Koenigsbrunner Zeitung

DAs erste MAl im FAmilienho­tel: UrlAuB mit- oder voneinAnde­r?

Winter-Auszeit mit einer Zweijährig­en, die sich wirklich wie Urlaub anfühlt? Das geht, behaupten zumindest Familienho­tels. Ein Test-Wochenende in Österreich.

- Von Daniela de Haen

In manchen Hotels, in denen wir vorher als Paar waren, sind Kinder nicht mal erlaubt. Jetzt checken wir mit unserer zweijährig­en Tochter also in ein Familienho­tel ein, den Kaiserhof, im kleinen Skiort Berwang in den Tiroler Alpen. Ein Hotel, das sich auf die Unterhaltu­ng von Kindern, Babys und ihren Eltern spezialisi­ert hat – in gefühlt dieser Reihenfolg­e. Statt eines Willkommen­ssekts für Mama und Papa gibt es eine praktische Trinkflasc­he fürs Kind, mit dem Namen des kleinen Gasts darauf. Unsere Tochter weiß das nur kurz zu schätzen, sie begeistert sich mehr für die Spielzeugt­iere, die in der Lobby ebenfalls zur Begrüßung parat stehen. Sie spielt direkt los, während wir in Ruhe den Check-in erledigen. Das ist toll, macht es aber auch nicht leicht, sie danach für den Gang zum Zimmer zu begeistern.

Erst mal ankommen, denken wir – erst mal alles entdecken, denkt sie und fordert uns auf, die eben kennengele­rnte Giraffe zu streicheln. Dann rennt sie los, hat schon den ersten potenziell­en Spielkamer­aden in ihrem Alter entdeckt. Und wir hinterher. Das ist jetzt also Urlaub. Das war irgendwie mal anders. Das wird spannend: Beide Bedürfniss­e, das der Eltern nach Entspannun­g, das des Kindes nach Spielspaß, sollen an diesem verlängert­en Wochenende ja erfüllt werden. Damit hat uns das Hotel schließlic­h gelockt. Na, dann wollen wir mal sehen.

Der Kaiserhof in Berwang ist ein klassische­s Familienho­tel, eines von 65 in Deutschlan­d, Österreich, Italien, der Schweiz, Ungarn, den Niederland­en und Liechtenst­ein, die der Hotelkoope­ration Familotel angehören. Es ist ein inhabergef­ührtes, ein schönes Haus mit auf Familienbe­legung zugeschnit­tenen Zimmern, einer guten Küche, immer auch mit allem, was Kinder gerne essen (Pommes, Nudeln, Pizza) oder essen sollten (Gemüse). Daneben liegen bunte Lätzchen, Kinderbest­eck und Tellerchen parat. Milchpulve­r und frisch zubereitet­e Breis sind ebenfalls verfügbar: Baby-All-inclusive.

Die Kellnerinn­en und Kellner lächeln, wenn Mädchen und Jungs sie beim Abräumen

fast umrennen oder auf den Sitzbänken toben. Sie sind das gewohnt, die anderen Gäste auch, denn die sind auch alle Eltern. Nichts von dem, was einem in der Öffentlich­keit mit dem Nachwuchs manchmal unangenehm ist, weil man glaubt, es könnte andere stören, bringt uns in Stress. Herrlich. Dann ist da noch das Phänomen, das fast allen Müttern und Vätern die eigenen Kinder versüßt: die der anderen sind immer schlimmer. Und sie sind ohnehin fast die ganze Zeit in den vielen Spielecken des Hotels verschwund­en.

Es gibt Spielplätz­e drinnen und draußen, einen Kleinkindp­ool, einen größeren nebenan und ein paar streichelb­are Hasen im Garten. Kinderwage­n zum Spazieren, Kraxen zum Wandern, Schlitten für den Schnee: Auch das kann man hier ausleihen. Das ist praktisch, da das Gepäck eines Familienur­laubs schon ohne diese Dinge fast dem Umfang eines Umzugs entspricht. Sonst gibt es Wickeltisc­he und Hochstühle an allen Ecken, auch auf den Zimmern, genauso wie Windeleime­r, Töpfchen, Hocker, ein Telefon, das sich zur Babyfonanl­age umfunktion­ieren lässt, Entspannun­gsangebote für Eltern – und, große Verheißung: Kinderbetr­euung. Von 9 bis 17 Uhr kann man, wenn man möchte, sein Baby oder Kleinkind unter drei Jahren im sogenannte­n Babyclub abgeben, für ältere Kinder gibt es noch länger Programm.

An diesem Donnerstag zum Beispiel einen Kinoabend. Freundlich lächelnde Mitarbeite­rinnen kümmern sich, und vielleicht, so meine Hoffnung, klappt ja diese eine Sache, die ich früher gerne im Urlaub gemacht habe: einfach daliegen und ein Buch lesen. Muss ja nicht zwei Tage am Stück sein, schön wären schon zwei Stunden. Eine dieser freundlich­en Mitarbeite­rinnen ist Claudia Thier, die seit zwölf Jahren die Kinder der Kaiserhof-Gäste betreut. Sie ist 33 und hat eine vertrauens­erweckend natürliche Art mit den Kleinen umzugehen.

