Was ist dran am Mythos Mondholz?
Max Karle hat zur Verkleidung seines Hauses in Schlingen in einer bestimmten Mondphase Holz geschlagen und ist überzeugt von dessen positiven Eigenschaften. Das Thema beschäftigt auch Forstleute, Zimmerer und Orgelbauer.
Schlingen Vor dem Haus von Max Karle liegen große entrindete Lärchenstämme, die er bewusst im Dezember am Tag nach Vollmond gefällt hat. Seiner Überzeugung nach ein idealer Zeitpunkt, um ein besonders robustes Holz zu erhalten – auch gegenüber Schädlingen und Flammen.
Einen Tag nach Vollmond beginnt die abnehmende Mondphase, in der Karle im familieneigenen Wald Lärchen für die Fassadenkonstruktion und Fichten für die Unterkonstruktion erntet. Er macht das im Dezember, da es wichtig sei, die Bäume in der Ruhephase zu fällen. „Zur richtigen Mondphase geerntetes Lärchenholz braucht man nicht zu behandeln und nicht zu streichen“, ist er überzeugt. Das Holz sei resistenter gegenüber Witterungseinflüssen, würde nicht reißen oder schimmeln. „Ich will es so haben, dass ich die nächsten 100 Jahre mit dem Holz nichts mehr zu tun habe“, sagt Karle. Er hat die Baumstämme bereits entrindet und lagert sie nun im Ganzen mindestens 1,5 Jahre, denn auch die Weiterverarbeitung des Holzes sei entscheidend, um die positiven Eigenschaften zu erhalten. Zu diesen gehöre auch, dass Mondholz nicht faule, von Insekten befallen werde, nicht brenne, sondern nur schwarz werde.
Philipp Götzfried ist Förster sowie Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Mindelheim und hat Erfahrung mit Mondholz. Für den Bau seines Holzhauses achtete er bei der Ernte auf die Mondphasen nach dem forstamtlichen Mondkalender. „Wenn ich nichts davon halten würde, hätte ich es nicht gemacht“, sagt Götzfried. Bei dem Bauholz fürs Haus sei logischerweise auch Brennholz angefallen, das er selbst verfeuert hätte. „Brennt tadellos“, berichtet er zur angeblichen Nicht-Brennbarkeit. Martin Filser aus Frankenhofen hat als Zimmermann 38 Jahre Erfahrung mit Mondholz in Holzhäusern. „Es gibt nichts besseres als nach den Mondphasen geschlagenes Holz“, ist er überzeugt.
Warum sind die Erfahrungen mit Mondholz so unterschiedlich? Norbert Fischer ist Förster und Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Kaufbeuren. „Wenn ich mit Mondphasen arbeiten möchte, muss ich mehrere Dinge beachten“, gibt er zu bedenken. Der im Boden verankerte Baum nehme den Verlauf von Sonne und Mond mit, erklärt er. „Wenn man es bildlich darstellen möchte, wird ein Baum den Kopf immer von links nach rechts schwenken“, sagt Fischer. „Das beeinflusst die Bewegung in der Holzfaser.“Früher hätte man deshalb die Himmelsrichtungen am Stamm markiert und den Stamm in einer bestimmten Richtung ins Sägegatter eingelegt. Genauso sei auch die Austrocknungsphase des Holzes entscheidend. Früher habe man die Äste nach dem Fällen noch eine Zeit stehen lassen, um Feuchtigkeit besser aus dem Baum zu ziehen. Die Stämme seien auch mal fünf Jahre aufgelagert gelegen. Selbst wenn heute der Baum in der passenden Mondphase geschlagen werde, sei er oft binnen sechs Wochen im Sägewerk, das Holz werde möglicherweise technisch getrocknet. „Es gibt eine Mondphase, bei der man früher das Holz zum Kaminbau geschlagen hat“, sagt Fischer, das habe bewirkt, dass das Holz nicht so schnell entzündlich war.
Markus Bendel ist Orgelbauer bei der Firma Johannes Klais, von der auch die Orgel in der Wörishofer Stadtpfarrkirche St. Justina stammt. Da diese jedoch schon Ende der Achtzigerjahre gebaut wurde, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen, ob Mondholz verwendet wurde. Denn: Das Bewusstsein entstand bei den Orgelbauern der Firma in den Neunzigerjahren, als bei der Restaurierung einer Orgel festgestellt wurde, dass Fichtenholzteile aus dem 18. Jahrhundert intakt, andere, die Ende des 19. Jahrhunderts eingebaut wurden, verwurmt waren.
„Wir können nicht mit Sicherheit sagen, welche Faktoren entscheidend sind“, sagt Bendel. „Heute achten wir darauf, dass das Holz in den Ruhephasen im Winter geschlagen wird, möglichst bei abnehmendem Mond“, sagt er. „Ich habe oft gehört, das sei esoterischer Humbug“, sagt er. „Wir haben gesehen, dass es einen Unterschied gibt. Das ist keine wissenschaftliche Erkenntnis unsererseits, das ist nur etwas, was wir beobachtet haben, es ist eigentlich mehr eine Sinneswahrnehmung.“
Auch die Wissenschaft hat sich mit Mondholz beschäftigt. Bezüglich Brennbarkeit des Holzes, Resistenz, Schwindung, Härte und Holzfeuchte konnte die Professur für Forstnutzung an der Technischen Universität Dresden keinen Unterschied feststellen. „Holz brennt und arbeitet jederzeit“, ist auf der Internetseite dazu zu lesen. Dennoch regt die TU an, die Forschungen an Mondholz weiterzuführen und nicht von vorn herein als „esoterisch“abzutun.