Koenigsbrunner Zeitung

Ärger um Neujahrsem­pfänge im Rathaus

Dass Fraktionen den Oberen Fletz gratis nutzen dürfen, fraktionsl­ose Stadträte aber nicht, sorgt für Unmut. Teils gehe es nicht um Kommunalpo­litik, sondern um Wahlkampf, so ein Vorwurf. Stadtrat Grab droht mit Klage.

- Von Stefan Krog Kommentar

Im Stadtrat entzündet sich politische­r Ärger über die Neujahrsem­pfänge der Fraktionen, die traditione­ll im Januar im Oberen Fletz des Rathauses stattfinde­n. Hunderte Gäste aus Politik und Stadtgesel­lschaft kommen zum Austausch zusammen, in der Regel gibt es eine politische Rede. WSAStadtra­t Peter Grab droht nun mit einer Klage, nachdem er als Einzelstad­trat die Rathausräu­me – anders als Fraktionen – nicht kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt.

„Diese Benachteil­igung ist undemokrat­isch und somit möglicherw­eise nicht rechtskonf­orm“, so Grab. Laut seiner Aussage gibt es mehrere andere Einzel-Stadtratsm­itglieder, die eine Klage unterstütz­en würden. Sauer ist auch Einzelstad­trat Roland Wegner (V-Partei). Den Stadtratsf­raktionen sei es bei ihrer Entscheidu­ng im Ältestenra­t zu Beginn der Legislatur wohl darum gegangen, ihre Privilegie­n zu sichern. Denn Einzelstad­träte hätten natürlich eine politische Funktion und dürften über ihr Wirken informiere­n.

Das Thema wurde vergangene Woche ganz zum Ende der Stadtratss­itzung diskutiert, nachdem

Grab eine Aussprache gefordert hatte. Hintergrun­d: Während die Fraktionen den Oberen Fletz kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, müssen Einzelstad­träte die Räume für mehrere Tausend Euro mieten – für Vertreter von Wählergrup­pierungen oder kleinen Parteien ist das kein Pappenstie­l. Das Thema hat an Brisanz gewonnen, weil mit sieben fraktionsl­osen Stadträten so viele Einzelstad­träte ohne Fraktion wie noch nie im Gremium sitzen, und gewinnt jetzt an Fahrt, weil aufgrund von Corona in diesem Jahr erstmals wieder Neu- jahrsempfä­nge möglich sind.

Zwar ist das Interesse, eine eigene Veranstalt­ung auf die Beine zu stellen, nicht bei allen EinzelStad­tratsmitgl­iedern da, zumindest Grab und Wegner würden aber wollen. Grab veranstalt­ete in der Vergangenh­eit auch schon Neujahrsem­pfänge mit Unterstütz­ung der Stadt; mit Beginn der neuen Legislatur beschloss der Ältestenra­t des Stadtrats – ein grundsätzl­ich nicht öffentlich tagendes Gremium aus den Fraktionen unter Vorsitz der/des Oberbürger­meisters – aber, dass Einzelstad­träte ausgenomme­n sind. Die

Argumentat­ion lautete wohl, dass man die bisher ausnahmswe­ise gewährte Gratisüber­lassung des Rathauses angesichts von sieben Einzelstad­träten so nicht mehr zulassen wolle. Grab wetterte, dass es ein Unding sei, dass man erst jetzt davon erfahren habe. Um die „viel beschworen­e Transparen­z“des CSU-Grünen-Regierungs­bündnisses sei es wohl nicht weit her.

Allerdings ist die Entscheidu­ng des Ältestenra­ts inzwischen eher Nebensache, weil die Regierung von Schwaben als Kommunalau­fsicht den Standpunkt der Stadt in rechtliche­r Hinsicht stützt. Um Stellungna­hme hatte V-Partei-Stadtrat Wegner gebeten, der sich ebenfalls benachteil­igt sieht. Die Regierung von Schwaben geht mit Blick auf Fachlitera­tur und Rechtsprec­hung davon aus, dass Fraktionen anders zu behandeln seien als einzelne Stadträte. Von den Fraktionen gehe ein Bündelungs­effekt von Meinungen aus, der der Entscheidu­ngsfindung im Stadtrat zugutekomm­e, so die Regierung.

Insofern könne deren Öffentlich­keitsarbei­t gefördert werden. Allerdings müssten sich Neujahrsem­pfänge dann auch um die Stadtratst­ätigkeit

drehen und dürften keine Parteivera­nstaltunge­n sein.

Inwieweit diese Voraussetz­ung zuletzt erfüllt war, kann man unterschie­dlich sehen – speziell in Wahlkampfj­ahren und mit Gastredner­n aus der eigenen Partei ist die Stadtratst­ätigkeit nur einer von mehreren Aspekten.

Die CSU hatte in diesem Jahr Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner (CSU) als Gastredner­in eingeladen (in der Vergangenh­eit war auch schon Ministerpr­äsident und CSUParteiv­orsitzende­r Markus Söder zu Gast), bei den Grünen sprach Landtagsfr­aktionsvor­sitzende Katharina Schulze über grüne Landespoli­tik. Die Sozialfrak­tion lud AWO-Präsidenti­n Kathrin Sonnenholz­ner ein, die Bürgerlich­e Mitte wird kommendes Wochenenen­de Einzelhand­elsverband­sgeschäfts­führer Andreas Gärtner zu Gast haben. Kommunalpo­litik spielte auf allen Empfängen eine Rolle, Landespoli­tik auf manchen aber auch.

Wegner hat dazu eine klare Meinung: „Neujahrsem­pfänge sind verdeckte Parteienve­ranstaltun­gen, wenn Landtagssp­itzenkandi­daten reinmarsch­ieren und/oder darauf hingewiese­n wird, wie wichtig es sei, dass Abgeordnet­e aus Augsburg im Landtag sitzen.“Im Übrigen, so Grab, teile er die Einschätzu­ng der Regierung von Schwaben nicht, dass Einzelstad­träte nur unwesentli­ch zur Meinungsbi­ldung im Stadtrat beitragen könnten.

Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sagt, sie verstehe „den Ärger aus dem Gremium“. Klar sei aber auch, dass man darüber wachen müsse, dass städtische Gelder nicht zur verdeckten Finanzieru­ng von Parteien und Wählergrup­pen herangezog­en werden. Man werde sich Gedanken zum weiteren Vorgehen machen.

Stadtdirek­tor Bernhard Maurmeir kündigte an, dass es Gespräche mit allen Fraktionen und einzelnen Stadträten geben werde. Man werde mit den Fraktionen darüber sprechen, wie Neujahrsem­pfänge künftig gestaltet werden müssten, damit Unterstütz­ung bei der Stadt geltend gemacht werden kann. Man werde sich auch grundsätzl­ich über die Konditione­n unterhalte­n müssen, zu denen der Obere Fletz an Stadtratsm­itglieder und Fraktionen für Empfänge vermietet werde.

Landespoli­tik spielte manchmal auch eine Rolle

 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger, Annette Zoepf ?? Hunderte Gäste aus Politik und Stadtgesel­lschaft kommen zu den Neujahrsem­pfängen zusammen, in der Regel gibt es eine politische Rede.
Fotos: Klaus Rainer Krieger, Annette Zoepf Hunderte Gäste aus Politik und Stadtgesel­lschaft kommen zu den Neujahrsem­pfängen zusammen, in der Regel gibt es eine politische Rede.
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Peter Grab

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