Energiewende – bald auch in Scherstetten?
Die Initiative Bürgerenergie möchte in ihren Planungen in Scherstetten alle Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot nehmen – doch es drängt die Zeit.
Fast allen Menschen brennt zur Zeit die Frage „Was können wir in Punkto Energiekrise tun?“auf den Nägeln. Eine erst kürzlich gegründete Bürgerinitiative aus Scherstetten möchte dieser Frage kommunal eine Plattform geben und im Schulterschluss mit der Gemeinde Scherstetten sowie den Bürgern aller Ortsteile Lösungen finden, um im besten Fall aktiv bei der regionalen Energiewende mitzuwirken.
Bekanntlich befindet sich Deutschland derzeit in einer Energiekrise, die sich durchaus zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise ausweiten könnte. Hinzu kommen noch die Klimakrise und der hierzu gehörende Wandel zu erneuerbaren Energien. Mit den Gesetzesänderungen vom Juli 2022 wurde nun eine schnellere und konsequentere Umsetzung für den Ausbau von erneuerbaren Energien geschaffen. So soll zum Beispiel auch Bürgerenergiegesellschaften eine einfachere und unbürokratischere Realisierung von Projekten ermöglicht werden. Dies ist einer der Gründe, warum die Initiatoren Tobias Ruf und Bastian Wottrich zusammen mit 14 weiteren Personen die Initiative Bürgerenergie für die Gemeinde Scherstetten im Oktober ins Leben gerufen haben.
Die Bürgerenergie Scherstetten hat das Ziel, die Energiewende in der Gemeinde Scherstetten durch Projekte zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, zur Steigerung von Energieeffizienz und zur Energieeinsparung anzustoßen und umzusetzen sowie den Energiebedarf in der Gemeinde zu decken. „Wir möchten allen die Möglichkeit eröffnen, sich aktiv daran zu beteiligen und an einer nachhaltigen und dezentralen Energieversorgung mitzuwirken“, forderte Tobias Ruf die zahlreich erschienen Bürgerinnen und Bürger im Schützenheim Scherstetten auf. Außerdem möchte die Initiative die Bürger gezielt über Themen wie zum Beispiel energetische Sanierung, Energiesparmaßnahmen oder über Projekte durch Vorträge und Informationskampagnen informieren.
Bastian Wottrich informierte die Versammlung mit anschaulichen Zahlen über den derzeitigen Strommix, zukünftigen Stromverbrauch sowie die Ausbauziele bis 2030 von Wind- und Solaranlagen in Deutschland. Der Fokus der
Energiegewinnung liegt hier klar auf Wind- und Photovoltaikanlagen, die gegenüber anderen Energiequellen kostengünstiger umzusetzen sind. Interessant war dabei auch der Energiemonitor der LEW, der ab 1. Januar 2023 auch auf der Homepage der Gemeinde eingebunden wird. Hier ist schnell ersichtlich, woher der Strom kommt, wie viel davon schon autark und aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und wo der Strom letztendlich verbraucht wird.
Für Tobias Ruf und Bastian Wottrich steht die Richtung, die diese Thematik umfasst, fest: Es besteht ein enormer Handlungsdruck auf die Politik und die Gesellschaft, die Ziele der Energiewende zu erreichen. Globale Abhängigkeiten sollen minimiert werden und viele privatwirtschaftliche Unternehmen sind bereits unterwegs, um sich ein dickes Kuchenstück des neuen Marktes zu sichern. Darum gibt es auf die folgende
Frage eigentlich nur eine Antwort: Wollen sich die Scherstetter Bürger aktiv an der Entstehung und Umsetzung von erneuerbaren Energieprojekten beteiligen, den Wohlstand sichern, die regionale Wirtschaft fördern und damit das Feld nicht anderen überlassen? Und ja, Scherstetten steht diesem Thema sehr aufgeschlossen entgegen.
Im Gemeindegebiet bietet sich so zum Beispiel aufgrund einer Windpotenzialanalyse auf dem östlichen Höhenrücken an der Grenze in Richtung Schwabegg eine sehr gute Voraussetzung für Windkraft. Eventuell wären Kooperationen mit anderen Initiativen oder Gemeinden eine Idee. Aber auch Photovoltaik-Energie wäre auf Basis der guten Sonnenlage in Süddeutschland eine Möglichkeit. Auf privaten Dächern und Gemeindeimmobilien ist dies bereits gang und gäbe und sogar Kirchen sind nicht mehr abgeneigt,
hier etwas zu unternehmen. Unter Umständen sollten Neubauten nur noch verpflichtend mit einer PVAnlage errichtet werden dürfen. Als letzten Punkt hatte Tobias Ruf auch ein mögliches Nah- und Fernwärmenetz im Ort auf der Agenda. Hier möchte die Bürgerinitiative mit einem Fragebogen eine Ausgangsbasis
von Art der Heizung, Verbrauch und Energieeffizienz des Gebäudes von den Hausbesitzern abfragen.
Ganz eng an der Seite der Bürgerinitiative steht die Gemeinde Scherstetten in Person von Bürgermeister Robert Wippel. Er klärte in kurzen Worten die Anwesenden über die neue rechtliche Lage auf und betonte, dass die Zeit erheblich drängt und die Gemeinde bis
spätestens 1. Februar 2023 Planungen begonnen haben muss, um hier unerwünschte Privilegierungen noch zu steuern. Scherstetten hat dann eine sogenannte Konzentrationsflächenplanung mit Ausschlusswirkung bis zum 1. Februar 2024 fertigzustellen. Auf diesen Konzentrationsflächen könnte dann mit Windkraft geplant werden. Dies wird im Dezember in der Verwaltungsgemeinschaft Stauden mit den anderen Gemeinden, die dieses Thema im gleichen Maße betrifft, sowie im Gemeinderat besprochen.
Die erste Arbeitssitzung der Initiative soll Mitte Februar 2023 zum Schwerpunkt Wind stattfinden. Hier geht es um die Erarbeitung der Grundlageninformation und Analyse von konkreten Umsetzungsmöglichkeiten und der Organisation des Bürgerdialogs. Über die Internetseite der Gemeinde Scherstetten sind hierbei ab sofort alle Informationen abrufbar.
Planungen müssen bis 1. Februar beginnen