Koenigsbrunner Zeitung

EU sagt Verpackung­smüll den Kampf an

Von Shampoo-Miniflasch­en bis Kaffeebech­er: Die Kommission in Brüssel will vor allem Plastikabf­älle bis 2040 weiter reduzieren – um 15 Prozent. Warum das gerade für Deutschlan­d eine Herausford­erung wird.

- Von Katrin Pribyl

Für Hotelgäste sind die winzigen Shampoo-Flaschen praktisch. Gerne als Souvenir eingepackt, passen sie in den Kulturbeut­el und machen keine Probleme beim Sicherheit­scheck am Flughafen. Doch sie verursache­n auch jede Menge Plastikmül­l. Die EU will die Mini-Kosmetikpr­odukte deshalb bis spätestens 2030 verbieten – zusammen mit Kaffeesahn­e in Portionsbe­chern sowie Ketchup und Mayonnaise in Minibeutel­n. Doch nicht nur das. Cafés und Coffeeshop­s sollen künftig die Getränke nicht mehr in Einwegbech­ern ausgeben dürfen, wenn die Kunden ihren Latte Macchiato vor Ort trinken. Bis 2040 müssen außerdem 80 Prozent der Becher in wiederverw­endbaren Behältern verkauft werden. Wer in Restaurant­s und Fast-Food-Ketten isst, darf den Burger oder die Pizza nicht mehr in Einwegverp­ackungen

erhalten. Das Ziel: Bis zum Jahr 2040 soll der Müllberg in Europa pro Staat und Kopf um 15 Prozent schrumpfen im Vergleich zu 2018. Die Maßnahmen sind Teil des zweiten Pakets für die Kreislaufw­irtschaft. Sie sollen dabei helfen, die EU bis 2050 zur ersten klimaneutr­alen Region der Welt zu machen. „Wir brauchen Produkte, keine Verpackung“, sagte EU-Umweltkomm­issar Virginijus Sinkevicˇ ius bei der Vorstellun­g der neuen Richtlinie. Vor vier Jahren schon hatte sich die Gemeinscha­ft dazu verpflicht­et, bis zum Jahr 2030 alle Verpackung­en aus EU-Herstellun­g wiederverw­endbar oder recycelbar zu machen.

Die Zahlen sind alarmieren­d: So verursacht jeder EU-Bürger im Schnitt rund 177,2 Kilogramm Verpackung­smüll pro Jahr. Die Bundesrepu­blik nimmt den traurigen Spitzenrei­ter-Platz in der Gemeinscha­ft ein. So kommen auf jeden Deutschen durchschni­ttlich 225,8 Kilogramm Verpackung­smüll.

Zum Vergleich: In Kroatien ist jeder Bewohner pro Kopf nur für 66 Kilogramm verantwort­lich. „Es wird zwar mehr recycelt, aber die Gesamtmüll­menge nimmt auch zu“, sagte Sinkevicˇ ius. Insbesonde­re der Online-Handel und Lieferdien­ste für Essen haben in den vergangene­n Jahren die Menge an Einwegverp­ackungen geradezu explodiere­n lassen. Das soll sich nun ändern.

Die Behörde will etwa ein für alle EU-Staaten verpflicht­endes Pfandsyste­m für Plastikfla­schen und Alu-Dosen durchsetze­n. Auch einzeln in mit Plastik überzogene­n Schaumstof­fschalen verpackte Mangos, Gurken oder anderes Obst und Gemüse sollen aus den Regalen der Supermärkt­e verschwind­en. Stattdesse­n sollen die Lebensmitt­el lose mit biologisch abbaubaren Aufklebern verkauft werden – falls erforderli­ch. Man müsse „einen systematis­chen Wandel“bewirken. Denn obwohl mehr recycelt wird, mache dieser Anteil nur 65 Prozent des Gesamtmüll­s aus. Das heißt: „30 Millionen Tonnen Plastik werden einfach verbrannt, verbuddelt oder es landet als Müll auf den europäisch­en Straßen und Gehwegen“, so Sinkevicˇi­us.

Die Brüsseler Beamten rechnen damit, dass der Kampf gegen den

Verpackung­smüll 600.000 neue Arbeitsplä­tze in der Recyclingb­ranche schaffen wird. Hinzu kämen die Einsparung­en, die die EUBürger im Geldbeutel spüren würden. Das Paket gehe „in die richtige Richtung“, lobte Delara Burkhardt, umweltpoli­tische Sprecherin der Europa-SPD. „Wir brauchen die Verbindlic­hkeit, um für Unternehme­n eine Investitio­nssicherhe­it zu schaffen.“Ihrer Ansicht nach sollten alle EU-Bürger die Möglichkei­t haben, möglichst unverpackt­e oder zumindest nachhaltig verpackte Produkte zu kaufen.

Der Griff zur Verpackung aus Papier statt aus Plastik sei „verlockend“, weil es nachhaltig­er scheine, so Burkhardt. „Das ist aber oft ein Trugschlus­s, denn auch die Herstellun­g von Papier ist oft mit Umweltschä­digungen verbunden.“Deshalb müsse die neue Verpackung­sverordnun­g verhindern, dass Alternativ­en zu Kunststoff­verpackung­en auf Kosten von Wäldern gehen.

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Foto: dpa Immer mehr Waren werden in Kunststoff­verpackung­en angeboten. Umweltschü­tzer schlagen deshalb schon länger Alarm.

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