dem Thema aber durchaus noch möglich – und zeichnen sich auf politischer Ebene schon ab. Der aktuelle Anlass: Der Energieversorger Erdgas Schwaben (EGS), an dem die Stadtwerke Augsburg beteiligt sind, möchte mit vier weiteren Versorgern eine bundesweite Gesellschaft namens „5G Tower“gründen, die Antennenstandorte an Mobilfunkanbieter vermittelt. Ziel, so EGS-Sprecher Christian Blümm, sei es, an einem Funkmasten möglichst viele Betreiber zu bündeln. So lasse sich Wildwuchs vermeiden.
Der Stadtrat soll der Gründung der neuen Gesellschaft zustimmen. Man sehe allerdings noch „erheblichen Beratungsbedarf“, heißt es von der Sozialfraktion, in der ÖDPStadtrat Christian Pettinger hospitiert. Das Thema wurde deshalb erst einmal von der April- in die Maisitzung verschoben. Neben gesellkönne schaftsrechtlichen Themen treibt Pettinger um, dass damit ein Ausbau vorangetrieben werde, obwohl nicht zweifelsfrei geklärt sei, dass von 5G keine gesteigerte Gefahr für die Gesundheit ausgehe.
Erdgas Schwaben selbst hat im Stadtgebiet lediglich die Firmenzentrale in der Gögginger Bayerstraße im Immobilieneigentum und ist vor allem im ländlichen Bereich aktiv. In Göggingen sei keine Mobilfunkanlage geplant, so Sprecher Blümm. Neben eigenen Flächen wolle man quasi als Makler auch Flächen Dritter an Mobilfunkanbieter vermitteln. Inwieweit Flächen der Stadtwerke Augsburg als Muttergesellschaft – diese haben Liegenschaften übers ganze Stadtgebiet Augsburg verteilt – vermarktet werden, ist noch unklar. Die Stadtwerke haben bereits vereinzelt Antennen an eigenen Gebäuden, etwa dem Schornstein eines Heizkraftwerks, anbringen lassen. Ob künftig auch Standorte wie Trafohäuschen oder perspektivisch Haltestellen infrage kommen, sei noch offen, so Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg. Grundsätzlich, betont auch er, sei es sinnvoll, bei neuen Standorten darauf zu schauen, dass sie von möglichst vielen Betreibern genutzt werden. Allerdings sei man sich auch dessen bewusst, dass es sensible Bereiche etwa im Umfeld von Kitas oder Pflegeheimen gebe.
In einem Antrag an die Stadt forderte Pettinger vergangenes Jahr, dass stadteigene Gebäude und Grundstücke, auch von städtischen Töchtern, nicht als Antennenstandorte angeboten werden. Zudem solle die Stadt privaten Immobilieneigentümern empfehlen, sich keine Antenne aufs Dach stellen zu lassen. Einen Stadtratsbeschluss dafür oder dagegen gibt es nicht, Wirtschaftsreferent Hübschle hält ein 5G-Verbot auf städtischen Grundstücken aber für nicht sinnvoll. Es gebe eine große Zahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die davon ausgehen, dass 5G bei Einhaltung der Grenzwerte unproblematisch sei. Insofern gebe es auch keinen Grund, privaten Eigentümern davon abzuraten.
Übersicht Eine Karte mit den Mobil funkMasten bietet die Bundesnetz agentur unter https://www.bundesnetz agentur.de.