Manege statt Klassenzimmer
Schule Nach coronabedingtem Homeschooling müssen sich Kinder wieder an das gemeinsame Lernen gewöhnen. Wie das gelingen kann, zeigt ein besonderes Projekt in Augsburg
Augsburg „Es ist der ideale Zeitpunkt, die Schulfamilie zusammenzubringen“, sagt Alexandra von Walterskirchen, Konrektorin der Augsburger Franz-von-AssisiGrundschule. Nach der langen Phase der Isolation im Homeschooling hat sich die Grund- und Mittelschule zum Start ins neue Schuljahr etwas Besonderes überlegt: Zwei Wochen lang verwandelt sich die Turnhalle in ein Zirkuszelt und die Schülerinnen und Schüler werden zu Zauberern, Akrobatinnen und Clowns.
Bunte Scheinwerfer beleuchten die Zirkusbühne, ansonsten ist die Turnhalle abgedunkelt. Die Wände zieren Bilder von Clowns, die die Schüler selbst gemalt haben. Musik schallt durch die Halle, während eine Gruppe Jongleure auftritt. Tücher und Ringe wirbeln durch die Luft. Ab und an fällt etwas zu Boden. So soll das aber auch sein. Was in der Generalprobe schiefläuft, klappt bei der Aufführung vor gespannten Verwandten und Lehrern bestimmt.
Die insgesamt knapp 600 Schülerinnen und Schüler von Grund- und Mittelschule sind in zwei Gruppen eingeteilt worden, sodass die Jahrgangsstufen eins bis zehn bunt gemischt sind, erklärt Alexandra von Walterskirchen. Auch im Unterricht werde das Konzept verfolgt, dass ältere Schüler den jüngeren helfen. Das war während des Distanzunterrichts schwieriger – und soll mithilfe des Zirkusprojekts wieder angeregt werden. Beide Gruppen organisieren innerhalb von einer Woche selbstständig eine Zirkusaufführung.
Ausstattung und das Knowhow dafür bringt der „Zirkus Hoppla“, ein spezialisierter Schulzirkus, mit. Möchte ich etwas Akrobatisches lernen? Oder lieber als Clown oder Zauberer auftreten? Das entschieden die Kinder und Jugendlichen am ersten Tag selbst. Jede Lehrkraft leitet eine kleine Gruppe an. „Ich habe zum Beispiel die Kugel“, sagt von Walterskirchen. Akrobaten vom „Zirkus Hoppla“zeigen den Kindern, wie sie auf einem großen Ball laufen und turnen. Dann hat die Gruppe – unterstützt von ihrer Lehrerin – drei Tage Zeit, um den Auftritt einzustudieren. Am letzten Projekttag können Ver
wandte und Bekannte Eintrittskarten kaufen und die Aufführung in der Schulmanege bestaunen. Mit den Einnahmen – und mit eigenen Rücklagen – finanziert die private Schule das Projekt. „Es war uns einfach wichtig, dass die Kinder nach Corona wieder Kontakt haben“, sagt die Konrektorin. Gerade für die Erst- und Zweitklässler sei das enorm wichtig. Immerhin kennen sie Schule bisher nur im PandemieModus. „Kinder, die Schule noch nie erlebt haben, sollen einen guten Zugang dazu bekommen“, betont von Walterskirchen.
Mit Unterricht strikt nach Lehrplan hat das nichts zu tun. Dafür lerDie
nen die Schülerinnen und Schüler Soft-Skills, erklärt die Konrektorin. Dazu gehören der soziale Umgang, die Hand-Hirn-Koordination sowie selbstständiges Arbeiten und Organisieren.
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass der Kontakt zu Gleichaltrigen im Kinder- und Jugendalter wichtig sei. Deswegen komme es ihm – neben der Förderung des Lernens – auf die Unterstützung der sozialen Kompetenzen an. Wie das umgesetzt wird, entscheiden die Schulen in eigener Verantwortung im Rahmen der Hygienevorschriften.