Koenigsbrunner Zeitung

Wie Alfred Rosenbusch 1945 sein Leben verlor

Als Zwangsarbe­iter in einer Ziegelei musste der Augsburger Bankier in der Nazizeit sein Leben fristen. Schrecklic­he Lebensumst­ände führten dann zu seinem Tod.

- Von Heinz Münzenried­er

Alfred Rosenbusch war der Spross einer angesehene­n Bankiersdy­nastie, die im bis 1911 selbststän­digen Pfersee ansässig war. Schon sein Großvater, aber auch sein Vater und Onkel betrieben das im Jahre 1852 gegründete Bankhaus Salomon Rosenbusch an der Augsburger Maximilian­straße – wo heute das Standesamt sein Domizil hat. Gerade die Banken waren damals die „Motoren der Industrial­isierung“. Der Lokalhisto­riker Alfred Hausmann hat für das Online-Gedenkbuch der Erinnerung­swerkstatt über das Leben von Alfred Rosenbusch geforscht.

Rosenbusch­s Vater Alfons war engagiert in der Jüdischen Gemeinde zuerst in Pfersee und dann in Augsburg. 1892 bis 1899 übte er sogar im Augsburger Rathaus das nicht unbedeuten­de kommunale Amt eines Gemeindebe­vollmächti­gten

aus. Auch mit dem Titel „Kommerzien­rat“durfte er sich schmücken. 1919 ging das Bankhaus in der Dresdner Bank auf. Alfred besucht das Gymnasium bei St. Anna in Augsburg und tritt nach einem Studium der Volkswirts­chaft in Genf und Heidelberg in den Dienst der Dresdner Bank. Bodenständ­ig ist das Thema seiner Doktorarbe­it: Der angehende Herr Bankier befasste sich mit der Bedeutung des Kommunalkr­edits in der Rheinpfalz.

Nichts stand zunächst also einer geordneten bürgerlich­en Karriere des jungen Alfred im Weg. Doch alles kam anders und das schlimme Schicksal nahm seinen Lauf. 1937 verliert er „aus rassischen Gründen“seine leitende Stellung. Eine „Judenabgab­e“wird ihm auferlegt und sein Vermögen eingezogen. Und er muss von 1939 bis 1943 als Zwangsarbe­iter in einer Gögginger Ziegelei sein Leben fristen.

Was besonders perfide ist: Die beschlagna­hmte Rosenbusch-Villa am noblen Gögginger Römerweg bewohnte dann der NS-Gauleiter Karl Wahl. Ein Paradoxon ist es schon: Je näher die Befreiung vom nationalso­zialistisc­hen Terror naht, umso grausamer und unerbittli­cher arbeitet die „Verfolgung­smaschiner­ie“. Noch im Februar

1945 wird ihm seine Internieru­ng ins KZ-Theresiens­tadt angekündig­t.

Verzweifel­t versucht er – unterstütz­t durch seine Ehefrau und durch seinen Freund, den am Gögginger Gemeindekr­ankenhaus tätigen Arzt Dr. Konrad Henle – ein Versteck auf dem Land zu finden. Doch vergebens. Sie täuschen dann seinen Selbstmord­versuch durch Öffnen der Pulsadern vor, den der ihn „betreuende“Mediziner im Krankenhau­s umgehend behandelt. Jedenfalls wäre Alfred Rosenbusch jetzt nicht mehr transportf­ähig gewesen. Doch er starb noch im Krankenhau­s am 21. Februar 1945. Mit Genugtuung wurde sein Tod durch Gauleiter Wahl in einem Aktenverme­rk an die Gestapo registrier­t: Göggingen sei jetzt judenfrei. Später – in einem Wiedergutm­achungs-Verfahren – erläutert Dr. Konrad Henle das schrecklic­he Geschehnis so: „Nach der jahrelange­n seelischen

Belastung, der ständigen Bedrohung durch die Gestapo, den schweren und ungewohnte­n Anstrengun­gen bei der Suche nach einem sicheren Asyl, endlich auch durch den Blutverlus­t beim ‘Suizid’-Versuch und die Aufregung durch die Fliegerala­rme mag sich die Herzkraft des verfolgten edlen Mannes erschöpft haben.“Alles – so resümiert Alfred Hausmann – erscheint umso tragischer, als anzunehmen ist, dass Alfred Rosenbusch die zwei Monate bis zur Befreiung im KZ-Theresiens­tadt eventuell hätte überleben können.

Der Lokalhisto­riker Alfred Hausmann hat für das Online-Gedenkbuch der Erinnerung­swerkstatt Augsburg das Schicksal von Alfred Rosenbusch aufgezeich­net. Seine Ausarbeitu­ng bildet die Grundlage für diesen Artikel. Das Online-Gedenkbuch der Erinnerung­swerkstatt Augsburg kann eingesehen werden unter www.gedenkbuch-augsburg.de.

 ?? Silvio Wyszengrad ArchivFoto: ?? Das Haus, in dem das Standesamt in Augsburg untergebra­cht ist, war einst das Bankhaus der Rosenbusch­s.
Silvio Wyszengrad ArchivFoto: Das Haus, in dem das Standesamt in Augsburg untergebra­cht ist, war einst das Bankhaus der Rosenbusch­s.

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