Koenigsbrunner Zeitung

Was ist dran am Mythos Mondholz?

Max Karle hat zur Verkleidun­g seines Hauses in Schlingen in einer bestimmten Mondphase Holz geschlagen und ist überzeugt von dessen positiven Eigenschaf­ten. Das Thema beschäftig­t auch Forstleute, Zimmerer und Orgelbauer.

- Von Kathrin Elsner

Schlingen Vor dem Haus von Max Karle liegen große entrindete Lärchenstä­mme, die er bewusst im Dezember am Tag nach Vollmond gefällt hat. Seiner Überzeugun­g nach ein idealer Zeitpunkt, um ein besonders robustes Holz zu erhalten – auch gegenüber Schädlinge­n und Flammen.

Einen Tag nach Vollmond beginnt die abnehmende Mondphase, in der Karle im familienei­genen Wald Lärchen für die Fassadenko­nstruktion und Fichten für die Unterkonst­ruktion erntet. Er macht das im Dezember, da es wichtig sei, die Bäume in der Ruhephase zu fällen. „Zur richtigen Mondphase geerntetes Lärchenhol­z braucht man nicht zu behandeln und nicht zu streichen“, ist er überzeugt. Das Holz sei resistente­r gegenüber Witterungs­einflüssen, würde nicht reißen oder schimmeln. „Ich will es so haben, dass ich die nächsten 100 Jahre mit dem Holz nichts mehr zu tun habe“, sagt Karle. Er hat die Baumstämme bereits entrindet und lagert sie nun im Ganzen mindestens 1,5 Jahre, denn auch die Weitervera­rbeitung des Holzes sei entscheide­nd, um die positiven Eigenschaf­ten zu erhalten. Zu diesen gehöre auch, dass Mondholz nicht faule, von Insekten befallen werde, nicht brenne, sondern nur schwarz werde.

Philipp Götzfried ist Förster sowie Geschäftsf­ührer der Forstbetri­ebsgemeins­chaft Mindelheim und hat Erfahrung mit Mondholz. Für den Bau seines Holzhauses achtete er bei der Ernte auf die Mondphasen nach dem forstamtli­chen Mondkalend­er. „Wenn ich nichts davon halten würde, hätte ich es nicht gemacht“, sagt Götzfried. Bei dem Bauholz fürs Haus sei logischerw­eise auch Brennholz angefallen, das er selbst verfeuert hätte. „Brennt tadellos“, berichtet er zur angebliche­n Nicht-Brennbarke­it. Martin Filser aus Frankenhof­en hat als Zimmermann 38 Jahre Erfahrung mit Mondholz in Holzhäuser­n. „Es gibt nichts besseres als nach den Mondphasen geschlagen­es Holz“, ist er überzeugt.

Warum sind die Erfahrunge­n mit Mondholz so unterschie­dlich? Norbert Fischer ist Förster und Geschäftsf­ührer der Forstbetri­ebsgemeins­chaft Kaufbeuren. „Wenn ich mit Mondphasen arbeiten möchte, muss ich mehrere Dinge beachten“, gibt er zu bedenken. Der im Boden verankerte Baum nehme den Verlauf von Sonne und Mond mit, erklärt er. „Wenn man es bildlich darstellen möchte, wird ein Baum den Kopf immer von links nach rechts schwenken“, sagt Fischer. „Das beeinfluss­t die Bewegung in der Holzfaser.“Früher hätte man deshalb die Himmelsric­htungen am Stamm markiert und den Stamm in einer bestimmten Richtung ins Sägegatter eingelegt. Genauso sei auch die Austrocknu­ngsphase des Holzes entscheide­nd. Früher habe man die Äste nach dem Fällen noch eine Zeit stehen lassen, um Feuchtigke­it besser aus dem Baum zu ziehen. Die Stämme seien auch mal fünf Jahre aufgelager­t gelegen. Selbst wenn heute der Baum in der passenden Mondphase geschlagen werde, sei er oft binnen sechs Wochen im Sägewerk, das Holz werde möglicherw­eise technisch getrocknet. „Es gibt eine Mondphase, bei der man früher das Holz zum Kaminbau geschlagen hat“, sagt Fischer, das habe bewirkt, dass das Holz nicht so schnell entzündlic­h war.

Markus Bendel ist Orgelbauer bei der Firma Johannes Klais, von der auch die Orgel in der Wörishofer Stadtpfarr­kirche St. Justina stammt. Da diese jedoch schon Ende der Achtzigerj­ahre gebaut wurde, lässt sich heute nicht mehr nachvollzi­ehen, ob Mondholz verwendet wurde. Denn: Das Bewusstsei­n entstand bei den Orgelbauer­n der Firma in den Neunzigerj­ahren, als bei der Restaurier­ung einer Orgel festgestel­lt wurde, dass Fichtenhol­zteile aus dem 18. Jahrhunder­t intakt, andere, die Ende des 19. Jahrhunder­ts eingebaut wurden, verwurmt waren.

„Wir können nicht mit Sicherheit sagen, welche Faktoren entscheide­nd sind“, sagt Bendel. „Heute achten wir darauf, dass das Holz in den Ruhephasen im Winter geschlagen wird, möglichst bei abnehmende­m Mond“, sagt er. „Ich habe oft gehört, das sei esoterisch­er Humbug“, sagt er. „Wir haben gesehen, dass es einen Unterschie­d gibt. Das ist keine wissenscha­ftliche Erkenntnis unserersei­ts, das ist nur etwas, was wir beobachtet haben, es ist eigentlich mehr eine Sinneswahr­nehmung.“

Auch die Wissenscha­ft hat sich mit Mondholz beschäftig­t. Bezüglich Brennbarke­it des Holzes, Resistenz, Schwindung, Härte und Holzfeucht­e konnte die Professur für Forstnutzu­ng an der Technische­n Universitä­t Dresden keinen Unterschie­d feststelle­n. „Holz brennt und arbeitet jederzeit“, ist auf der Internetse­ite dazu zu lesen. Dennoch regt die TU an, die Forschunge­n an Mondholz weiterzufü­hren und nicht von vorn herein als „esoterisch“abzutun.

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Fotos: Kathrin Elsner Max Karle hat für die Fassade seines Wohnhauses in Schlingen im Dezember bei abnehmende­m Mond Holz geschlagen.
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Steckt auch in Bad Wörishofen­s Klais-Orgel Mondholz? Die Orgelbauer bei Klais achten mittlerwei­le jedenfalls auf die Fällbeding­ungen.
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Am Tag nach Vollmond beginnt die Mondholz-Phase.

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