Koenigsbrunner Zeitung

Zahnarzt mit Geldsorgen muss vor Gericht

Prozess Ein 72-Jähriger ist des mehrfachen Betrugs bei der Übernahme dreier Praxen angeklagt. Doch das Gericht stellt das Verfahren wegen „geringer Schuld“gegen eine Geldauflag­e ein

- VON KLAUS UTZNI

Zahnärzte verdienen sich eine goldene Nase – das ist eine weitverbre­itete Ansicht. Doch stimmt das auch? Die apoBank, die Bank der Heilberufe, gibt das Einkommen eines selbststän­digen Dentisten mit durchschni­ttlich 180.000 Euro im Jahr an. Brutto versteht sich, ohne Abzüge für Steuern, Versicheru­ngen und so weiter. Die Gehälter von angestellt­en Zahnärzten belaufen sich im Schnitt auf bis zu 90.000 Euro brutto im Jahr. Dass die Praxiskass­e nicht immer glockenhel­l klingelt, beweist jedoch der Fall eines Dentisten, der sich jetzt wegen Betrugs vor einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Ulrike Ebel

Scheufele verantwort­en musste. Die Staatsanwa­ltschaft hatte den Fall relativ hoch angesiedel­t und die Anklage vor ein Schöffenge­richt erhoben, das immerhin Freiheitss­trafen bis zu vier Jahren verhängen kann. Am Ende kam es jedoch anders.

Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger warf dem heute 72-jährigen Zahnarzt vor, in den Jahren 2018 und 2019 nach und nach drei Praxen in Augsburg per Übernahmev­ertrag für zusammen 255.000 Euro gekauft zu haben. Kein einziger Euro allerdings soll letztlich dafür geflossen sein.

In der ersten Praxis, die er übernommen hatte, sei er ein halbes Jahr angestellt gewesen, sagte der

Angeklagte nun vor Gericht. Der Inhaber sei erkrankt, die Patienten nach und nach abgewander­t, er habe nichts mehr verdient und sei letztlich pleite gewesen, räumte er ein. Die Inhaberin der zweiten Praxis habe ebenfalls aus Krankheits­gründen verkauft. Sein Steuerbera­ter habe ihm die Übernahme sogar empfohlen.

„Ich dachte, das ist eine tolle Sache. Pro Monat wäre ein Umsatz von 30.000 Euro drin gewesen“, gab er seine damaligen positiven Erwartunge­n wieder. Die Hoffnungen erfüllten sich nicht, er kündigte den Vertrag schon nach drei Wochen. Der Zahnarzt behauptete, die damalige Vorbesitze­rin habe gewusst, dass es ihm finanziell nicht gut gehe. Man habe die Kaufsumme von 180.000 Euro auf 30 Monatsrate­n zu je 6000 Euro aufgeteilt – eine bei Immobilien­geschäften wenig übliche Zahlungsme­thode.

Der eigens aus Berlin angereiste Verteidige­r Axel Juhas erörterte schließlic­h bei Verfahrens­gesprächen mit Staatsanwa­lt und Gericht hinter verschloss­enen Türen die Sachlage. Mit Erfolg. Nach einigem Hin und Her stellte das Schöffenge­richt mit Zustimmung von Ankläger Rüdiger das Verfahren wegen „geringer Schuld“gegen Zahlung einer Geldauflag­e von 12.000 Euro ein. Das Geld fließt an den Verein „Klinik-Clowns“. Das Gericht war der Meinung, der Streit um die Kaufsummen sei bei einem Zivilgeric­ht besser aufgehoben. Im Übrigen müsse die finanziell desolate Lage des 72-Jährigen den Verkäufern zuvor wohl bewusst gewesen sein.

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Foto: Markus Scholz, dpa (Symbolbild) Ein Zahnarzt muss sich vor dem Augs‰ burger Amtsgerich­t verantwort­en.

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