Zerbricht die „Werte-Union“am Fall Maaßen?
Die CDU-Spitze will nicht nur den neuen Chef der erzkonservativen Gruppierung loswerden. Sie ruft auch ihre Mitglieder dazu auf, sich zu entscheiden: Entweder CDU oder „Werte-Union“.
Als konservative CDUMitglieder im Jahr 2017 die sogenannte „Werte-Union“gründen, handeln sie in Notwehr. Zumindest inszenieren sie selbst das so. Angela Merkel hat die CDU als Kanzlerin und Parteichefin in die Mitte geführt. Und nun will man dagegenhalten, endlich wieder das konservative Profil schärfen. MerkelRivalen wie Jens Spahn oder Friedrich Merz sollen unterstützt werden. Doch der Einfluss des Flügels bleibt überschaubar. Auf Merkel folgen Annegret Kramp-Karrenbauer und dann Armin Laschet – alles andere als Wunschkandidaten der „Werte-Union“, die auch organisatorisch nie Teil der Partei wird. Im Gefühl, nicht gehört zu werden, drehen die Rebellen am rechten Rand den Ton immer noch ein bisschen lauter.
Als der große Hoffnungsträger Merz dann doch noch CDU-Vorsitzender wird, hat sich ein Teil seiner Anhänger innerhalb der „WerteUnion“schon zu sehr radikalisiert, um sich darüber noch freuen zu können. Galionsfiguren sind jetzt der Ökonom Max Otte, der sich später nicht umsonst von der AfD zum Kandidaten bei der Bundespräsidentenwahl aufstellen lässt, oder Hans-Georg Maaßen. An dem früheren Verfassungsschutz-Präsidenten könnte die „Werte-Union“nun zerbrechen.
Das Präsidium der CDU hat den 60-Jährigen, der zuletzt durch immer neue verbale Entgleisungen und die Verbreitung von Verschwörungsideologien aufgefallen war, am Montag ultimativ zum Parteiaustritt bis Sonntag um 12 Uhr aufgefordert. Vor wenigen Tagen hatte er beispielsweise behauptet, die „treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum“betrieben einen „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“. Für den Fall, dass Maaßen sich weigert, die CDU freiwillig zu verlassen, wovon auszugehen ist, wird ein Ausschlussverfahren vorbereitet. Das ist gleich doppelt brisant, weil der Provokateur ja erst am Samstag zum neuen Chef der „Werte-Union“gewählt worden war.
Für viele CDU-Leute ist damit das Maß voll. „Maaßen und die Werte-Union haben oft genug bewiesen, dass sie weder für Werte noch für die CDU stehen“, sagte etwa Serap Güler, Mitglied im Bundesvorstand der CDU, im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie unterstützt die Forderung der stellvertretenden Parteichefin Karin Prien, dass eine Mitgliedschaft in der „Werte-Union“unvereinbar werden soll mit einer Mitgliedschaft in der CDU. Entweder, oder – diese Devise gibt auch die Parteispitze nun aus. „Wir fordern daher die Mitglieder der sogenannten WerteUnion, die gleichzeitig Mitglieder der CDU sind, auf, die sogenannte Werte-Union zu verlassen“, hielt das Präsidium am Montag fest.
Für Güler war dieser Schritt überfällig. Sie hatte sich schon vor der Bundestagswahl 2021 darüber in Rage getwittert, dass die Thüringer CDU Maaßen als Direktkandidaten aufgestellt hatte. Damals zog sich die frühere nordrheinwestfälische Integrationsstaatssekretärin einen öffentlichen Rüffel von Friedrich Merz zu, der Gülers Äußerungen als „inakzeptabel“geißelte. Heute geht auch Merz auf maximal mögliche Distanz zu dem stramm rechts abgebogenen Noch-Parteifreund Maaßen. Immer wieder gebrauche dieser „die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen“, heißt es in der Stellungnahme des CDU-Präsidiums.
Maaßen selbst bezeichnete den Versuch, ihn aus der CDU auszuschließen, in der Welt als „unklug“. Aus seiner Sicht liegen die notwendigen Voraussetzungen dafür nicht vor. Mit Rückendeckung aus der Partei kann er aber wohl nicht mehr rechnen. Er gilt als isoliert.
Für Güler steht fest: „Ich will weder mit Maaßen noch mit Mitgliedern der Werte-Union ein Parteibuch teilen.“Ein Unvereinbarkeitsbeschluss würde parteirechtliche Schritte gegen den Mann auf Rechtsaußen vereinfachen. „Natürlich muss ein Ausschlussverfahren auch Aussicht auf Erfolg haben“, sagte Güler und betonte zugleich, dass es bei der Positionierung in dieser Sache auch um ein Signal gehe: „Die Symbolwirkung und die klare Ansage, wir wollen nichts mit euch zu tun haben, ist genauso wichtig“, sagte die 42-jährige Kölnerin.
Über einen Unvereinbarkeitsbeschluss müsste ein ordentlicher Parteitag entscheiden. Es gibt eine solche Abmachung bereits, sie soll die Zusammenarbeit mit AfD und Linken verhindern.