Laden Preisbremsen zum Abkassieren ein?
Mit Milliardensummen wird der Staat Energie bezuschussen, um die Pleite von Verbrauchern und Unternehmen abzuwenden. Das könnte bei den Versorgern Begehrlichkeiten wecken. Die Linkspartei warnt bereits.
Vater Staat geht in die Vollen. Nach Corona bekämpft er jetzt die ökonomischen Folgen des Ukraine-Krieges mit enormen Beträgen. 200 Milliarden Euro stehen für den Abwehrschirm gegen die Preisexplosion bei Strom und Gas bereit. Damit werden die Energieausgaben von Haushalten und Unternehmen bezuschusst und heruntersubventioniert.
Für den Großteil des Verbrauchs übernimmt die Bundesregierung alles, was über den festgesetzten Grenzen liegt. 12 Cent je Kilowattstunde beträgt die Marke beim Gasverbrauch, 40 Cent beim Strom. Nur die Industrie hat andere Werte. „Da werden einige Versorger noch ein paar Cent nach dem Jahreswechsel drauflegen“, sagte neulich ein Kenner bei einem abendlichen Treffen der Energiebranche über den Dächern Berlins.
Denn Vater Staat bezahlt ja die Preiserhöhung. Ob die Kilowattstunde Strom 48 Cent oder 53 Cent kostet, ist im Mechanismus der Preisbremse egal. Die Differenz zu 40 Cent wird übernommen. Analog funktioniert es bei Gas. Den
Verdacht des Branchenkenners hat auch die Linkspartei, nur ist es bei ihr eine Befürchtung. „Ohne staatliche Preiskontrollen sind die Strom- und Gaspreisbremsen eine Einladung zum Abkassieren und ein Fass ohne Boden für die Steuerzahler“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch unserer Redaktion.
Er fordert, dass die Energieversorger und Stadtwerke ihre Preiskalkulationen dem Bundeswirtschaftsministerium melden und dieses dann die geplante Erhöhung absegnen müsste. Das habe auch einen preisdämpfenden Charakter. „Einfach laufen lassen und jeden beliebigen Preis bezahlen geht nicht“, betonte Bartsch.
Der Stadtwerkeverband VKU weist die unterstellte Abkassiererei auf Kosten der Steuerzahler entschieden zurück. „Der pauschale Vorwurf, der alle Energieversorger über einen Kamm schert und ihnen Optimierungsfinesse zulasten des Steuerzahlers unterstellt, ist grundfalsch“, sagte ein VKU-Sprecher unserer Redaktion. Im Gegenteil: Die konservative Beschaffungsweise der Stadtwerke habe Endkunden bislang vor noch höheren Preissteigerungen geschützt.
In den Gesetzentwürfen zu Strom- und Gaspreisbremse ist den Unternehmen die „missbräuchliche Ausnutzung“der Entlastungen verboten. Die Missbrauchskontrolle erfolgt durch das Bundeskartellamt. Die Behörde kann bei Betrug anordnen, dass die Zahlungen aus dem Abwehrschirm zurückzuerstatten sind. Für die Hüter des Wettbewerbs ist es der zweite Auftrag zur Überwachung milliardenschwerer Staatshilfen binnen Monaten. Das Kartellamt hatte auch ein Auge auf den Tankrabatt.
In einem vor wenigen Tagen vorgelegten Zwischenbericht kam es zu dem Ergebnis, dass die Mineralölkonzerne den Abschlag überwiegend an die Auto- und Lastwagenfahrer weitergereicht haben. Allerdings können die Beamten nur zugreifen, wenn ein Anfangsverdacht