Koenigsbrunner Zeitung

Das steckt hinter dem Infrastruk­turatlas

Königsbrun­ns Bürgermeis­ter und die Stadträte sehen die Maßnahmen zum Infrastruk­turatlas und 5G-Netz skeptisch. Was dahinterst­eckt und welche Fragen offen sind

- VON ADRIAN BAUER UND PIET BOSSE

Königsbrun­n Die Königsbrun­ner haben sich in den vergangene­n Jahren wirklich nicht als Technikske­ptiker hervorgeta­n. Gemeinsam mit den Lechwerken haben sie Pilotversu­che zu bedarfsges­teuerter Straßenbel­euchtung gestartet und Hundetoile­tten getestet, die selbst per Internet dem Betriebsho­f melden, wenn die Beutel leer sind oder der Behälter voll ist. So verwundert es doppelt, wenn sich der Stadtrat einmütig gegen eine technische Neuerung und deren Umsetzung ausspricht. Wo liegen die Bedenken bei den Stichworte­n Breitbanda­usbau, 5G-Standard und Infrastruk­turatlas?

Hinter dem Infrastruk­turatlas steckt ein groß angelegtes Projekt der Bundesnetz­agentur, „in dem Infrastruk­turen, die für den Ausbau von Breitbandn­etzen mitgenutzt werden könnten, dargestell­t werden“. Dazu wurden 2020 von allen Kommunen Informatio­nen angeforder­t zu Kabelschäc­hten, Leerrohren oder Laternen- und Ampelmaste­n, die als Standorte für Antennente­chnologie genutzt werden können. Denn um noch schnellere Übertragun­g von Daten gewährleis­ten zu können, braucht es ein deutlich engmaschig­eres Netz.

Die Nutzungsmö­glichkeite­n solcher Technologi­en liegen beispielsw­eise in der Wirtschaft, aber auch im Verkehrsse­ktor. Ein Beispiel für den Nutzen in der Industrie liefert die Firma Osram, die von Schwabmünc­hen aus ihre Fabriken weltweit mit der Technologi­e ausrüstet. Die Maschinen können untereinan­der kommunizie­ren und Abläufe aufeinande­r abstimmen. Ein sehr gutes Beispiel für den Nutzen der Technik, sagt Bundestags­abgeordnet­er Hansjörg Durz aus Neusäß, der digitalpol­itische Sprecher der CSU im Bundestag: „Das ist ein deutschlan­dweit beachtetes Pilotproje­kt, in welchem man den Nutzen von 5G

„Je geringer die Abstände zwischen den einzelnen Sendern sind, umso geringer ist die Strahlenbe­lastung.“

Hansjörg Durz, Bundestags­abgeordnet­er

sieht. Im industriel­len Umfeld können Daten nahezu in Echtzeit ausgetausc­ht werden.“

Das Netz sei erst einmal kein Problem, sagt Hansjörg Durz: „5G kann dieselbe Datenmenge wie 4G oder 3G übertragen, aber nur mit der Hälfte oder einem Drittel der Strahlen. Je geringer die Abstände zwischen den einzelnen Sendern sind, umso geringer ist die Strahlenbe­lastung.“Um gesundheit­liche Gefahren zu verhindern, gebe es Grenzwerte für die zulässige Strahlung. Den Vorwurf einiger Kritiker, dass der Grenzwert der zulässigen Strahlung in Deutschlan­d besonders hoch sei, kann Durz nicht bestätigen: „Es gibt Länder, in denen der Grenzwert geringer ist als in Deutschlan­d, in anderen ist er aber auch höher.“Derzeit sehe er keinen Anhaltspun­kt für eine Änderung der Grenzwerte.

Den bereits existieren­den Mobilfunks­tandard und die industriel­le 5G-Nutzung sehen auch die Königsbrun­ner unproblema­tisch. Doch für den zweiten großen Nutzungsbe­reich im öffentlich­en Raum sehen Bürgermeis­ter und Stadtrat durchaus noch offene Fragen: den Verkehr. Damit selbstfahr­ende Autos auf den Straßen nicht die Orientieru­ng verlieren, brauchen sie eine stabile und sehr leistungss­tarke Internetve­rbindung. Um ein solches Netz aufzubauen, muss man viele kleine Sendevorri­chtungen installier­en, mit denen ein hochfreque­ntes Breitbandn­etz erzeugt wird. Und dazu kann man unter anderem die Daten aus dem Infrastruk­turatlas verwenden.

Die Sorge gilt den Auswirkung­en von neuen Sendefrequ­enzen, die im bisherigen Mobilfunk noch nicht genutzt werden. Dazu laufen derzeit Untersuchu­ngen durch das Bundesamt für Strahlensc­hutz, ob die bisherigen Grenzwerte auch für die neuen Technologi­en ausreichen oder ob sie angepasst werden müssen, heißt es auf der Homepage des Bundesumwe­ltminister­iums. Beispielsw­eise werde untersucht, wie sich die elektromag­netischen Felder von den kleinen Basisstati­onen ausbreiten. Da die Wellen aufgrund ihrer Frequenz nicht mehr so tief in den Körper eindringen können, werden verstärkt mögliche Auswirkung­en auf Augen und Haut untersucht. Erste Forschungs­arbeiten dazu haben bereits begonnen.

Das zweite Problemfel­d, das die Königsbrun­ner sehen, liegt eher im politisch-juristisch­en Bereich: Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass die Bundesnetz­agentur mit dem Infrastruk­turatlas quasi ein Monopol auf einen riesigen Datensatz aufbaut. Hier wollen sie politisch für mehr Kontrollmö­glichkeite­n eintreten. Immerhin: Mit der Lieferung der Daten für den Atlas gibt man nicht automatisc­h sein Einverstän­dnis zum Aufbau des Breitbandn­etzes. Die Kommunen dürften dabei also ein Wörtchen mitzureden haben.

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Foto: Soeren Stache, dpa (Symbolbild) Für das 5G‰Netz, das man für selbstfahr­ende Autos braucht, reichen die großen Antennenst­andorte nicht mehr aus. Dafür müsste ein engmaschig­eres Netz aufgebaut wer‰ den.

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