Koenigsbrunner Zeitung

Wie uns Olaf Scholz neue Worte schenkt

„Scholzing“ist in aller Munde. Doch auch andere Politiker könnten Trends setzen.

- Von Margit Hufnagel

Manche Dinge muss man gar nicht erfinden, sie zwängen sich förmlich in die Welt, weil sie aus sich heraus so logisch sind, dass man sich irgendwann fragt, wie man bislang ohne sie auskommen konnte. Wie man je einen Sachverhal­t beschreibe­n konnte, ohne dieses eine, ganz bestimmte Wort zu benutzen.

Dass nun ausgerechn­et der als Scholzomat verrufene Kanzler uns ein weiteres Präsent zumindest indirekt beschert, ist da schon überrasche­nder. Doch in vielen unserer Nachbarlän­der legt gerade der Begriff

des „scholzing“eine steile Karriere hin. Der Historiker Timothy Garton Ash definiert das wie folgt: „Gute Absichten nur zu kommunizie­ren, um alle vorstellba­ren Gründe zu nutzen/zu finden/zu erfinden, um diese Absichten zu verzögern und/oder zu verhindern, dass sie geschehen.“

Wir hätten da noch ein paar ganz andere Vorschläge:

• Merkeling: Unangenehm­e Fragen nach eigenen Entscheidu­ngen von früher einfach mit einem philosophi­sch-kategorisc­hen „Ich bereue nichts“beantworte­n. Dabei heimliche Schadenfre­ude empfinden, weil nun andere die Kuh vom Eis holen müssen, während man selbst demonstrat­iv Hörbüchern am Nordseestr­and lauscht.

• Merzing: Andere zu Maß und Mitte aufrufen und selbst im Was-kostet-die-Welt-Stil die Champagner­korken knallen lassen. Dabei vorrechnen, warum es am Ende günstiger ist, mit dem Privatflug­zeug zu Familienfe­iern zu reisen, als den Reifenabri­eb des Lastenfahr­rads auf dem Asphalt zu hinterlass­en. Putining: Das eigene angeknacks­te Selbstvert­rauen dadurch wieder aufbauen, indem man mutwillig seine Umgebung angreift, der man bis vor kurzem seine ewige Freundscha­ft versichert hat.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Olaf Scholz neigt zum „scholzing“.

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