Koenigsbrunner Zeitung

Bund Naturschut­z will sich weiter gegen die Rodung des Auwalds wehren

Im Streit um ein geplantes Gewerbegeb­iet kritisiere­n Umweltschü­tzer nicht nur die Bezeichnun­g „Industrieb­rache“, sondern auch ein Faltblatt. Und sie verweisen auf die brisante Vergangenh­eit des Geländes.

- Von Elmar Knöchel

Wehringen Das geplante Gewerbegeb­iet „Auwald“ist ein rund vier Hektar großes Waldstück, das im Zentrum aus einer Fichtenmon­okultur besteht. Die Gemeinde Wehringen plant, den Wald zu roden, um dort ein Gewerbegeb­iet zu errichten. Laut Wehringens Bürgermeis­ter Manfred Nerlinger bestehe großes Interesse an den Grundstück­en. Die Anfrage übersteige das Angebot bei Weitem. Im Moment werden Bodenunter­suchungen durchgefüh­rt, um die Belastung durch giftige Stoffe bestimmen zu können. Zu diesem Zweck wurden bereits einige Flächen vom Bewuchs entfernt. In den zurücklieg­enden Monaten fanden mehrere Protestakt­ionen zum Erhalt des Waldes statt.

Auch bei der jüngsten Jahreshaup­tversammlu­ng des Bund Naturschut­z in Bobingen gab es Kritik. „Sieht so eine Industrieb­rache aus?“, fragte Peter Roth. Er zeigte Bilder aus dem Waldstück im Auwald, auf denen eine florierend­e Naturlands­chaft zu sehen war. Aus Sicht der Naturschüt­zer handelt es sich – entgegen der Sichtweise der Gemeinde Wehringen – um ein ökologisch wertvolles Waldstück, in dem einige seltene, manchmal sogar geschützte Tier- und Pflanzenar­ten vorkommen. Roth nannte zum Beispiel die im Frühjahr in großer Zahl blühenden Buschwindr­öschen. Zudem hätten einige Exemplare von Türkenbund­lilien gefunden werden können. Diese Art sei nach der Bundesarte­nschutzver­ordnung geschützt. „Wer eine derartige Pflanze ausgräbt, muss mit einer Strafe von 50 Euro rechnen“, sagt Roth. Während einer Begehung habe man innerhalb von nur zwei Stunden rund 60 verschiede­ne Insektenar­ten bestimmen können. Es gebe noch eine weitere Funktion, die dieser kleine Wald erfülle, erklärte Roth: „Er ist ein Wanderkorr­idor für Tiere.“Das Gebiet stelle die letzte durchgehen­de Waldverbin­dung zwischen Wertachaue­n und Hochwald dar.

Weiterer Kritikpunk­t der Naturschüt­zer war ein Faltblatt der Gemeinde Wehringen zum „Gewerbegeb­iet Hoechst“. Durch die Bildwahl entstehe der Eindruck, dass eine triste Monokultur durch ein blühendes Ausgleichs­gebiet ersetzt werden könnte. Die Realität sehe anders aus. Die geplanten Ausgleichs­flächen seien weit entfernt vom jetzigen Waldgebiet. Es seien keine zusammenhä­ngenden Gebiete, sondern es werde an vorher landwirtsc­haftlich genutzten Flächen gepflanzt. Solche Pflanzunge­n wären kritisch zu sehen, da diese oft geringe Überlebens­chancen hätten. Laut Peter Roth seien im zurücklieg­enden – sehr trockenen Sommer – bereits die Hälfte der gepflanzte­n Jungbäume eingegange­n.

Mittlerwei­le habe sich der Bund Naturschut­z anwaltlich­e Hilfe gesichert und einen Experten für die Altlastenf­rage hinzugezog­en. Denn das geplante Gewerbegeb­iet solle auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsf­abrik „Fasan II“errichtet werden. Dort wurden im Zweiten Weltkrieg hochgiftig­e Sprengstof­fe hergestell­t. Eine Belastung des Gebietes gelte daher als sehr wahrschein­lich.

Man wolle sicherstel­len, dass die Öffentlich­keit umfassend über die Ergebnisse der Bodenprobe­n informiert werde. Gleichzeit­ig versuche man mit anwaltlich­er Hilfe Unklarheit­en oder verfahrens­technische Fehler im Bebauungsp­lan zu finden, um diesen anfechten zu können. Wehringens Bürgermeis­ter Manfred Nerlinger legte auf Anfrage dar, dass die Bilder im genannten Flyer Originalau­fnahmen wären.

Eine bewusste Bearbeitun­g habe nicht stattgefun­den. Er bestätigte, dass einige der jungen Pflanzen der Neuanpflan­zungen eingegange­n wären. „Das ist normal. Die Bäume werden nachgepfla­nzt. Wir haben in Wehringen große Erfahrung mit dem Waldumbau“, so Nerlinger. Für den Fall der Auwald-Rodung befürchtet der Wehringer Bürgermeis­ter – mit Blick auf die Ereignisse in Lützerath – ähnliche Aktionen von Klima-Aktivisten in Wehringen.

Beim Ausgraben einer Türkenbund­lilie droht eine Strafe

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Foto: Elmar Knöchel Diese Broschüre wurde vom Bund Naturschut­z als „gelungener Werbeschac­hzug“kritisiert.

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