Koenigsbrunner Zeitung

Fahnder erwischen Steuerbetr­üger in Restaurant­s

Die Chefs eines Lokals in Augsburg sollen mit einer speziellen Software enorme Summen hinterzoge­n haben. Offenbar nutzen Restaurant­betreiber bundesweit dieses Programm.

- Von Jan Kandzora

Das Computerpr­ogramm hatte einen eindeutige­n Zweck. Es ließ, wie bei einem Zaubertric­k, Dinge einfach verschwind­en. Nur dass diese Dinge Rechnungen waren, die mit wenigen Mausklicks aus den Buchhaltun­gen von Restaurant­s verschwand­en – das ist aber kein Zaubertric­k, sondern kriminell. Die Firma aus Gelsenkirc­hen, die das Manipulati­onssystem entwickelt hatte und verkaufte, hatte Hunderte Kunden in Deutschlan­d – darunter auch in der Region Augsburg.

Am Amtsgerich­t läuft inzwischen ein Prozess gegen Verantwort­liche eines Asia-Restaurant­s in der Stadt, die auch mithilfe des Programms Steuern in großem Stil hinterzoge­n haben sollen. Sie sind nicht die einzigen hier.

Eingebaut in das speziell entwickelt­e Kassensyst­em „Multiway“war den Ermittlung­en zufolge eine Funktion namens „Win-Restaurant“, die es Restaurant­betreibern ermöglicht­e, Umsätze nachträgli­ch zu frisieren. Die Software sollte die Zahlen so aufbereite­n, dass dem Finanzamt nichts auffiel, das war die Idee. Den Steuerfahn­dern gelang es dennoch, die beiden chinesisch­en Brüder zu überführen, die hinter „Multiway“und „WinRestaur­ant“standen: Sie schickten Testesser in Restaurant­s und überprüfte­n, ob deren Rechnungen später in der Steuererkl­ärung der Betriebe auftauchte­n. Nach umfangreic­hen Ermittlung­en kam die Staatsanwa­ltschaft Oldenburg in Norddeutsc­hland den beiden

schließlic­h auf die Spur – und entdeckte auch Kundendate­n.

Diese Kundendate­n führten offenbar auch zu mehreren Durchsuchu­ngsaktione­n im Raum Augsburg,

unter anderem zu einer am 19. Mai 2019 in einem asiatische­n Restaurant in der Stadt. Wie berichtet sind inzwischen vier Verantwort­liche des Betriebs vor dem Amtsgerich­t angeklagt, drei Männer und eine Frau mit chinesisch­en Wurzeln. Sie sollen bei Abgaben an den Staat getrickst haben, insgesamt geht es um über eine Million Euro Steuern, die jeweiligen Vorwürfe gegen die Angeklagte­n wiegen aber unterschie­dlich schwer. Den Ermittlung­en zufolge haben sich die Delikte im Zeitraum von 2011 bis zur Razzia im Mai 2019 zugetragen; eine 55-jährige Frau, die von der Staatsanwa­ltschaft als faktische Geschäftsf­ührerin der Betreiberf­irma hinter dem Restaurant gesehen wird, war 2019 kurzzeitig in Untersuchu­ngshaft. Ein Urteil gab es am ersten Prozesstag vergangene Woche noch nicht. Absehbar ist, dass es nicht das letzte Verfahren dieser Art an Augsburger Gerichten sein wird. Erst kürzlich mussten sich Gastronome­n in einem anderen Fall am Amtsgerich­t verantwort­en, in dem es um die Schummelso­ftware ging; und insgesamt ist die Liste der „Multiway“-Kunden aus der Region wohl etwas länger. So liegt die Zahl der Verfahren, die aufgrund der Erkenntnis­se der Oldenburge­r Ermittlung­sbehörde im Raum geführt wurden, „knapp unter zehn“, wie es von der Staatsanwa­ltschaft Augsburg auf Anfrage heißt. Die beiden Brüder, die das SchummelSy­stem erfanden, waren bereits 2019 verurteilt worden. Am Landgerich­t Osnabrück erhielten sie Haftstrafe­n von knapp acht und vier Jahren.

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Foto: Justin Lane, dpa (Symbolbild) Vier Verantwort­liche eines asiatische­n Restaurant­s stehen vor Gericht.

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