Koenigsbrunner Zeitung

Drogen im Wert von 25.000 Euro im Rucksack

Als die Polizei zu einer Razzia bei einem mutmaßlich­en Drogendeal­er in der Innenstadt anrückte, versuchte ein 26-Jähriger, seinem Bruder zu helfen. Das misslang allerdings. Nun kam es zum Prozess.

- Von Klaus Utzni

Blut ist dicker als Wasser, sagt man. Es bedeutet, dass eine Blutsverwa­ndtschaft zu einer ganz engen Beziehung führt. Die Beziehung unter Geschwiste­rn ist die längste im Leben. Der ältere Bruder passt auf die „kleine“Schwester oder den „kleinen“Bruder auf. Wenn Not am Mann ist, wird geholfen, ohne lange zu fackeln. Keine Sekunde gezögert hat im April 2022 auch ein 26-Jähriger, um seinem älteren Bruder, einem mutmaßlich­en Drogendeal­er, aus der Patsche zu helfen.

Als die Polizei zu einer Razzia in der Augsburger Innenstadt anrückte, holte der 26-Jährige eiligst einen Rucksack aus einem Versteck, in dem sich Rauschgift im

Wert von rund 25.000 Euro befand. Am Ende erwies sich die brüderlich­e Hilfe aber als „Schuss in den Ofen“. Der 26-Jährige musste sich nun wegen Besitzes von Rauschgift und Beihilfe zum Drogenhand­el vor einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Andrea Hobert verantwort­en.

Ende April 2022 hatten Drogenfahn­der den älteren Bruder verhaften wollen, da an dessen Arbeitsste­lle in einem Reifenlage­r ein Kulturbeut­el mit einigen tausend Ecstasy-Tabletten gefunden worden war. Als sich die Ermittler zur Razzia anschickte­n und vor dem Haus in der Karolinens­traße standen, schaute der mutmaßlich­e Dealer zufällig aus dem Fenster, gewahrte die Einsatzkrä­fte und ahnte Übles. Per Snapchat, einem Messengerd­ienst, der sogleich gelöscht

wird, bat er seinen „kleinen“Bruder, doch schnellste­ns einen Rucksack zu holen, den er im Haus versteckt hatte. Während die Fahnder die Wohnung durchsuche­n, gelang es dem Angeklagte­n, den mit einer Decke verhüllten Rucksack unbemerkt aus dem Versteck in einem oberen Stockwerk zu holen. In dem Rucksack befanden sich zwei Kilogramm Amphetamin­e, also die Partydroge Speed, 200 Gramm Ecstasy-Tabletten, 160 LSD-Trips und eine kleine Menge Heroin. Wert alles in allem: rund 25.000 Euro.

Mit dem verräteris­chen Rauschgift auf dem Rücken lief der 26-Jährige nun ziellos durch die Innenstadt, wusste nicht, was er tun sollte. Weil er sich ständig nervös umblickte, fiel er zufällig einer Streife der Inspektion Mitte am Leonhardsb­erg auf. Bei der Kontrolle stellte sich heraus, dass der Passant in der Drogenszen­e bekannt war. Also schauten die Beamten auch in den Rucksack. Das Ergebnis der brüderlich­en Hilfsaktio­n: Der 26-Jährige, der einige Monate in Untersuchu­ngshaft saß, musste also selbst vor Gericht. Er ließ vor allem seinen Verteidige­r Felix Hägele reden. Der legte sich für seinen Mandanten ins Zeug, der sich von der Szene losgesagt habe, arbeite und keinerlei Drogen mehr nehme. Der Angeklagte sei „halt ins Fahrwasser seines Bruders geraten“, habe ihm eben helfen wollen, sei aber keinesfall­s selbst am Drogenhand­el beteiligt gewesen. Der Anwalt hielt ebenso wie Staatsanwa­lt Dr. Grunow eine Bewährungs­strafe von zwei Jahren für angemessen. Das Schöffenge­richt urteilte unisono. Als Bewährungs­auflage muss der 26-Jährige je 3000 Euro an die Telefonsee­lsorge und an ein Kinderheim zahlen, während der Bewährungs­zeit drogenfrei leben. Seinem „großen“Bruder wird bald vor dem Landgerich­t der Prozess gemacht.

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Foto: Lino Mirgeler, dpa Drogenfahn­der der Polizei waren einem mutmaßlich­en Dealer auf der Spur.

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