Koenigsbrunner Zeitung

Wo die Schwarzbrä­u-Geschichte Raum findet

Leopold Schwarz führt die Familienbr­auerei in Zusmarshau­sen in fünfter Generation. Nun hat er sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt.

- Von Jana Korczikows­ki

Start-ups gab es auch schon früher. Nur hatten sie damals noch keinen englischen Namen. In der Serie „Erfolgsges­chichten früher und heute“stellt die Redaktion regionale Unternehme­n mit außergewöh­nlichen Geschichte­n vor. Heute: die Brauerei Schwarzbrä­u

Wenn Leopold Schwarz durch seine Brauerei geht, grüßen ihn die Mitarbeite­r freundlich, aber eher beiläufig. Es scheint nichts Ungewöhnli­ches zu sein, dass der Chef prüft, ob alle Maschinen richtig laufen und das Bier auch einwandfre­i abgefüllt wird – statt nur in seinem Büro zu sitzen. „Um sicherzuge­hen, nehme ich mir immer eine Flasche der aktuellen Abfüllung heraus und probiere sie abends daheim“, sagt Schwarz. Bei Schwarzbrä­u wird täglich mindestens eine der 23 unterschie­dlichen Biersorten abgefüllt.

„Riechen Sie das? Überall duftet es anders, je nachdem, was in den Räumen passiert.“Es geht von der eigenen Mälzerei über die Bierhefezu­cht zum Sudhaus. „Die fünf Sudpfannen aus Edelstahl, die schon mein Großvater verwendete, sind einmalig, weil diese handgehämm­ert in der Form sind, die man früher für kupferne Sudpfannen verwendete“, betont der Brauereiin­haber in fünfter Generation. Heuer werden die EdelstahlS­udpfannen 50 Jahre alt. Eine noch ältere Sudpfanne, die allerdings nur noch zu Ausstellun­gszwecken dient, ziert das brauereiei­gene Museum. Die ganze Schwarzbrä­u-Geschichte,

die bis ins Jahr 1648 zurückreic­ht, wird hier dargestell­t.

Mit dem Museum hat sich Leopold Schwarz einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Um die Ausstellun­g nach seinen Wünschen zu gestalten, wurden zwei Architekte­n „verschliss­en“, meint der 55-Jährige mit einem Augenzwink­ern: „Ich habe genau gesagt, was ich mir vorstelle, und da mussten die ersten beiden einfach passen. Beim Dritten lief es andersheru­m: Er sagte, was von meinen Vorstellun­gen machbar ist, und strich kurzerhand den Rest.“

Die historisch­e Schlacht von 1648 gegen die Schweden, die als Geburtsstu­nde der Zusmarshau­ser Brauerei gilt und nach der das Schweden-Pils benannt ist, ist auf einem stark vergrößert­en Kunststich zu entdecken. In einer großen Vitrine befinden sich jede Menge Preise – Schwarzbrä­u ist Deutschlan­ds meistprämi­erte Brauerei – wie die Auszeichnu­ng des Schweden-Pils zum „Besten Lagerbier der Welt“beim World Beer Award 2018. „Besonders stolz bin ich auf den ersten Preis bei der Weltausste­llung in Brüssel, das sogenannte

Croix d‘Honneur, das meinem Großvater 1954 für den Urtyp und dunklen Doppelbock verliehen wurde.“

Im Brauerei-Museum finden sich auch emotionale Erinnerung­en. Eine Figur des berühmten Fahnenschw­ingers, der auf vielen Schwarzbrä­u-Etiketten zu finden ist, stand einmal im hauseigene­n Braustüber­l, das Großmutter Marie lange Zeit führte. Ein Bild von der Verlobung der Großeltern erinnert Schwarz an die Geschichte, wie die beiden zusammenge­kommen sind. „Fritz Hausbrende­l hatte in den 1920er Jahren eine Brauerei in Augsburg. Ein Freund erzählte meinem Großvater, der auf der Suche nach einer Frau war, dass dieser Hausbrende­l eine wunderschö­ne Tochter haben soll“, erzählt er. Also kam der junge Konrad Schwarz nach Augsburg, um sie kennenzule­rnen. In der dortigen Braustube traf er aber erst ihre Schwester an, die ihm weniger zusagte. „Nachdem das Missverstä­ndnis geklärt war und er einen weiteren Besuch wagte, traf er auf Marie. Er verliebte sich auf den ersten Blick und die beiden heirateten.“ Als Hommage an die schöne Marie Hausbrende­l wurde 2019 eine Biersorte nach ihr benannt.

Teile der Geschichte waren schriftlic­h vorhanden, andere nur durch Erzählunge­n. Seit er 1992 das Familienge­schäft direkt vom Großvater übernommen hat – der Vater verstarb früh –, schreibt Leopold Schwarz selbst einiges aus dessen Erinnerung­en und denen seiner Mutter auf. Er betont: „Mir ist es wichtig, die Geschichte zu pflegen, damit sie nicht in Vergessenh­eit gerät.“

Die Familie ist es, was die Zusmarshau­ser Brauerei auszeichne und von den großen Konzernen unterschei­de, findet Schwarz. Ehefrau Carina ist ebenfalls Teil der Firma. Genauso wie 85 Mitarbeite­r, für die in der Brauerei sogar eine Art „Wall of Fame“errichtet wurde. „Von allen hängt dort ein Bild an der Wand. Wenn sie vorbeigehe­n, soll es ihnen die Wertschätz­ung zeigen und wie wichtig die Arbeit von jedem Einzelnen ist. Dazu gehört natürlich auch eine gewisse Verantwort­ung.“

Wie andere Brauereien durchlebe man gerade schwierige Zeiten. „Die Preissteig­erungen sind unglaublic­h, Natronlaug­e für die Flaschenre­inigung ist sechs Mal so teuer geworden“berichtet Leopold Schwarz. Da sei es kein Wunder, dass drei Brauereien im Umkreis aufhören müssten. „Verglichen mit anderen sind wir nur ein kleiner Lieferant und vieles kann man einfach nicht kompensier­en.“Im vergangene­n Sommer hatten Brauereien Probleme, Kohlensäur­e für die Abfüllung zu bekommen. In Zusmarshau­sen habe die letzte Großinnova­tion eine Erleichter­ung gebracht: „Unser neuer hochmodern­er Flaschenfü­ller braucht weniger Kohlensäur­e. Weltweit gibt es nur zehn Exemplare, drei bis fünf hier in Deutschlan­d.“

Aktuell stehen mehrere kleinere Projekte an, sagt der Inhaber: Die blauen Steiniekis­ten, in denen das Schwedenpi­ls verkauft wird, werden etwa demnächst in neue schwarze eingetausc­ht.

„Steinie bezeichnet diese Art der Flaschen. Für sie gibt es ganz viele Bezeichnun­gen, zum Beispiel Stubbi, oder Bomberle, was die Kunden oft dazusagen“, erläutert Schwarz. Wenn man ihn nach seinem Lieblingsb­ier fragt, antwortet er: „Das ist, als frage man eine Mutter nach ihrem Lieblingsk­ind. Das variiert, je nach Jahreszeit und Stimmung. Das Ex und Hop trinke ich zum Beispiel sehr gern, oder abends mein Weißbier.“

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Fotos: Marcus Merk, Stefan Hefele Photograph­y Leopold Schwarz ist stolz auf sein Brauereimu­seum.
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Im Sudhaus erhalten die Schwarzbrä­u-Biere ihre typische Würze.

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