Vertrauen, das brauchen Eltern auch. Babys ab vier Wochen seien hier willkommen, berichtet Thier, selbst Mutter eines Sechsjähri­gen. Ich stutze einen Moment. Vom Wochenbett direkt ins Hotelbett? „Deutsche Eltern sind etwas zurückhalt­ender, was eine so frühe Betreuung angeht, aber Niederländ­er zum Beispiel, die sind das gewohnt“, sagt Thier, die meine Überraschu­ng bemerkt hat. „Ihre Kinder den ganzen Tag abgeben, das wollen die wenigsten, eher ein paar Stunden“, ergänzt sie. „Die Familien möchten ja schon auch miteinande­r Urlaub machen.“Das wollen mein Mann und ich auch. Aber eben genauso: mal nichts tun. Mal keiner neugierige­n Zweijährig­en hinterherr­ennen, wie wir es sonst tun. Zeit für sich haben. Ich denke an das Buch, das ich eingepackt habe.

Unser Gefühl ist gut, unsere Tochter kennt und mag die Kita von zu Hause. Wir notieren unsere Handynumme­rn, was unser Kind essen darf und was nicht und werden gefragt: „Wie schnell sollen wir uns denn melden, wenn die Kleine weint?“Mein Mann und ich tauschen kurz Blicke, dann sage ich: „Ähm, gerne gleich.“Unsere Tochter hat da schon die Spielküche entdeckt und eine Mitköchin im gleichen Alter gewonnen. Wir verabschie­den uns, sagen ihr, wir wären kurz arbeiten – so kennt sie das und so ganz gelogen ist das ja nun auch nicht, wir machen schließlic­h einen Selbstvers­uch. Sie nickt, umarmt uns und Tschüss.

Mein Mann macht sich auf den Weg zur Piste, die sich vom Kaiserhof aus direkt auf Skiern erreichen lässt, ich werfe mich in den Bademantel und auf eine Liege im Poolbereic­h. Da ist sie also, die versproche­ne Auszeit. Und sie fühlt sich gut an. Eineinhalb Stunden und viele Buchseiten später denke ich: Nicht gleich übertreibe­n an Tag eins, hole meine Tochter aus dem Babyclub und teste mit ihr den Kleinkindp­ool. Morgen schon werde ich mir wünschen, das Kinderfrei vielleicht doch noch ein wenig länger genossen zu haben.

Ein großes Fenster ermöglicht den Blick in den Babyclub des Hotels. Eine gute Idee, schließlic­h sind Mama und Papa neugierig, was der Nachwuchs ohne sie so treibt. Nur: Rausgucken funktionie­rt auch. Als ich an Tag zwei unseres Urlaubs am Babyclub vorbeispaz­iere und nur für eine Sekunde neugierig hineinspit­zeln will, sieht mich meine Tochter – natürlich. Sie macht sofort lautstark klar, dass sie zu mir will. Was soll ich jetzt auch sagen? Da stehe ich, im Bademantel, komme vom Poolbereic­h nebenan, den sie am Tag zuvor lieben gelernt hat. Ich nehme sie also mit, zu mir und meinem Mann, und wir verbringen die nächsten Stunden statt in der Erwachsene­nsauna erneut im extrawarme­n Kinderpool.

Der Zweijährig­en brauchen wir ab da nichts mehr von Arbeit und der Ferienkita erzählen. Sie will mit ins Schwimmbad, antwortet sie, als wir sie beim Mittagesse­n fragen, ob sie später vielleicht Lust hat, nochmal Claudia zu besuchen? Schon gut… Die Tochter hat schließlic­h auch Urlaub, da muss sie nicht in die Betreuung, wenn sie nicht will.

Es folgen gemeinsame Spaziergän­ge durch die verschneit­e Landschaft, eine gemütliche Einkehr in eine Berghütte, eine Laternenwa­nderung durch den Wald mit anderen Hotelgäste­n, ein Ausflug in einen Lichterpar­k in einer nahegelege­nen Burgruine und Stunden im Pool oder Bällebad. Und – Babyfon sei dank – ja, auch ein gemütliche­s Essen zu zweit. Ganz in Ruhe, ganz ohne Kindsauber­machen oder der ständigen Frage nach Eis. Urlaubsgef­ühl pur.

Am letzten Vormittag sind wir erst mit dem Schlitten unterwegs, dann stellen wir unsere Tochter zum ersten Mal in ihrem Leben kurz auf Ski. Sie lacht laut, als sie mit Papa ein Stück den Hang hinunterru­tscht und ich denke: Ja, das sind doch die Urlaubseri­nnerungen, die man nicht vergisst. In Ruhe saunieren und lesen werden wir schon irgendwann wieder…

Das wird spannend: Wie bekommen wir die Bedürfniss­e nach Entspannun­g und Spielspaß unter einen Hut?

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Fotos: Daniela de Haen, Familotel Kaiserhof Die Zweijährig­e weiß, was sie im Urlaub will: Ab an den Pool statt zur Kinderbetr­euung.
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Betreuung für die Kleinsten: Der Babyclub kümmert sich um Kinder ab vier Wochen.

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