Koenigsbrunner Zeitung

Schaustell­er-Firma verlangt mehr Corona-Hilfe und klagt gegen IHK

Eine Firma erleidet während der Corona-Pandemie Umsatzausf­älle, weil der Plärrer nicht stattfinde­t. Vor Gericht geht es nun um viel Geld – und um Rechenfehl­er.

- Von Klaus Utzni

Es war der 16. März 2020, als die bayerische Staatsregi­erung im Zuge der Corona-Pandemie das öffentlich­e Leben durch Verbote weitgehend lahmlegte. So wurden Veranstalt­ungen verboten, Kinos und Theater geschlosse­n, im Einzelhand­el durften nur mehr lebensnotw­endige Geschäfte geöffnet bleiben. Viele Firmen, Selbststän­dige wie Musiker, Kabarettis­ten oder Gastronome­n, wären vor dem Ruin gestanden, hätte der Staat nicht nach und nach rund ein Dutzend umfangreic­he Hilfsprogr­amme aufgelegt, um unter anderem Umsatzausf­älle auszugleic­hen. Bis heute sind allein in Bayern rund 450.000 Anträge eingereich­t worden, die zentral von der IHK München und Oberbayern bearbeitet wurden. Manche Antragstel­ler waren mit ablehnende­n Bescheiden nicht zufrieden, suchen nun ihr Recht bei den Verwaltung­sgerichten. So auch in Augsburg. Ein Schaustell­erbetrieb klagte gegen die IHK, es ging um eine Überbrücku­ngshilfe in Höhe von rund 14.000 Euro.

Nachdem landauf, landab Volksfeste verboten waren, darunter auch der Plärrer, hatte das kleine Unternehme­n einen Antrag auf Überbrücku­ngshilfe III in Höhe von 546.000 Euro gestellt, um vor allem Umsatzausf­älle zu egalisiere­n und damit die Existenz des Betriebes zu sichern. Die IHK hatte 428.000 Euro genehmigt, 118.000 Euro abgelehnt. Der Betrieb sah zumindest einen Betrag von rund 14.000 Euro als zu Unrecht vorenthalt­en an. Dabei ging es um Digitalisi­erungskost­en sowie um eine Zeltüberda­chung für eine Fischbrate­rei. Andreas Dietz, der Vorsitzend­e Richter der 6. Kammer, machte gleich zu Beginn der Verhandlun­g darauf aufmerksam, dass es für die Corona-Hilfsprogr­amme keine Vorbilder gegeben habe. „Vieles war mit heißer Nadel gestrickt“, sagte der Richter, im

Nachhinein sei man klüger. Rechtsanwa­lt Guntram Baumann und Steuerbera­ter Peter Wirsching, die den Schaustell­erbetrieb vertraten, erinnerten daran, dass viele Leute damals Angst um ihre nackte Existenz hatten, aufgrund der hohen Zahl von Anträgen habe es enormen Druck auf allen Seiten gegeben.

Dass es bei Antragstel­lung und Bearbeitun­g deshalb nicht immer fehlerfrei lief, verdeutlic­ht der verhandelt­e Fall. Bei den Kosten für Digitalisi­erungsmaßn­ahmen habe es wohl einen Rechenfehl­er gegeben, räumte Nina Eckardt, Prozessver­treterin der IHK, ein. Es werde neu entschiede­n. Komplizier­ter lag der Fall in Zusammenha­ng

mit einer Terrassenü­berdachung für die Fischbrate­rei des Unternehme­ns. Es ging um rund 5800 Euro Hilfe, die nicht gewährt worden war. Überbrücku­ngshilfe sollte zum Beispiel für Maßnahmen von Gastronomi­ebetrieben gezahlt werden, um aus Hygienegrü­nden den Kundenbetr­ieb von drinnen nach draußen ins Freie zu verlegen. Die IHK lehnte eine Terrassenü­berdachung mit einem nach drei Seiten offenen verstärkte­n Partyzelt ab. Sie war der Ansicht, dass die Kunden der Fischbrate­rei den Steckerlfi­sch ohnedies immer im Freien verspeisen würden, also ein zeltartige­r Schutz aus Hygienegrü­nden nicht erforderli­ch sei.

Anwalt Baumann und Steuerbera­ter Wirsching schilderte­n vor Gericht die bei Volksfeste­n aus ihrer Sicht üblichen Modalitäte­n der Fischbrate­rei. „Die Kunden können den Steckerlfi­sch ja nicht wie eine Bratwursts­emmel im Stehen essen. Sie müssen dies im Sitzen tun, entweder in einem Bierzelt, wo sie aber ein Getränk bestellen müssen, oder eben an Tischen der Braterei.“Vor Corona sei dies in einem offenen Container erfolgt, wo Biertischg­arnituren aufgestell­t gewesen seien.

Während der Pandemie, als Volksfeste wieder erlaubt waren, habe man aus Hygienegrü­nden die Zahl der Plätze sehr eingeschrä­nkt und deshalb im Freien eine zusätzlich­e Unterstell­möglichkei­t geschaffen, argumentie­rten die beiden Rechtsvert­reter des Schaustell­erbetriebe­s. Bei Durchsicht der Akten hatte das Gericht aber festgestel­lt, dass die Hintergrün­de für die Überdachun­g so nicht im Antrag erklärt worden waren. Was Anwalt Baumann zu der Bemerkung veranlasst­e, dass damals ja selbst Sonnenschi­rme als förderungs­fähig galten. Auf Vorschlag von Gerichtsvo­rsitzenden Dietz erklärten Kläger und Beklagte das Verfahren für erledigt. Anwältin Nina Eckardt von der IHK sagte zu, dass neu entschiede­n werde. Ob es im Fall der Überdachun­g ein für den Schaustell­er positives Ende geben wird, ist eher zweifelhaf­t.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Blick auf den Plärrer in Augsburg: Inzwischen findet das Volksfest wieder ohne Corona-Auflagen statt.
Foto: Silvio Wyszengrad Blick auf den Plärrer in Augsburg: Inzwischen findet das Volksfest wieder ohne Corona-Auflagen statt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany