Das steckt hinter dem Infrastrukturatlas
Königsbrunns Bürgermeister und die Stadträte sehen die Maßnahmen zum Infrastrukturatlas und 5G-Netz skeptisch. Was dahintersteckt und welche Fragen offen sind
Königsbrunn Die Königsbrunner haben sich in den vergangenen Jahren wirklich nicht als Technikskeptiker hervorgetan. Gemeinsam mit den Lechwerken haben sie Pilotversuche zu bedarfsgesteuerter Straßenbeleuchtung gestartet und Hundetoiletten getestet, die selbst per Internet dem Betriebshof melden, wenn die Beutel leer sind oder der Behälter voll ist. So verwundert es doppelt, wenn sich der Stadtrat einmütig gegen eine technische Neuerung und deren Umsetzung ausspricht. Wo liegen die Bedenken bei den Stichworten Breitbandausbau, 5G-Standard und Infrastrukturatlas?
Hinter dem Infrastrukturatlas steckt ein groß angelegtes Projekt der Bundesnetzagentur, „in dem Infrastrukturen, die für den Ausbau von Breitbandnetzen mitgenutzt werden könnten, dargestellt werden“. Dazu wurden 2020 von allen Kommunen Informationen angefordert zu Kabelschächten, Leerrohren oder Laternen- und Ampelmasten, die als Standorte für Antennentechnologie genutzt werden können. Denn um noch schnellere Übertragung von Daten gewährleisten zu können, braucht es ein deutlich engmaschigeres Netz.
Die Nutzungsmöglichkeiten solcher Technologien liegen beispielsweise in der Wirtschaft, aber auch im Verkehrssektor. Ein Beispiel für den Nutzen in der Industrie liefert die Firma Osram, die von Schwabmünchen aus ihre Fabriken weltweit mit der Technologie ausrüstet. Die Maschinen können untereinander kommunizieren und Abläufe aufeinander abstimmen. Ein sehr gutes Beispiel für den Nutzen der Technik, sagt Bundestagsabgeordneter Hansjörg Durz aus Neusäß, der digitalpolitische Sprecher der CSU im Bundestag: „Das ist ein deutschlandweit beachtetes Pilotprojekt, in welchem man den Nutzen von 5G
„Je geringer die Abstände zwischen den einzelnen Sendern sind, umso geringer ist die Strahlenbelastung.“
Hansjörg Durz, Bundestagsabgeordneter
sieht. Im industriellen Umfeld können Daten nahezu in Echtzeit ausgetauscht werden.“
Das Netz sei erst einmal kein Problem, sagt Hansjörg Durz: „5G kann dieselbe Datenmenge wie 4G oder 3G übertragen, aber nur mit der Hälfte oder einem Drittel der Strahlen. Je geringer die Abstände zwischen den einzelnen Sendern sind, umso geringer ist die Strahlenbelastung.“Um gesundheitliche Gefahren zu verhindern, gebe es Grenzwerte für die zulässige Strahlung. Den Vorwurf einiger Kritiker, dass der Grenzwert der zulässigen Strahlung in Deutschland besonders hoch sei, kann Durz nicht bestätigen: „Es gibt Länder, in denen der Grenzwert geringer ist als in Deutschland, in anderen ist er aber auch höher.“Derzeit sehe er keinen Anhaltspunkt für eine Änderung der Grenzwerte.
Den bereits existierenden Mobilfunkstandard und die industrielle 5G-Nutzung sehen auch die Königsbrunner unproblematisch. Doch für den zweiten großen Nutzungsbereich im öffentlichen Raum sehen Bürgermeister und Stadtrat durchaus noch offene Fragen: den Verkehr. Damit selbstfahrende Autos auf den Straßen nicht die Orientierung verlieren, brauchen sie eine stabile und sehr leistungsstarke Internetverbindung. Um ein solches Netz aufzubauen, muss man viele kleine Sendevorrichtungen installieren, mit denen ein hochfrequentes Breitbandnetz erzeugt wird. Und dazu kann man unter anderem die Daten aus dem Infrastrukturatlas verwenden.
Die Sorge gilt den Auswirkungen von neuen Sendefrequenzen, die im bisherigen Mobilfunk noch nicht genutzt werden. Dazu laufen derzeit Untersuchungen durch das Bundesamt für Strahlenschutz, ob die bisherigen Grenzwerte auch für die neuen Technologien ausreichen oder ob sie angepasst werden müssen, heißt es auf der Homepage des Bundesumweltministeriums. Beispielsweise werde untersucht, wie sich die elektromagnetischen Felder von den kleinen Basisstationen ausbreiten. Da die Wellen aufgrund ihrer Frequenz nicht mehr so tief in den Körper eindringen können, werden verstärkt mögliche Auswirkungen auf Augen und Haut untersucht. Erste Forschungsarbeiten dazu haben bereits begonnen.
Das zweite Problemfeld, das die Königsbrunner sehen, liegt eher im politisch-juristischen Bereich: Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass die Bundesnetzagentur mit dem Infrastrukturatlas quasi ein Monopol auf einen riesigen Datensatz aufbaut. Hier wollen sie politisch für mehr Kontrollmöglichkeiten eintreten. Immerhin: Mit der Lieferung der Daten für den Atlas gibt man nicht automatisch sein Einverständnis zum Aufbau des Breitbandnetzes. Die Kommunen dürften dabei also ein Wörtchen mitzureden haben.