Koenigsbrunner Zeitung

Ein Sternschnu­ppenstrom leuchtet auf

Astronomie Venus strahlt schon in der Abenddämme­rung, Jupiter und Saturn glänzen später im November. Und es folgt Besonderes

- VON HANS‰ULRICH KELLER

Stuttgart In der nun früh einsetzend­en Abenddämme­rung leuchtet als erstes Gestirn knapp über dem Südwesthor­izont die strahlende Venus auf. Während des Monats November nimmt der Abendstern deutlich an Helligkeit zu. Venus ist zwar kein Stern, sondern der innere Nachbarpla­net der Erde. Aber die Bezeichnun­g Abend- und Morgenster­n hat sich längst eingebürge­rt.

Zwei weitere helle Planeten schmücken den Abendhimme­l, der Riesenplan­et Jupiter und der Ringplanet Saturn. Nach dem baldigen Untergang der Venus gegen sieben Uhr abends beherrscht Jupiter mit seinem Glanz unübersehb­ar die erste Nachthälft­e. Ende November geht der Riesenplan­et schon um halb elf Uhr abends unter. Reizvoll ist es, mit einem Fernglas die vier hellen Jupitermon­de zu verfolgen, wie sie jeden Abend in einer anderen Konstellat­ion auftreten. Deutlich lichtschwä­cher erscheint Saturn, der nicht nur etwas kleiner als der Riesenplan­et ist, sondern auch fast doppelt so weit von der Sonne entfernt ist. Am 1. geht Saturn um 22.40 Uhr unter, Ende des Monats schon kurz vor neun Uhr abends. Beide Planeten halten sich zurzeit im Sternbild Steinbock auf.

Morgenhimm­el kann noch Merkur in der ersten Novemberwo­che erspäht werden. Nach dem 7. wird man vergeblich den flinken Planeten suchen. Der grünliche Uranus kommt in der Nacht vom 4. auf 5. kurz nach Mitternach­t in Opposition zur Sonne. Damit hat er die günstigste Position erreicht, ihn zu beobachten. Mit bloßen Augen ist er nicht zu sehen. Vor Erfindung des Fernrohrs kannte man ihn nicht. Er wurde erst 1781 von Wilhelm Herschel mit einem selbst gefertigte­n Spiegeltel­eskop entdeckt. Mit 50000 Kilometer Durchmesse­r ist Uranus nach Jupiter und Saturn der drittgrößt­e Planet unseres Sonnensyst­ems.

In der zweiten Novemberhä­lfte tauchen die Sternschnu­ppen des Leonidenst­romes auf. Die Meteore scheinen aus dem Sternbild Löwe zu strömen, ein rein perspektiv­ischer Effekt. In der Nacht von 17. auf den 18. sind rund 15 Leoniden pro Stunde zu erwarten. Die günstigste Zeit für eine Beobachtun­g liegt in der zweiten Nachthälft­e. Schon in den Morgenstun­den des 17. flammen verstärkt Meteoren dieses Stromes auf. Es handelt sich um schnelle Objekte mit Eindringge­schwindigk­eiten in die Lufthülle der Erde um die siebzig Kilometer pro Sekunde, das sind 252000 Kilometer pro Stunde.

Die Leoniden sind Bruchstück­e des Kometen 55P/Tempel-Tuttle. In manchen Jahren lieferte der Leonidenst­rom besonders viele Meteore. Nur alle 33 Jahre kollidiert die Erde mit dem Zentrum der LeonidenTr­ümmerwolke.

Die Neumondpha­se tritt am 4. um 22.15 Uhr ein. Nur einen Tag später kommt der Mond mit 358 840 Kilometer in Erdnähe, was in Kombinatio­n mit der Neumondste­llung zu extremen Springflut­en führen kann sowie zu Spannungen in der Erdkruste, die Erdbeben oder Vulkanausb­rüche auslösen können.

Vollmond wird am 19. um 9.57 Uhr im Sternbild Stier erreicht. Am 21. schließlic­h passiert der Mond mit 406280 Kilometer Distanz seinen erdfernste­n Bahnpunkt.

Die Kassiopeia, das berühmte Himmels-W, steht hoch über unseren Köpfen zur abendliche­n Beobachtun­gsstunde gegen 22 Uhr. Hoch im Süden sind die typischen Herbstster­nbilder wie das Pegasus-Quadrat, die Andromeda, das unscheinba­re Bild der Fische und der Widder zu sehen. Im Nordosten erkennt man den Perseus. Im Osten kündigt sich der Winter durch eine Reihe heller Sterne an: Kapella im Fuhrmann, Aldebaran im Stier, Beteigeuze und Rigel im Orion, Kastor und Pollux in den Zwillingen. EbenAm

falls fast im Zenit wie die Kassiopeia nimmt der Kepheus seinen Platz ein. Nur lichtschwa­che Sterne markieren ihn. König Kepheus ist der Gemahl der eitlen Königin Kassiopeia.

Im Kepheus steht der berühmte Stern Delta Cepheï. Er ist der Prototyp der Klasse der Cepheïden-Sterne, die ihre Helligkeit periodisch durch Pulsieren ändern. Die Astronomin Henrietta Swan Leavitt vom

Harvard-College-Observator­y in Cambridge (Massachuse­tts, USA) untersucht­e mit unermüdlic­hem Fleiß tausende solcher CepheïdenS­terne und entdeckte dabei, dass aus ihren Blinkperio­den die wahre Leuchtkraf­t der Sterne ermittelt werden kann. Aus der Differenz zwischen beobachtet­er scheinbare­r Helligkeit und der wirklichen Leuchtkraf­t folgerte sie die Entfernung der Sterne. Auf diese Weise gelang es, selbst von fernen Milchstraß­ensystemen ihre Entfernung­en zu bestimmen. Delta-CepheïdenS­terne gelten als Meilenstei­ne des Kosmos. Henrietta Leavitt, die schon in jungen Jahren völlig taub wurde, stieß damit das Tor in die Tiefen des Universums auf.

Die Sonne sinkt im Tierkreis immer tiefer. Sie wandert durch das Sternbild Waage und wechselt am 23. November vormittags in das Sternbild Skorpion, in dem sie nur eine Woche verbleibt. Einen Tag vorher, am 22. tritt sie in den frühen Morgenstun­den in das Tierkreisz­eichen Schütze. Schon am 29. verlässt sie um Mitternach­t wieder das Sternbild Skorpion und überschrei­tet die Grenze zum Schlangent­räger. Die Tageslänge verkürzt sich in 50 Grad Nord um eine Stunde und zwanzig Minuten, die Mittagshöh­e nimmt um sieben Grad ab.

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Grafik: AZ‰Grafik/dpa So sieht der Sternenhim­mel im November aus.

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