Wie es mit dem „Soli“jetzt weitergeht
Der Bundesfinanzhof hat keine Einwände gegen den Solidaritätszuschlag in der aktuellen Form. Doch das muss nicht heißen, dass die Sondersteuer auf Dauer erhalten bleibt. Antworten auf wichtige Fragen.
Der politisch umstrittene Solidaritätszuschlag steht rechtlich auf festen Beinen, das hat der Bundesfinanzhof in München entschieden. Was man zu der Zusatzsteuer wissen muss – und warum die Kritik an ihr fortbesteht:
Was ist der Solidaritätszuschlag überhaupt?
Der Soli ist eine Zusatzabgabe für steuerpflichtige Privatleute, Selbständige und Unternehmen. Den meisten Beschäftigten wurde der „Soli“seit 1991 jeden Monat automatisch vom Gehalt abgezogen wurde. Bis vor zwei Jahren mussten ihn „Wessis“wie „Ossis“zahlen, sobald sie mehr als 15.000 Euro Einkommen im Jahr versteuern mussten. Seit 2021 ist der „Soli“jedoch für 90 Prozent der Beschäftigten weggefallen. Heute gilt er vor allem für Unternehmen und Spitzenverdiener. Fällig werden 5,5 Prozent der Einkommensteuer, auch auf Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden. Als Folge der Reform sank das Aufkommen aus dem Soli von rund 19 Milliarden Euro im Jahr 2020 auf rund elf Milliarden im Jahr 2021.
Wer muss den „Soli“zahlen?
Nach Schätzungen zahlen noch zehn Prozent der Steuerzahler die Abgabe, in der Regel Alleinstehende ab einem Bruttojahreseinkommen von gut 76.000 Euro. Allerdings steigt der „Soli“innerhalb einer sogenannten Milderungszone mit steigendem Einkommen bevor er den vollen Satz von 5,5 Prozent erreicht. Rund 3,5 Prozent der Steuerzahler müssen den „Soli“in voller Höhe zahlen. Nach Zahlen des Bundesfinanzministeriums ist das der Fall, wenn 2022 das zu versteuernde Einkommen über 96.820 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 193.641 Euro (Verheiratete) liegt. Das entspricht einem Bruttoverdienst eines Alleinstehenden von über 110.000 Euro.
Ist der „Soli“für den Aufbau-Ost?
Viele verknüpfen den „Soli“mit der Wiedervereinigung und dem Aufbau der ostdeutschen Bundesländer. Bei seiner Einführung wurde er jedoch nicht allein damit begründet: Es ging auch darum, dass Deutschland im Zweiten Golfkrieg Milliarden-Kosten übernommen hatte und Geld zur Unterstützung von Ländern in Mittel-, Ost- und Südeuropa brauchte. Dieser (erste) Solidaritätszuschlag betrug maximal 7,5 Prozent und lief Ende Juni 1992 aus. Erst 1995 wurde der Solidaritätszuschlag wieder erhoben, diesmal wirklich als eine Zusatzabgabe zur Finanzierung der deutschen Einheit.
Fließt der „Soli“in den Osten?
Viele glauben, ihr Steuergeld fließe in neue Straßen, Schwimmbäder und andere Projekte in den ostdeutschen Bundesländern. Doch das ist ein Mythos: Das Geld ist – wie alle Steuereinnahmen – nicht zweckgebunden, kann also auch für andere Dinge verwendet werden. Es fließt aber als Einnahme nur in den Bundeshaushalt. Einzelne Berechnungen kommen zu dem Schluss, dass der Bund über den „Soli“mehr einnimmt als er für die ostdeutschen Länder ausgibt.
Was wäre, wenn das Bundesverfassungsgericht den „Soli“doch für verfassungswidrig erklärt?
Sollte das Verfassungsgericht so entscheiden, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Richter könnten die Rückzahlung aller Soli-Zahlungen fordern, die nach dem Ende des 2019 ausgelaufenen Solidarpakts II eingenommen wurden, da die Abgabe seit 2020 nur noch vorläufig erhoben wird. In Summe wären das allein für die Jahre 2020 bis 2022 rund 40 Milliarden Euro plus Zinsen. Allerdings könnten die Richter auch ein Auslaufen der Regelung zum nächsten Jahreswechsel diktieren, ohne dass der Fiskus einen Cent zurückzahlen muss.
Welche Kritik gibt es am „Soli“?
Für den Steuerexperten Clemens Fuest wäre es längst überfällig, den „Soli“abzuschaffen. „Der Solidaritätszuschlag war als befristete Steuer angekündigt und konzipiert, er diente zur Finanzierung der Wiedervereinigung“, sagte der Präsident des Münchner Ifo Instituts unserer Redaktion. Selbst die Befürworter der Abgabe begründeten ihre Weiterführung ja nicht mit den Kosten der Wiedervereinigung,
sondern mit dem Wunsch, Einkommensumverteilung zu betreiben. „Das ist legitim, aber nicht die Funktion des Solidaritätszuschlags“, sagte Fuest. Denjenigen, die den Soli ganz abschaffen wollten, fehle schlicht die Parlamentsmehrheit dafür. „Man kann daraus lernen, dass politische Ankündigungen, eine Steuer werde nur vorübergehend erhoben, nicht glaubwürdig sind“, so Fuest weiter.
Könnte der „Soli“zukunftsfest gemacht werden?
Soli-Kritiker Fuest sieht keine Chance für eine Reform der Zusatzsteuer. „Die deutsche Finanzverfassung sieht keinen dauerhaften Zuschlag des Bundes zur Einkommensteuer vor. Wenn die Politik die Umverteilung durch den Solidaritätszuschlag dauerhaft beibehalten wollte, müsste sie ihn abschaffen und durch eine entsprechende Erhöhung der allgemeinen Einkommensteuer ersetzen. Allerdings würde dann ein Teil der Einnahmen an die Bundesländer und die Gemeinden fließen. Auch dafür fehlt derzeit eine parlamentarische Mehrheit“, sagte der Ifo-Chef.