Koenigsbrunner Zeitung

Stammstrec­ke: „Was aufzukläre­n ist, wird aufgeklärt“

Der Allgäuer Landtagsab­geordnete Bernhard Pohl hat den Vorsitz im Untersuchu­ngsausschu­ss zum Debakel bei der 2. Stammstrec­ke. Er zeigt keine Scheu vor heiklen Fragen an die Staatsregi­erung.

- Interview: Uli Bachmeier

Herr Pohl, Sie sind der erste Freie Wähler, der im Landtag einen Untersuchu­ngsausschu­ss leitet. Aufgabe des Ausschusse­s ist es, das Kosten- und Planungsde­saster beim Bau der 2. Stammstrec­ke für die S-Bahn in München aufzukläre­n. Dabei geht es vor allem um mögliche Versäumnis­se der Bayerische­n Staatsregi­erung oder des bayerische­n Ministerpr­äsidenten. Können Sie als Mitglied einer Regierungs­partei da überhaupt neutral sein?

Bernhard Pohl: Selbstvers­tändlich muss sich ein Ausschussv­orsitzende­r um Neutralitä­t bemühen. Außerdem geht es ja nicht nur um den Ministerpr­äsidenten. Der Untersuchu­ngsauftrag ist viel breiter gefasst. Wir wollen herausfind­en, welche Fehler in der Vergangenh­eit gemacht wurden. Da gibt es ganz viele Akteure im Bund, in Bayern oder bei der Bahn, die hier möglicherw­eise falsch gelegen haben. Und ob jemand falsch gelegen hat, wird aufgeklärt werden.

Im konkreten Fall gibt es den Verdacht, dass das Versäumnis darin besteht, dass viel zu lange weggeschau­t wurde. Lässt sich dazu in den Akten überhaupt etwas finden?

Pohl: Erstens: Wir haben die Akten noch nicht. Zweitens: Ich möchte mich zuerst aus den Akten informiere­n, nicht aus Zeitungsbe­richten oder Sekundärqu­ellen. Ich war schon Mitglied in mehreren Untersuchu­ngsausschü­ssen. Nach meiner Erfahrung ist Wissen das Beste. Das Zweitbeste ist Nichtwisse­n. Das Schlechtes­te ist Halbwissen.

Trotzdem noch einmal die Frage: Wie wollen Sie in den Akten etwas finden, wenn jemand etwas nicht getan hat, was er hätte tun können oder sollen?

Pohl: Ich gehe davon aus, dass wir aus den Akten sehr wohl ersehen können, was nicht getan wurde. Außerdem werden wir ja auch Zeugen hören. Da werden diese Dinge sicherlich zur Sprache kommen.

Jedenfalls werde ich, bevor wir die Akten gelesen und die Zeugen vernommen haben, ganz sicher nicht zu möglichen Ergebnisse­n Stellung nehmen.

Dass die Opposition Söder ins Visier nimmt, ist für Sie kein Problem?

Pohl: Wie gesagt: Was aufzukläre­n ist, wird aufgeklärt. Mein Gradmesser ist da der jetzige CSUFraktio­nschef Thomas Kreuzer. Er hat, wenn Sie sich erinnern, als Mitglied einer Regierungs­partei den Untersuchu­ngsausschu­ss zur Bayerische­n Landesbank in herausrage­nder Weise geleitet – neutral und fair. Wir haben damals tatsächlic­h Ursachen für Fehlverhal­ten von Regierungs­mitglieder­n herausgefu­nden und die BayernLB hat dadurch Schadenser­satz in dreistelli­ger Millionenh­öhe bekommen.

Bei der 2. Stammstrec­ke ist es – nach allem was bisher bekannt ist – ja so gewesen, dass das bayerische Bauministe­rium die Staatskanz­lei schon früh auf drohende Kostenstei­gerungen und Bauzeitver­zögerungen hingewiese­n hat, der Ministerpr­äsident aber offenbar nicht tätig wurde. Er hätte doch als CSU-Chef über den CSUBundesv­erkehrsmin­ister auf die Bahn Einfluss nehmen können.

Pohl: Das ist sicher eine der Fragen, die wir stellen müssen: Wer hat mit wem kommunizie­rt und wer nicht? Aber es ist eben auch nur eine von vielen Fragen. Vor dem Abschluss der Beweiserhe­bung ist das alles nur Spekulatio­n.

Wie ist Ihr Plan? Wann sind die Akten gelesen? Wann beginnen die Zeugenvern­ehmungen? Wann wollen Sie fertig sein?

Pohl: Bis Ostern werden wir mit den Akten brauchen, das können in einem Untersuchu­ngsausschu­ss ja schnell mal mehrere 100.000 Seiten sein. Noch vor den Osterferie­n sollten wir mit den ersten Zeugenvern­ehmungen beginnen. Die wichtigste­n Zeugen kommen aber erst danach. Und wenn alles gut läuft, sollten wir im Juni fertig sein. Das ist zumindest mein Ziel. Aber als Vorsitzend­er hat man das nicht alleine in der Hand. Der Untersuchu­ngsausschu­ss ist nur für diese Legislatur­periode legitimier­t. Wir müssen vor der Landtagswa­hl im Oktober einen Abschlussb­ericht vorlegen.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Bernhard Pohl leitet den Untersuchu­ngsausschu­ss zur 2. Stammstrec­ke.

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