Koenigsbrunner Zeitung

Schatten des Kriegs

Zeughaus Ein Abend mit Neuer Musik

- Daniela Tiggemann

Manche Projekte entwickeln sich in eine Richtung, die Künstler nicht erahnen konnten. Als Stefan Barcsay sich für ein Projekt mit der Ukraine beschäftig­te, war nicht abzusehen, dass das Land, in dem er im Sommer 2022 Konzerte geben wollte, vom Krieg überzogen würde. So bat er unter anderem den ukrainisch­en Musiker Victor Kaminsky um eine Kompositio­n. Aber auch die Augsburger Kunstförde­rpreisträg­erin Barbara Mayer, die er für das Gedicht „Noch bist du da“der in Czernowitz geborenen Rose Ausländer begeistern konnte. Dessen Anfangszei­le „Wirf Deine Angst in die Luft“stand als Motto über dem Programm – und bekam nun eine ganz neue Relevanz.

Der Schatten des Krieges liegt jetzt auf diesem Programm anspruchsv­oller Neuer Musik mit einigen Uraufführu­ngen, die für Barcsay (im Auftrag des Augsburger Kulturamts) komponiert worden waren, unter anderem vom Kubaner Daniel Toledo Guillén und der Komponisti­n Dorothea Hofmann. Mayer, die auch als Pianistin auftrat, schuf mit dem Zyklus „Wirf Deine Angst in die Luft“sieben „Phantasie-Impulse“ für Gitarre und Klavier ein bemerkensw­ert vielschich­tiges Werk, mutig experiment­ell im Klang, durchdacht bis in die vielfach wiederholt­en Figuren und Motive. Symbolhaft etwas überladen, aber dank der Erläuterun­g im Programmhe­ft nachvollzi­ehbar waren einzelne Sätze, die die Form des Notenbilds zur Deutung einbezogen. „Himmelskro­nen“, Kerzen und Sterne sind da nicht nur klanglich gemalt. Eine spannende Konstrukti­on, die die Hörer dann vor allem in der Wiederholu­ng des Zyklus am Ende genauer verfolgen konnten.

Eine geradezu religiöse Deutung des sprachmusi­kalischen Gedichts war Mayer in ihrer Kompositio­n gelungen, mal als meditativ-melancholi­sche Vertiefung in Form eines Trauermars­ches, mal mit expressive­n Akkorden und Flageolett-Effekten spielend. Schon ihr erster Kompositio­nsauftrag für die Augsburger Philharmon­iker vor elf Jahren, „Tristanesk“, hatte neben ihrer Kreativitä­t auch die geistige Beweglichk­eit bewiesen, mit der sie sich Herausford­erungen stellt und stets neue Kooperatio­nen eingeht.

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