Martha Bohus macht eine Familie glücklich
Gesellschaft
Die Anlaufstelle für Kinderschutz in Augsburg bildet Familienpatinnen und -paten aus. Sie sind in allen sozialen Schichten im Einsatz. Ehrenamtliche erzählen, was sie antreibt - und wo ihre Grenzen sind
Wenn Martha Bohus mit Benedict, Esther, Precious und Nicholas auf den Spielplatz oder in den Zoo geht, ist sie von glücklichen Gesichtern umgeben. „Die Freude der Kinder ist herzerwärmend“, sagt Bohus. Als Familienpatin des Augsburger Kinderschutzbundes kommt sie regelmäßig mit dem Quartett und ihrer alleinerziehenden Mutter zusammen, hilft ihnen, das Beste aus ihrem Leben in einer eigentlich zu kleinen Wohnung zu machen.
Martha Bohus, 64, übt das Ehrenamt bereits seit zwölf Jahren aus. „Ich wollte neben meinem Beruf als Dolmetscherin noch etwas tun, das Sinn macht“, erzählt sie. Über einen Zeitungsartikel sei sie damals auf die Familienpatinnen und -paten aufmerksam geworden. Diese Männer und (überwiegend) Frauen sind seit vielen Jahren bei der Anlaufstelle für Kinderschutz angedockt und werden dort geschult und begleitet. Sozialpädagogin Dorothea Bezzel sieht in ihnen eine wertvolle Ergänzung zu den professionellen Hilfen. „Familienpaten bieten eine niederschwellige Unterstützung, bevor es zu Krisen kommt. Sie leisten Hilfe zur Selbsthilfe und machen sich dadurch im Idealfall überflüssig.“Die Grenzen seien klar definiert. Bei Bedarf nehmen die Ehrenamtlichen Kontakt zu Behörden und Institutionen auf – etwa wenn das Kindswohl gefährdet ist.
Die Familien, die sich eine Patin oder einen Paten wünschen, stammen nach den Erfahrungen Bezzels keineswegs nur aus dem sozial schwächeren Milieu. Die Anfragen kämen aus allen Schichten. Häufig sei die Doppelbelastung aus Familienarbeit und Berufstätigkeit der Auslöser. Die 24-jährige Katharina Neyer etwa unterstützt eine alleinerziehende junge Mutter, die sich auf die Abschlussprüfung ihrer Ausbildung vorbereitet. „Ich gehe mit dem Kind auf den Spielplatz, damit die Mutter in Ruhe lernen kann.“Oft seien es die kleinen Dinge, mit
denen man etwas bewirken könne, hat die angehende Erziehungswissenschaftlerin festgestellt. Dafür opfert Neyer gerne jede Woche ein paar Stunden ihrer Freizeit. „Es ist für mich eine Horizonterweiterung, andere Lebensumstände kennenzulernen.“
Wichtig ist dem Kinderschutzbund, dass die Patinnen und Paten „andere Lebensumstände anerkennen“. Die Begegnungen, so Bezzel, sollten auf Augenhöhe erfolgen. Mitleid sei nicht die Basis, meint auch Martha Bohus. Im Regelfall bekommen die Ehrenamtlichen eine anonymisierte Liste mit Familien, die gerne unterstützt würden. Anhand des Profils suchen sich die Paten jemanden aus. Beim ersten Ken
nenlernen, das Bezzel oder ihre Kollegin begleiten, sollten beide Parteien die gegenseitigen Erwartungen abklären. Anders als etwa verordnete Maßnahmen vom Jugendamt, handle es sich um eine freiwillige Partnerschaft, die von beiden Seiten jederzeit beendet werden könne, betont Bezzel.
Martha Bohus ist es in all den Jahren öfters gelungen, das Vertrauen einer Familie zu gewinnen. Ist eine Patenschaft in der Regel auf ein oder zwei Jahre angelegt, begleitet sie Benedict, Esther, Precious, Nicholas und ihre Mutter Efosa schon länger. Die 46-Jährige, die aus Nigeria stammt, schöpft viel Kraft aus den Begegnungen mit der Patin. „Sie versteht meine Situation und ist wie
ein Engel, wie eine zweite Mama für mich.“Auch während des CoronaLockdowns stand die Familie mit Bohus in Kontakt. „Wir haben uns vor allem draußen getroffen und viel telefoniert.“
Corona selbst hat die Nachfrage nach Familienpaten zwar nicht erhöht. Die Problemlagen, die durch die Pandemie entstanden seien, bedürften im Regelfall professioneller Hilfe, weiß Bezzel. Dennoch sind bei der Anlaufstelle für Kinderschutz Interessentinnen und Interessenten jederzeit willkommen. „Wir suchen Menschen, die gut zuhören können und Spaß am Umgang mit Menschen haben – nicht nur mit Kindern, sondern mit der ganzen Familie.“Das Alter sei zweitrangig.
„Es gibt Paten, die in Rente sind, andere arbeiten. Die einen haben eher am Wochenende Zeit, die anderen unter die Woche.“Wie viel Zeit die Patinnen und Paten nach der obligatorischen Schulung investieren wollen, sei unterschiedlich, so Bezzel. Im Schnitt seien es drei bis vier Stunden pro Woche, verteilt auf ein oder zwei Treffen.
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Kurs Voraussichtlich im Frühjahr fin det die nächste Schulung statt. Wer sich dafür interessiert, kann sich ab sofort melden unter Telefonnummer 0821/45540621 oder Mail anlaufstel le@kinderschutzbundaugsburg.de. Auch Familien, die gerne einen Paten oder eine Patin an ihrer Seite hätten, sind hier an der richtigen Adresse.