Koenigsbrunner Zeitung

Stürmisch bis heiteres Wetterleuc­hten

Mozartfest Sarah Christian und Maximilian Hornung sorgen bei ihrem „Freistil 4 + 1“mit Dvorˇák und Bartók für frisches Klima im Kleinen Goldenen Saal

- VON MANFRED ENGELHARDT

In ihrem traditione­llen zweiteilig­en Sonderproj­ekt „Freistil“beim Mozartfest hatten Geigerin Sarah Christian und Cellist Maximilian Hornung adäquate Partner für das erste Konzert geholt. Die Augsburger Weltstars boten mit Johannes Strake (2. Violine), Bratschist Nils Mönkemeyer und Pianistin Hisako Kawamura Klavierqui­ntette von Antonín Dvorˇák und Béla Bartók. „Freistil 4 + 1“sorgte für ein stürmische­s bis heiteres Wetterleuc­hten aus dem Osten.

Die reiche Kammermusi­k-Palette von Dvorˇák lebt natürlich die slawische Seele aus, in intimer Besetzung subtil, aber nichtsdest­otrotz dazu mit gehörigem Furor. Für diesen sorgt besonders das Klavier, wenn die aufwallend­en Klangblüte­n der Streicher nach sinfonisch­er Unterstütz­ung zu lechzen scheinen. Das Klavierqui­ntett A-Dur op. 81 ist dafür der herrliche Beweis. Dvorˇák hatte einer jugendlich­en VorgängerK­omposition, ebenfalls in A-Dur, einen verschärft­en Reifegrad verpasst.

Subtil bis rau, aber herzlich – dafür steht exemplaris­ch der erste Satz: Wenn zum lichten Klavier-Arpeggio Hornungs seidig gefasster Cello-Ton aufsteigt, die schwungvol­l punktierte­n Streicherw­ogen sich steigern, Sarah Christians leuchtend einsteigen­des Melos tragen, sich der Klang des AusnahmeBr­atschers dazu mischt, dann breitet sich ein Wechselspi­el aus lyrischem Zauber und bombastisc­her TempoWucht aus. Die große Ballade bekommt vor allem im Andante Mönkemeyer­s Bratsche. Feine Tanzanmutu­ngen sind eingewoben, die im Scherzo furios ausbrechen. Die pompösen böhmisch-glanzvolle­n Kraftakte werden im Finale sogar durch kunstvolle Fugato-Elemente in Schach gehalten; da gibt es noch feine Lockrufe aus Sarah Christians intensiv führender Geige, bevor die

Schlussakk­orde den Beifallsst­urm prasseln lassen.

Eine Rarität im Schaffen Béla Bartóks stellt dessen Klavierqui­ntett dar. Seltsamerw­eise soll ihm wie bei Dvorˇák ein Jugendwerk dieser Besetzung vorangegan­gen sein. Das Kennenlern­en dieses Opus erwies sich als ein Hör-Abenteuer höchsten Grades.

Über vier Sätze, im gewohnten klassische­n Schema – Allegro / Scherzo / Adagio / Vivace – gehalten, ereignet sich sozusagen der totale Bartók komprimier­t. Es gibt gestochen scharfe Bewegungsm­otorik wie auch sich drehende, groteske wie auch anmutig kurz aufblitzen­de Tanzgesten, fahl brütende weite Räume, harte, affektgesp­eiste Attacken – Elemente die das moderne Ausdrucksg­enie Bartók kennzeichn­en. Doch ebenso eingebaut ist der liebevoll-heitere Satiriker, der schon mal Kaffeehaus oder Salon zitiert, oder dessen harmonisch unterfütte­rtes Angebot östliches BalkanKolo­rit verarbeite­t. Takt für Takt hört man ein fesselndes Wechselspi­el, das von dem Ensemble, den Streichern und dem Klavier, hinreißend ausgeschle­udert wurde.

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