Koenigsbrunner Zeitung

Sprachlos beim Klimageset­z

Wie CSU und Freie Wähler sich blockieren

- VON HENRY STERN

München Wie geht es weiter mit dem Klimaschut­z in Bayern? Eine Frage, auf die die Staatsregi­erung derzeit offenbar keine Antwort hat. Bereits seit gut sechs Monaten wartet der Landtag auf eine von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) angekündig­te Verschärfu­ng des erst im Januar in Kraft getretenen bayerische­n Klimaschut­zgesetzes. Doch bislang gibt es noch nicht einmal einen Gesetzentw­urf der CSU/Freie WählerKoal­ition.

Dabei hatte der Regierungs­chef bereits im Mai versproche­n, das Thema habe für ihn „ab sofort TopPriorit­ät“. Kurz zuvor hatte das Bundesverf­assungsger­icht auch von den Bundesländ­ern konkrete staatliche Vorgaben etwa für die Reduktion von Treibhausg­asen eingeforde­rt. Ein Kriterium, das das aktuelle bayerische Klimageset­z nach Meinung vieler Experten nicht erfüllt. Denn dort sind vor allem weit in der Zukunft liegende allgemeine Zielmarken etwa zur CO2-Reduzierun­g zu finden. Der konkrete Weg zum Ziel bleibt in dem Regelwerk jedoch weitgehend im Dunkeln.

Söder hat deshalb bereits mehrfach die schnelle „Überarbeit­ung“des Gesetzes angekündig­t: Auch in Bayern „müssen wir noch einen Zahn zulegen“beim Klimaschut­z, beteuerte er etwa in einer Regierungs­erklärung Ende Juli. Gar einen „Klima-Ruck“forderte Söder dort

Söder kämpft mit massiven Widerständ­en in der CSU

für Bayern ein. Eine Milliarde Euro werde seine Regierung dafür ab 2022 jährlich zur Verfügung stellen, um Bayern spätestens ab 2040 klimaneutr­al zu machen, versprach er.

Wie dies konkret gelingen soll, ist allerdings auch drei Monate später immer noch völlig unklar. Offenbar kämpft Söder seit Monaten sowohl mit massivem Widerstand in seiner eigenen Partei als auch mit dem unberechen­baren Koalitions­partner Freie Wähler. Der Ausbau erneuerbar­er Energien in Bayern stockt aber auch an einer Selbstbloc­kade der Söder-Regierung: Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger setzt hier auf den massiven Ausbau der Windkraft, lehnt eine Solarpflic­ht etwa für private Neubauten aber kategorisc­h ab. Söder wiederum ist auf Druck seiner Partei weiter gegen mehr Windkraft in Bayern, hätte aber gerne die Solarpflic­ht.

Der Klimawande­l nehme jedoch keine Rücksicht auf persönlich­e Befindlich­keiten, warnen die Grünen. Die Partei hat deshalb selbst einen detaillier­ten Entwurf für ein Klimaschut­zgesetz in den Landtag eingebrach­t. Dieser Vorschlag setze auf verbindlic­he Regelungen mit Zielen in Fünf-Jahres-Schritten, klare Förderinst­rumente und nachprüfba­re Emissionsz­iele in einzelnen Sektoren, erklärt Patrick Friedl von den Grünen.

Ein Vorschlag, den die CSU/FWMehrheit im Landtag nun nicht nur ablehnte, sondern vor fast leerer Regierungs­bank nicht einmal wirklich diskutiere­n wollte: Ein Regierungs­mitglied meldete sich in der Plenardeba­tte am Mittwoch jedenfalls nicht zu Wort. „Wir machen Tempo beim Klimaschut­z“, beteuerte dort nur der CSU-Hinterbänk­ler Martin Huber. Wann das von Söder angekündig­te neue Klimageset­z nun kommen soll, ließ Huber allerdings offen.

Ob Solardachp­flicht oder 10H-Windkraft-Regel: Offenbar warte die blockierte Söder-Regierung beim Klimaschut­z sehnsüchti­g auf die neue Ampel-Koalition in Berlin, kritisiert­e Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann: „Ihre Sprachlosi­gkeit heißt doch nur: Bitte mach’, Berlin! Wir können es hier nicht in Bayern.“

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